Lehre im Fokus
Lehrberufe zwischen Mangel und Imageproblem

- Nach einem Corona-Tief geht es mit den Lehrlingszahlen in der Steiermark und in Graz wieder bergauf, dennoch bleibt ein Mangel bestehen.
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Der Fachkräftemangel ist in Graz und in der ganzen Steiermark seit geraumer Zeit in aller Munde. Will man das Problem an der Wurzel packen, lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen: Was motiviert die Jungen und wie steht es um die aktuellen Lehrlingszahlen? Denn für die Fachkraft von morgen braucht es den Lehrling von heute.
GRAZ. Den Jungen wird oft nachgesagt, dass sie den "Wert der Arbeit" aus den Augen verloren haben. Vor diesem Hintergrund kämpfen Unternehmen darum, Fachkräfte zu finden und Lehrstellen zu besetzen. Insgesamt sind es 332 sofort verfügbare offene Lehrstellenangebote, die in Graz und Graz-Umgebung gemeldet sind. Zwar geht es steiermarkweit bergauf – nach einem coronabedingten Rückgang im Jahr 2020 wurde nun wieder ein kräftiges Lehranfänger-Plus verzeichnet und so haben sich 2021 insgesamt 42,4 Prozent aller 15-Jährigen für eine Lehre entschieden.

- Sieht noch mehr Bedarf bei der Image- und Aufklärungsarbeit im Bereich Lehre: Viktor Larissegger
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Dennoch bleibt der Fachkräfte- und Lehrlingsmangel ein anhaltendes Problem: Im August zählte man in der Steiermark 1.425 offene Lehrstellen. Nicht nur in den Bereichen, die von Haus aus stets mit zu wenigen Lehranfängerinnen und -anfängern zu kämpfen haben, wie Bank und Versicherung – "es gibt sogar einen Mangel in den Lehrberufen, die grundsätzlich die beliebtesten sind", meint Viktor Larissegger, Regionalstellenleiter der WKO in Graz. Darunter die Friseurlehre oder jene zum KFZ-Mechaniker. Und natürlich sieht es seit der Corona-Pandemie "düster" im Tourismus und in der Freizeitwirtschaft aus. "Mittlerweile sind mehr Berufe ein Mangelberuf als nicht."
Lust auf Lehre
Doch liegt es wirklich an der fehlenden Arbeitsmoral des Nachwuchses? "Man tut den Jungen zu 100 Prozent unrecht, wenn man sagt, sie wollen nicht arbeiten. Die Lehre ist der Schlüssel für das Leben, das ist meine Meinung. Und das ist die Meinung von vielen anderen auch", ist Patrick König, Jugendsekretär der Österreichischen Gewerkschaftsjugend Steiermark überzeugt. Auf die Frage nach dem "Ursprung des Übels" antwortet König: "Die Lehre und der Lehrberuf müssen wieder aufgewertet werden. Und zwar von den Betrieben selbst und der Politik. Das Image ist gefühlt schlimmer als je zuvor." Dazu komme außerdem, dass viele Betriebe zu wenig bezahlen würden.

- Jugendsekretär der Österreichischen Gewerkschaftsjugend Steiermark: Patrick König ist mit vielen Jugendlichen im ständigen Austausch über die Arbeitswelt.
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Glaubt man einer Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstitut "Marketagent.com" im Auftrag von "Leitbetriebe Austria" und "Zukunft.Lehre.Österreich", so hat sich das Image der Lehre bei den gut 1.000 Befragten zwischen dem 14. und 29. Lebensjahr deutlich gesteigert. "Es hat sich schon etwas getan, aber es ist ein langer Prozess – die Image-Maßnahmen müssen auf jeden Fall fortgeführt werden", bekräftigt Larissegger.
Luft nach oben
Als eine weitere Herausforderung, speziell im Ballungsraum Graz sieht der WKO-Regionalstellenleiter den höheren Anteil an "schlechter ausgebildeten Menschen". "Hier haben wir einfach eine schlechtere Ausgangsposition", so Larissegger. Hinzu kommen, dass viele Zugezogene gar nicht wüssten, was eine Lehre genau sei und wie diese ablaufe. "Hier ist noch viel Potenzial da, wofür wir noch mehr Aufklärungsarbeit leisten müssen."
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