Von "Frisch und g´sund" bis zur Pudelmutter
Altes Brauchtum zwischen Weihnachten und Neujahr
Vom Frisch und g´sund schlagen übers Bleigießen bis zur Pudelmutter: es gibt viele Traditionen in Hartberg-Fürstenfeld rund um das Weihnachtsfest und Neujahr. Aber woher kommen sie?
HARTBERG-FÜRSTENFELD. Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr sind stark brauchtumsaufgeladen. Viele dieser Bräuche und Traditionen reichen weit zurück und deren eindeutiger Ursprung ist schwer rekonstruierbar. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass die meisten ihren Anfang in den rauen Winternächten (Rauhnächte) nahmen - eine offene Zeit, die oft auch als "tote Tage" bezeichnet werden.
Warum aber jetzt genau 12 Nächte?
"Die 12 Nächte ergeben sich aus der früheren Zeitrechnung nach Mondphasen", erklärt Weihrauch- und Räucherpfarrer Mario Brandstätter. Mit der Einführung des Julianischen Kalenders (Solarkalender und Vorläufer des heutigen Gregorianischen Kalender) ergab sich eine Diskrepanz an Tagen, da sich die beiden Kalender (Mond- und Sonnenkalender) nicht deckten. Am Ende des Jahres wären dann noch 11 Tage, also 12 Nächte übrig. Um diese 12 Nächte des "rauen Winters", die niemanden gehören, weder irdischen noch überirdischen Wesen, ranken sich nicht nur unzählige Sagen und Mythen, sondern ebensoviele Bräuche. Neben dem Räuchern (über das wir bereits einen Artikel verfassen durften), ist das auch das Orakeln - also das in die Zukunft blicken.
Bleigießen zu Silvester
"Das bekannteste Orakeln, das auch heute noch zelebriert wird ist das Bleigießen in der Silvesternacht", erklärt Brandstätter.
Bleistücke (oder andere Metalle mit niedriger Schmelztemperatur wie Hartzinn) werden in einem Löffel über einer Kerze oder einem anderen kleinen Feuer erhitzt, bis sie geschmolzen sind. Das geschmolzene Metall wird sodann in eine bereitgestellte Schüssel mit kaltem Wasser gegossen, wo es sofort zu bizarren Formen erstarrt. Die Gestalt und der Schattenwurf der erstarrten Bleistücke werden zum Wahrsagen verwendet. Dazu wird die Gestalt oder der Schattenwurf frei assoziiert. (Meist finden sich Deutungsmöglichkeiten auf der Verpackung).
Wenn die Pudelmutter kommt...
Schon etwas weniger bekannt ist der Brauch der Putelmutter/Pudelmuatta. In einzelnen Regionen des Oberlandes im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld wird dieses uralte Brauchtum in der letzten Rauhnacht vom 5. auf den 6. Jänner (Dreikönigstag) auch heute noch praktiziert. Stumm, das Gesicht verschleiert und in gebückter Haltung zieht die Pudelmutter (ein altes Weiblein) von Haus zu Haus und lässt Nüsse, Äpfel, Mandarinen und Süßigkeiten wortlos durch die Tür ins Haus "pudeln". Da das gabenbringende Weiblein mancherorts die Pudelmutter auch "Perchta" genannt wird, scheint eine Assoziation mit der bei den Alemannen bekannte Gottheit "Frau Perchta", die Fruchtbarkeitsgöttin und Erdenmutter, wahrscheinlich. Die Alemannen riefen sie in den rauhen Winternächten an, brachten Rauchopfer dar, um sie um den lang ersehnten Frühling zu bitten, aufdass sie den Winter (Tod) weg nehme und Fruchtbarkeit und neues Leben bringe.
„Hier erkennen wir die Deutung des Belohnenden Mutter. Ist man brav und fleißig, hält man Haus und Hof in Ordnung, ist einem Frau Perchta wohlgesonnen und die erhört das Bitten und belohnt“, so Brandstätter. Da „Frau Perchta“ in manchen Fabeln auch als „Holla“ oder „Holle“ bezeichnet wird, scheint diese Vermutung plausibel - wohl auch dann wenn man an das Märchen der Gebrüder Grimm denkt und an die Gold- und die Pechmarie (der Gedanke: die Fleißige wird belohnt, die Faule bestraft).
Frisch und g´sund schlagen
Schon fast in Vergessenheit geraten ist der Brauch des "Frisch und g´sund Schlagens" am Unschuldigen Kindertage (28. Dezember). An diesem Tag gehen Kinder mit Ruten von Haus zu Haus und schlagen damit den Erwachsenen auf das Gesäß. Dabei wird ein Sprüchlein aufgesagt. Das Schlagen soll Glück und Gesundheit für das kommende Jahr bringen. Als Dank bekommen die Kinder eine kleine Belohnung.
Auch dieser Ursprung könnte in den Rauhnächten angesiedelt sein, wo man Götter um Hilfe, Gesundheit und Segen für Haus, Hof und Vieh bat. Denn die in den Zweigen der Weide, Tanne, Fichte, Birke, Wacholder und Hasel vermuteten (heilenden) Kräfte sollen durch leichtes Schlagen auf die Menschen übertragen werden und Gesundheit und Lebenskraft spenden.
Historisch betrachtet geht der „Tag der unschuldigen Kinder“ zurück bis ins Jahr 505 zurück. An diesem Tag wird den in Betlehm neugeborenen und auf Verheißung des Königs Herodes geborenen Kindern gedacht. Im Mittelalter wurde das Fest in Klöstern und Schulen um Kinderfest. Kinder wählten für diesen einen Tag einen Kinderbischof. Während das Brauchtum noch vor 50 Jahren in Österreich weit verbreitet war, wird es heute immer seltener ausgeübt.
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