Landesrechnungshof
Mängelliste bei der vorschulischen Kinderbetreuung

Der Landesrechnungshof stellt im Bericht zur vorschulischen Kinderbetreuung zahlreiche Mängel fest. | Foto: BezirksBlätter
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Lückenhafte Bedarfserhebung, fehlende Ortskenntnisse, veraltete Konzepte oder nicht abgerufene Förderungen. Der Bericht des Landesrechnungshof (LRH) über die „vorschulische Kinderbetreuung in Tirol“ sorgt für zahlreiche politische Stellungnahmen.

INNSBRUCK Der Landesrechnungshof (LRH) hat den Bericht über die „vorschulische Kinderbetreuung in Tirol“ vorgelegt, der sich mit der bisherigen Situation in Tirol befasst. Zahlreiche Problempunkte sind angeführt. Dementsprechend gibt es von den Parteien ausführliche Stellungnahmen. „Was wir in Opposition gefordert haben, machen wir nun zur Realität“, erklärt SPÖ-Familiensprecherin Claudia Hagsteiner in einer Aussendung. "Über 20 Millionen Euro an Bundesfördermitteln für den Ausbau der Kinderbetreuung in Tirol hat die alte Landesregierung unter Beteiligung der Grünen zwischen 2018 und 2022 niemals abgeholt": Diese Kritik des Landesrechnungshof zeigt für Hagsteiner, dass die Kritik der SPÖ Tirol – damals in Opposition – mehr als berechtigt gewesen sei: „Jahrelang haben wir immer wieder darauf gepocht, dass Schwarz-Grün den Ausbau der Kinderbetreuung in Tirol in den Mittelpunkt rückt. Dass der Landesrechnungshof unsere Kritik aus diesen Jahren nun mit Hinweis auf viele verschenkte Millionen an Bundesfördermitteln bestätigt, ist kein Anlass zur Freude, aber umso mehr ein Ansporn, diese verlorenen Jahre aufzuholen – und das tun wir. Denn was wir in Opposition gefordert haben, machen wir nun zur Realität als Teil der aktuellen Landesregierung – mit der Etablierung des Rechtsanspruchs auf einen Kinderbildungs- und -betreuungsplatz.“ Außer Zweifel stehe, dass es sich um ein ambitioniertes Vorhaben handelt, dass kluger Vorarbeit bedarf, die gemäß des schwarz-roten Zehn-Punkte-Plans längst begonnen hat. Die konstruktiven Anregungen, die ebenso Teil des Landesrechnungshofberichts sind, wären dabei äußerst wertvoll und würden selbstverständlich berücksichtigt werden, erklärt die SPÖ-Familiensprecherin. Ebenso wichtig sei es aber auch, im Tiroler Landtag angesichts der komplexen Herausforderungen in der Kinderbetreuung fraktionsübergreifend zusammenzuarbeiten: „Die beste Kinderbetreuung braucht uns alle, deshalb gilt es auch im Tiroler Landtag zusammenzuarbeiten. Unsere Hände bleiben jedenfalls ausgestreckt, auch in Richtung der Grünen. Oppositionelles Depressionsdenken und kategorische Hoffnungslosigkeit bringt jedenfalls nichts voran. Das kann nur der politische Wille, es besser machen zu wollen“, schließt Claudia Hagsteiner.

„Ausbau der Kinderbetreuung noch nicht am Ziel"

Fehlendes Bekenntnis

Für Liste Fritz-Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider zeigt der aktuelle Bericht des Landesrechnungshofes zur „Vorschulischen Kinderbetreuung“, wie unerheblich und unbedeutend diese tatsächlich für die ÖVP und ihr erzkonservatives Weltbild ist. „Die Familienpolitik der ÖVP war und ist nach wie vor antiquiert und jenseits aller Vernunft. Der Bericht des Landesrechnungshofes beweist das ausführlich!“, so Haselwanter-Schneider. Auch dass der Landesrechnungshof an der damaligen schwarz-grünen Landesregierung deutliche Kritik aufgrund der nur halbherzig durchgeführten Bedarfserhebungen des Landes übt, weil bei den Gemeinden nicht mit dem nötigen Nachdruck die Antworten im Rahmen einer Gemeindebefragung eingefordert wurden, lässt viel über den Stellenwert der Kinderbetreuung in der ÖVP erahnen. „Es muss eine Verpflichtung geben, dass die Bedarfserhebung gemacht und abgegeben wird!“, fordert Haselwanter-Schneider. Dass es seit 2009 keine Anhebung der pauschalen Abgeltung für den Gratiskindergarten bzw. den Entfall der Elternbeiträge gab, ist für Haselwanter-Schneider ein weiterer Kritikpunkt. „Nach wie vor enthalten die Tiroler Förderrichtlinien keine stärkeren Anreize für Kooperationen zur gemeindeübergreifenden Kinderbetreuung. Ebenso wurden keine Begriffsdefinitionen oder Konkretisierungen anhand von Kriterien für eine leistbare Kinderbetreuung definiert“, so Haselwanter-Schneider.

WKÖ-Präsident Harald Mahrer, WKT-Vizepräsidentin Martina Entner, Bildungslandesrätin Cornelia Hagele und LH Anton Mattle präsentierten im September 2023 das Tiroler Modell "Recht auf Kinderbildung und Kinderbetreuung". | Foto: René Rebeiz
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NEOS und JUNOS üben Kritik

JUNOS-Landesvorsitzende Susanna Riedlsperger: „Ich bin schockiert, dass sich an der schlechten Betreuungssituation immer noch nichts geändert hat! Es kann einfach nicht sein, dass Elternteile durch die schlecht ausgebaute Kinderbetreuung in ihrer Erwerbstätigkeit eingeschränkt sind!“ LA Birgit Obermüller zitiert aus einer NEOS-internen Erhebung der monatlichen Betreuungskosten. Für einen Ganztagesplatz in 83 Kinderbetreuungseinrichtungen in 5 unterschiedlichen Gemeinden in Tirol ergab ein sehr unterschiedliches Bild. Eine Gemeinde bietet eine kostenfreie Kinderbetreuung an und die teuerste Einrichtung in einer anderen Gemeinde kostet € 628 pro Monat. „Die Förderungen des Landes für Kinderbetreuungseinrichtungen sind geregelt, nicht jedoch die finanzielle Zuwendung oder die Bereitstellung von Sachmitteln von Seite der Gemeinden und daher fallen diese sehr unterschiedlich aus. Einige Gemeinden zahlen den privaten Einrichtungen einen fixen Betrag für ein ganztägig betreutes Kind, eine Gemeinde zahlt den privaten Einrichtungen zusätzlich zu einem Fixbetrag noch Miet- und Betriebskosten, andere Gemeinden subventionieren Eltern und nicht die Einrichtungen“, zeigt Obermüller auf.  Obermüller weist in diesem Zusammenhang außerdem darauf hin, dass der Ausbau der Schulischen Tagesbetreuung in Tirol in den letzten Jahren völlig ins Stocken geraten sei. „In manchen Orten gibt es zwar einen Ganztagskindergarten, aber in der Volksschule müssen die Kinder wieder zu Mittag nach Hause gehen. Eltern könnten sich bei Bedarf einer Schulischen Tagesbetreuung zwar eine Ganztagsschule im Umkreis von 30km aussuchen, aber das ist für viele Familien schlichtweg organisatorisch nicht möglich. Viele Schulen sind weit weg von einem qualitativen Raumangebot, das eine Ganztagsschule ausmacht und die Misere rund um die GemNova hat eine qualitative Personalentwicklung im Bereich der Freizeitpädagogik bislang verunmöglicht.“ Susanna Riedlsperger meint abschließend: "Wir JUNOS fordern die Landesregierung auf, die Probleme endlich anzugehen, den Beruf des Elementarpädagogen zu attraktivieren und den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis zum 6. Lebensjahr anzupeilen. Es muss in Tirol endlich eine ganztägige, flächendeckende Kinderbetreuung garantiert werden können."

Ausbau der Kinderbetreuung

Die FPÖ schließt sich inhaltlich der Kritik des Landesrechnungshofes an. „Die nicht Abholung der Gelder ist Dilettantismus pur und zeigt, dass gar nie ernsthaftes Interesse an der Umsetzung der angekündigten Pläne bestand. Das ging auch schon aus der Anfragebeantwortung an Hagele hervor, in der sie sich zum einen teils selbst widerspricht und zum anderen klar hervorkommt, dass die Landesregierung keinen Plan hat“, kritisiert Familiensprecherin LA Gudrun Kofler. Die FPÖ mahnt den Ausbau der Kinderbetreuung und die Umsetzung der großspurigen Ankündigungen ein. „Der Ausbau der Kinderbetreuung ist wichtig und richtig, muss aber unter der Wahrung der Wahlfreiheit passieren. Wir fordern deshalb parallel zum Ausbau auch die Einführung eines Betreuungsgeldes für Eltern. Wer sich dazu entschließt, die Kinder selbst zu betreuen, soll finanziell unterstützt werden, und zwar in jener Höhe, die sonst der Betreuungsplatz gekostet hätte. Das ist echte Wahlfreiheit nur fair, denn wir zahlen jeden für die Kinderbetreuung, nur nicht die Eltern. Es kann nicht sein, dass mit Steuergeld nur zur Fremdbetreuung animiert wird“, so Kofler abschließend.

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