"Graz braucht eine offene und freie Lokalszene!"

Claudia Jöbstl und Werner Reiser wünschen sich eine offene Lokalszene für Graz. | Foto: geopho.com
  • Claudia Jöbstl und Werner Reiser wünschen sich eine offene Lokalszene für Graz.
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Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert, heißt es. Wie im Fall der Kombüse kann es aber auch passieren, dass man dann schnell als Sündenbock herhalten muss: Da es durch große Menschenansammlungen vor dem Lokal in der Erzherzog-Johann-Allee immer wieder zu Lärmbelästigungen der Nachbarn gekommen ist, sind bei der Polizei sogar Anzeigen gegen die Kombüse eingegangen, während sie geschlossen hatte. Inzwischen darf die Zimmerlautstärke in der Holzhütte nicht mehr überschritten werden, was laut Kombüse-Geschäftsführerin Claudia Jöbstl bei den Gästen auf Unverständnis stößt – auch, weil viele Grazer nun nach der „Niesenbergergasse“ einen weiteren Ort zum Feiern verloren haben, der vor allem in der alternativen Szene beliebt war.
Nachdem sich Christian Wolf, Macher von Events wie „I love Ibiza“ oder „Viertel 4“ im Joanneumsviertel in der Vorwoche für mehr Flexibilität bei Veranstaltungen in Graz eingesetzt hat, fordert Jöbstl nun: „Graz braucht eine offene und freie Lokalszene!“ Und dazu zählt die Grazerin – nicht ganz uneigennützig – auch eine „Kombüse“, in der wieder Musik gespielt werden darf und in der Veranstaltungen stattfinden dürfen. „Aktuell haben wir nur eine Genehmigung für Hintergrundmusik mit 58 Dezibel, wenn hier aber 40 Leute sind und das Lokal voll ist, hat es schon 80 Dezibel, ohne, dass die Anlage eingeschaltet ist“, so Jöbstl. „Die Kombüse ist ein Treffpunkt für Künstler, Studenten und Kreative. Von ihnen wird oft eingefordert, dass hier auch wieder mehr passiert.“

Lärm muss möglich sein

Bei allem Verständnis für die Anliegen der Anrainer,wünscht sich die Unternehmerin, zumindest hin und wieder auch einmal Veranstaltungen ausrichten zu können: „In einer Studentenstadt wie Graz sollte es möglich sein, dass es auch einmal laut ist. Die strengen Regulierungen lassen das aber oft nicht zu.“ Auch Werner Reiser, der die Kombüse vor sieben Jahren als Imbissbude gegründet hat und seit Jänner 2016 an Claudia Jöbstl verpachtet, legt Wert auf ein gutes Verhältnis zur Nachbarschaft und räumt ein, dass das kleine Lokal am Park „explodiert“ sei. „Wir waren eigentlich ein unschuldiger Würstelstand und haben so einen Hype nie geplant. Aber das ist nicht zu lenken, die Menschen gehen dort hin, wo sie sich wohl fühlen. Plötzlich sind dann regelmäßig 100 Leute vor dem Lokal gestanden. Das haben wir ohne der entsprechenden Betriebsstättengenehmigung ausgereizt und irgendwann ist es der Stadt und den Menschen rundherum zu viel geworden.“

Mehr Offenheit

Trotzdem betont der Kombüse-Gründer, dass es in seinem Lokal stets friedlich zugegangen sei und deshalb in sieben Jahren nur drei Polizeieinsätze nötig waren. „Was wäre also dabei, wenn in unserem Gastgarten zumindest zwischen 17 und 22 Uhr mehr los ist, als trinkende Menschen? Es stört doch nicht, wenn wir einen Poetry Slam veranstalten oder irgendjemand mit der Gitarre klimpert.“ Obwohl die Verantwortlichen in der Stadt der Kombüse gegenüber laut Reiser positiv eingestellt sind, sei es bisher aber nicht möglich gewesen, entsprechende Genehmigungen zu bekommen. „Die Leute reden von Berlin und hätten gerne, dass Graz eine offene Stadt mit internationalem Flair ist. In jedem Prospekt steht auch drinnen, wie super die Jugendkultur hier ist. Aber wenn du etwas machen willst, geht es nicht.“

Info:

Die "Kombüse" im Wandel der Zeit
2009 wurde das alte Holzstandl von Werner Reiser und den "Cooks of Grind", einem Kochkunstkollektiv aus Graz, zur Kombüse gemacht.
Ursprünglich als Imbissstand eröffnet, entwickelte sich das Lokal dank regelmäßigen DJ-Abenden, Konzerten und anderen Veranstaltungen wie Poetry Slams schnell zum Lieblingslokal vieler Grazer Künstler und Kreativer. Die Größe und vor allem die Betriebsstättengenehmigung für einen Imbissstand konnte mit dem Ansturm aber nicht mithalten. Da half es auch nichts, dass 2014 sogar die "New York Times" lobend über die Kombüse berichtete. Seit 1. Jänner dieses Jahres wird das Lokal von Claudia Jöbstl geführt – inzwischen ruhiger, aber in der Hoffnung, in Zukunft vielleicht doch wieder Veranstaltungen ausrichten zu können.

WOCHE Wissen
Immer wieder mussten in den letzten Jahren Vertreter der alternativen Lokalszene aufgrund von Problemen mit Anrainern und Behörden schließen oder ihr Angebot einschränken.
Beispiele dafür sind das Parkhouse im Stadtpark, wo nur noch an wenigen Tagen im Jahr Musik im Freien gespielt werden darf, das Kulturzentrum Niesenberger in der Niesenbergergasse, das schließen musste, oder eben die Kombüse.

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