Anfragebeantwortung
Die Zerstörung des Festsaals erfolgte ohne Kenntnis der Stadt

- Die Zerstörung des Barocksaals war Thema einer parlamentarischen Anfrage.
- Foto: Stadtblatt
- hochgeladen von Georg Herrmann
INNSBRUCK. Es war einer der Aufreger zu Jahresbeginn. Fotos vom Barocksaal zeigten ein enormes Ausmaß an Zerstörungen des ruhmreichen Saals. Jetzt liegt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Minister Werner Kogler, Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, vor.
Die Anfrage
Nationalrat Peter Wurm (FPÖ) hat die schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die Zerstörung des neubarocken Festsaals im ehemaligen Hotel Europa eingebracht.
Was haben die bisherigen Prüfungen des Bundesdenkmalamtes im Zusammenhang mit der Zerstörung des neubarocken Festsaals im ehemaligen Hotel Europa ergeben?
Nach den mir vorliegenden Informationen wurde das Bundesdenkmalamt/Abteilung für Tirol im Oktober 2020 vom Rechtsvertreter der damaligen grundbücherlichen Eigentümerin angefragt, ob das Hotel unter Denkmalschutz steht. Die Abteilung hat mitgeteilt, dass der platzseitige Haupttrakt, ein veränderter Wiederaufbau der Nachkriegsjahre, nicht unter Denkmalschutz steht. Der neubarocke Saal liegt als abgesetzter, im Zweiten Weltkrieg nicht zerstörter Baukörper in zweiter Reihe hofseitig hinter dem Haupttrakt des ehemaligen Grand Hotel Europa. Die Abteilung hat umgehend versucht, einen Besichtigungstermin mit der damaligen grundbücherlichen Eigentümerin und der Erwerberin festzulegen, um prüfen zu können, ob ein Verfahren zur Unterschutzstellung des neubarocken Saales einzuleiten ist. Der Termin fand allerdings erst nach mehrfachen Urgenzen der Abteilung am 22. Dezember 2020 im Beisein des Rechtsvertreters der Erwerberin statt. Bei diesem Besichtigungstermin bot der neubarocke Saal folgendes Bild: Sämtlicher Stuck war offensichtlich systematisch heruntergeschlagen, der Kamin abgebrochen, Bildwerke und Figuren waren ebenso wie die Portale zum westlichen Vorraum entfernt. Ein Luster lag abmontiert auf dem Boden. Die Fenster waren teilweise eingeschlagen, die Fenster der Okuli waren entfernt und lagen auf einem Bauschutthaufen auf der Terrasse vor dem Festsaal.
Durch die Zerstörungen hat der Saal seine kulturelle Bedeutung verloren. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Verfahrens zur Unterschutzstellung sind daher nicht mehr gegeben.
Gegen welche Normen des Denkmalschutzgesetzes ist im Zusammenhang mit der Zerstörung des neubarocken Festsaals im ehemaligen Hotel Europa verstoßen worden?
Da der Saal zum Zeitpunkt der Zerstörungen nicht unter Denkmalschutz stand, liegt kein Verstoß gegen das Denkmalschutzgesetz vor. Eine derartige systematische Zerstörung war nicht absehbar, deshalb war kein Mandatsverfahren eingeleitet worden.
Welche Rolle spielte die Stadtgemeinde Innsbruck als Baupolizeibehörde im Zusammenhang mit der Zerstörung des neubarocken Festsaals im ehemaligen Hotel Europa?
Wurden Sie als zuständiger Kunst- und Kulturminister durch die Stadt Innsbruck, insbesondere Ihren Parteifreund und Bürgermeister Georg Willi, über die Zerstörung des neubarocken Festsaals im ehemaligen Hotel Europa informiert?
Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt?
Soweit bekannt, erfolgte die Zerstörung des Festsaals ohne Kenntnis der Stadt Innsbruck. Darüber hinaus verweise ich auf meine Ausführungen zu Frage 1.
Neue Besitzer
Das geschichtsträchtige Haus ist nach der Insolvenz der PIMM Hotel Europa Tyrolbesitz GmbH neu übernommen worden. Der neue Eigentümer ist die Carl Ludwig Immobilien GmbH (Rechtsform seit 20.7.2020), eine Tochtergesellschaft der bauwerk immobilien gmbh und der Moser Immobilien Holding GmbH. Die Liegenschaft wird erst mit 15.01.2021 an die Carl Ludwig GmbH übergeben. "Zu den Vorkommnissen um den Barocksaal kann diesbezüglich keine Aussage getroffen werden, da dies noch nicht in unserem Einflussbereich liegt" wird dazu von Stefan Moser auf eine Stadtblatt-Anfrage mitgeteilt, der weiter ausführt: "Hinsichtlich der Entwicklung der Liegenschaft erfolgt dies in einem gemeinsamen Entwicklungsverfahren mit der Stadtplanung und Stadtpolitik der Gemeinde Innsbruck. Diverse Nutzungsmöglichkeiten werden derzeit geprüft."
Festsaal
Bayerns König Ludwig II bezeichnete das Europa als "schönsten Ort in Innsbruck zum Begehen festlicher Ereignisse". 1883 musste König Ludwig II., Erbauer der bayerischen Königsschlösser, seine italienischen Architekten wegen zunehmenden Geldmangels nach Hause schicken. Da die Architekten im damaligen Europa Station machten und mit dem Betreiber ins Gespräch kamen, entstand der Barocksaal in neuem Glanz. Das Schengener Abkommen zwischen Italien, Deutschland und Österreich wurde im Barocksaal unterzeichnet, die Europäische Kommission tagte hier, und alle 25 Verteidigungsminister waren während der letzten österreichischen EU-Präsidentschaft zu Gast.
Denkmalschutz
Unklar ist die Situation in Sachen Denkmalschutz. In den offiziellen Listen des Bundesdenkmalamtes ist der Barocksaal weder in der Denkmalliste nach § 2 DMSG noch nach § 3 DSMG geführt. Zu finden ist der Barocksaal in der Wikipedia-Aufstellung "Sammelstelle für Verdachtsfälle für Denkmalschutz in Tirol". Der 1888 errichtete prunkvolle "Barock"saal des Hotels Europa steht laut Eigenaussage (Anmerk. das damalige Grandhotel Europa) und laut Architekturführer Innsbruck (Christoph Hölz, Klaus Tragbar, Veronika Weiss (Hrsg.): Architekturführer Innsbruck. Haymon, Innsbruck 2017, ISBN 978-3-7099-7204-5, S. 61.) seit 1987 unter Denkmalschutz. Im Rahmen der Bausperre forderte das Denkmalamt mehrfach Zugang in das Gebäude, konnte aber erst am 22.12.2020 eine Begehung durchführen. Da befand sich der Barocksaal schon im aktuellen skandalösen Zustand.
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