Industrie fordert
"Kurzarbeit über den September hinaus verlängern"

Zurückhaltend: IV-Chefs Gernot Pagger (l.) und Georg Knill bangen um Auslastung der Industriebetriebe. | Foto: M. Kanizaj
  • Zurückhaltend: IV-Chefs Gernot Pagger (l.) und Georg Knill bangen um Auslastung der Industriebetriebe.
  • Foto: M. Kanizaj
  • hochgeladen von Roland Reischl

Die Industriellenvereinigung (IV) Steiermark präsentierte eine aktuelle Studie, die zeigt, dass sich die Industriekonjunktur im Jahr 2020 in mehreren Phasen entwickelt: Die Krise hat die Industrie mit voller Wucht getroffen, wenngleich derzeit in einigen Betrieben noch Aufträge aus dem ersten Quartal abgearbeitet werden können", halten Präsident Georg Knill und Geschäftsführer Gernot Pagger fest. Das Bild werde sich in den kommenden Monaten jedoch merklich verändern, weil durch Corona bedingt neue Auftragseingänge ausbleiben - dementsprechend reduziert sich die Auslastung über den Sommer. Mit der Zuversicht auf eine zunehmende Öffnung und Stabilisierung der internationalen Märkte, steigt auch die Erwartung auf eine höhere Produktionsauslastung gegen Jahresende.
„Aktuell ist die Situation der Unternehmen sehr unterschiedlich. 14 Prozent der Betriebe sind nur zur Hälfte oder sogar weniger ausgelastet, gleichzeitig können 27 Prozent ihre Planzahlen nahezu einhalten. Diese beiden Extrempole beginnen sich im weiteren Verlauf des Jahres anzunähern. Zu erwarten ist, dass sich die Auslastung bei rund 80 Prozent einpendeln wird.“, schildert Pagger.
Für Knill ist klar, dass in Anbetracht dieser Einschätzung eine Verlängerung der Corona-Kurzarbeit über den September hinaus unerlässlich ist. „Bei einer prognostizierten Unterauslastung von 20 Prozent müssen wir rasch wissen, auf welchen arbeitsmarktpolitischen Rahmen wir uns im Herbst einzustellen haben. Nur so können wir gewährleisten, dass die bisherigen Anstrengungen, die Mitarbeiterzahlen stabil zu halten, nicht vergebens waren“.

Aufschwung nur bei steigender Nachfrage

Waren es vor vier Wochen noch Lieferketten und die Verfügbarkeit von Tagespendlern, so wird nunmehr die ausbleibende Nachfrage als primärer limitierender Faktor für die Produktion eingeschätzt: Bei 78 Prozent der befragten Unternehmen stellt die globale Marktentwicklung das derzeit größte Produktionshemmnis dar.

Grenzöffnung reduziert potenziell Kurzarbeit

Einen wesentlichen Hebel sehen die Umfrageteilnehmer in der Wiederherstellung der Reisefreiheit im Zuge von Dienstreisen. „Wenn Vertriebsmitarbeiter, Servicetechniker und Monteure wieder international mobil sein können, wird sich das in einer höheren Auslastung der Produktion in der Steiermark bemerkbar machen“, so Pagger.
Die Befragten geben an, dass sich die Zahl ihrer Mitarbeiter in Kurzarbeit um ein Viertel reduzieren wird, wenn die Grenzen innerhalb Europas wieder geöffnet sind. Ungleich stärker wäre der Effekt einer Wiederherstellung einer globalen Reisemöglichkeit.
„Die Öffnung der Grenzen ist sensibel, das ist uns sehr bewusst. Wir müssen aber zwischen touristischen Grenzübertritten und Geschäftsreisen unterscheiden. Geschäftsreisen sind die wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren der Industrie und damit für die Absicherung von Arbeitsplätzen in der Steiermark“, streicht Knill hervor.

Kreditversicherungen: Lösung fällig

Ein weiterer erschwerender Faktor sei die Reduktion von Limits durch Kreditversicherer bei der Abwicklung internationaler Aufträge. Ein Drittel der Unternehmen melde hier spürbare Einschränkungen in der laufenden Geschäftsabwicklung. Eine Lösung für diese Situation, wie sie in Deutschland bereits geschaffen wurde, ist in Österreich aus Sicht der IV-Steiermark überfällig.
Unterstützungsmöglichkeiten auf Landeseben sieht man bei den von der IV-Steiermark befragten Betrieben vor allem in der raschen Abwicklung von Verfahren bei Bau- und Anlagegenehmigungen. Derzeit sieht jedes sechste Unternehmen in behördlichen Auflagen und verzögerten Verfahren einen Hinderungsgrund für das Wiederhochfahren der Wirtschaft.

Investitionen der vergangenen Jahre als gute Basis

„Der Weg zurück wird lange und von vielen Rückschlägen geprägt sein. Spürbare Erholung ist wohl frühestens zum Jahreswechsel in Sicht“, so Knill.
Dennoch sieht er die Steiermark gut für die kommenden Herausforderungen gerüstet. Beleg dafür sind aktuelle Zahlen zu den steirischen Industrieinvestitionen 2019. Die Investitionstätigkeit ist um weitere 2,2 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018, dem bisherigen All-Time-High, gestiegen. Industrieunternehmen haben in der Steiermark somit in den letzten vier Jahren Bruttoanlageinvestitionen in der Höhe 13,8 Milliarden Euro getätigt.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.