Attraktivierung Pradler Straße
"Stadt macht alles schlimmer"

So sieht derzeit ein Teil des Parklets aus, auch eine Beschwerdebox ist angebracht.
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Die vielbesprochene Attraktivierung der Pradler Straße steht endlich an – die wirtschaftstreibenden Pradler sind frustriert.

Im Gespräch mit Wirtschaftstreibenden in und um die Pradler Straße herum dominiert ein Thema: die fehlenden Parkplätze. Seit der Parkraumbewirtschaftung leiden vor allem die kleinen Unternehmen: „Natürlich wollen Menschen lieber dort einkaufen, wo sie auch längere Zeit parken können. Die Drüberfahrpolitik, mit der immer mehr Parkplätze vernichtet werden, trifft nur die kleinen Betriebe“, so Markus Fehringer, ehemaliger Obmann der Interessensgemeinschaft Pradl und Betreiber eines Geschäftes in der Pradler Straße.

Pradler unzufrieden

„Wir befinden uns eigentlich direkt neben dem Rapoldipark – sprich direkt neben einem Naherholungsgebiet. Man kann ja auch dort Yoga machen oder zusammensitzen, warum müssen dafür noch mehr Parkplätze vernichtet werden?“, sagt Billy – Inhaber von „Billy’s“ – über den "Parklet-Versuch" der Stadt. „Die Stadt macht es den Wirtschaftstreibenden sehr schwer. Regulierungen wie die Parkraumbewirtschaftung und die Mieterhöhung für Gastgärten schaden vor allem den kleinen Betrieben. Das merkt man doch schon, wenn man am vierten Großhändler innerhalb von 100 Metern vorbeigeht, aber die kleinen Einzelbetriebe immer weniger werden“, erklärt er. „Ich habe die Parkraumbewirtschaftung auch gespürt“, erzählt Sieglinde Hattinger, Zahnärztin in der Pradler Straße. „Ärzte zählen zwar nicht als Wirtschaftstreibende, aber die knappen Parkplätze wirken sich auch auf Ärzte und Anwälte in der Straße aus. Es will halt niemand mitten unter der Behandlung Geld nachwerfen gehen, um keinen Strafzettel zu kriegen." „Ich wünschte, die Stadt würde uns einfach in Ruhe lassen“, meint eine Wirtschaftstreibende resigniert und will auch nicht viel mehr sagen. Ossy vom „Le Café“ ist aufgebracht: „Eine Revitalisierung der Pradler Straße wird nicht gelingen, wenn man Parkplätze streicht, ohne eine Alternative zu geben. Uns war mit den neuen Preisen für die Gastgärten schon nicht geholfen. Die Auflagen sind zudem so streng, dass du keinen Tisch aufstellen kannst vor deiner Tür, wenn er dem Magistrat nicht gefällt. Und warum wird eigentlich unter einem grünen Bürgermeister so viel zubetoniert? Wo ist die Außenfassadenbegrünung?“, fragt sich der Wirt, der bereits seit 15 Jahren in Pradl ist.

Kritik an Bürgerbeteiligungsprozess

Nicht nur die Wirtschaftstreibenden sehen die gesamte BürgerInnenbeteiligungs-Initiative kritisch, auch meldeten sich andere Parteien zu Wort: "Von gelbgrünen Yogamatten können die Pradler Wirtschaftstreibenden nicht leben!", sagt Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck) und spielt damit auf die InitiatorInnen des Projekts Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl und Vizebürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer an. "Natürlich werden wir auch den angekündigten Bürgerbeteiligungsprozess, bei welchem die Richtung 'Auto böse' bereits vorgegeben ist, genauestens beobachten, da es zu befürchten ist, dass das 'Yoga-Konzept' von Oppitz-Plörer und Schwarzl bereits feststeht, und man in Wahrheit nur jene Wünsche der Pradler, falls überhaupt, berücksichtigen wird, welche den beiden Yoginnen ins politische Konzept passt!", so Depaoli.

Kritik an Wirtschaftskompetenz der Stadt

In einem Video von letzter Woche reagieren die Innsbrucker Freiheitlichen ebenfalls auf den "Parklet-Versuch" in der Pradler Straße. Kritisiert wird, dass es schon einmal einen Beteiligungsprozess gegeben hat – aber schlussendlich habe sich nichts an der Situation geändert. Auch die Blockierung von Parkplätzen findet kritische Worte. Markus Lassenberger, Klubobmann der FPÖ Innsbruck, spricht der Regierungskoalition „jede wirtschaftliche Kompetenz ab“ und richtet folgende Fragen an ebendiese: „Habt ihr nicht verstanden, dass es der Wirtschaft in der Pradler Straße nicht mehr so gut geht wie früher? Wollt ihr bewusst nichts dafür tun, dass es den Wirtschaftstreibenden besser geht, oder seid ihr einfach nicht fähig dazu?“

Kritik von Koalitionspartnern

Scharfe Kritik kommt auch von VP-Gemeinderätin Mariella Lutz: "Die Yogamatten-statt-Auto-Installation ist eine rein aktionistische Maßnahme, die nur Anrainer provoziert und wenig bringt. So schaut seriöse Kommunalpolitik sicher nicht aus." Besonders Schwarzl steht in der Kritik: "Die ersten Aussagen von Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl präjudizieren leider das Projekt und es muss befürchtet werden, dass das Ergebnis schon feststeht, bevor der Bürgerbeteiligungsprozess überhaupt begonnen hat."

Erst über Medien erfahren

Die Koalitionspartnerin SPÖ erfuhr überhaupt erst über die Medien von dieser Aktion, wie sie dem STADTBLATT am Montag mitteilte: "Ich verstehe grundsätzlich die Notwendigkeit, neue Gedanken zur Gestaltung des öffentlichen Raums in der Stadt mit unter Umständen radikalen Provokationen anzustoßen.", sagt Irene Heisz. "Die jetzt schon berühmt-berüchtigten Yogamatten stehen sinnbildlich dafür, dass der öffentliche Raum eben nicht ausschließlich für Autos, sondern in erster Linie für die Menschen da sein muss. Bei den Yogamatten geht’s meines Erachtens nicht eigentlich darum, ob wirklich jemand auf der Pradler Straße den Sonnengruß machen soll oder will, sondern um konsumfreie Zonen und eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Insofern lehne ich diese kleine Intervention nicht grundsätzlich ab, sondern betrachte sie als witzigen Gedankenanstoß.
ABER: Ich habe, wiewohl Mitglied der Steuerungsgruppe Pradler Straße, von den Yogamatten auch nur aus den Medien erfahren. Korrekt und wichtig wäre gewesen, derlei Dinge zuerst mit der Steuerungsgruppe UND den AnrainerInnen zu diskutieren. Hier wird jedoch das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt, was verständlicherweise nicht zu fruchtbaren Irritationen, sondern bloß zu einer eher kontraproduktiven Verärgerung führt, noch bevor der Prozess zur Beteiligung der BürgerInnen an der Neugestaltung „ihrer“ Straße überhaupt richtig begonnen hat.
Und schließlich, eine grundsätzliche Anmerkung: Den BürgerInnen der Stadt einfach immer nur mehr Oberflächenparkplätze wegzunehmen, ohne ihnen einen halbwegs adäquaten Ersatz anzubieten, ist kein Mobilitätskonzept, sondern Frotzelei", so Heisz.

Termine und Ausblick

Laut Presseaussendung der Stadt, findet der erste offene Workshop "Leben.Raum.Pradl" am 18. September von 18 bis 20.30 Uhr in der neuen Stadtbibliothek (Amraser Straße 2) statt. Zu einem eigenen Stammtisch werden ortsansässige Vereine am Dienstag, 8. Oktober, um 18.00 Uhr in den Turnsaal des Vereins Tiroler Sozialdienst (Pradler Platz 6a) eingeladen. Drei weitere Workshops sowie eine öffentliche Schlussveranstaltung sind im Zuge des Prozesses außerdem in Planung.

So sieht derzeit ein Teil des Parklets aus, auch eine Beschwerdebox ist angebracht.
Schon ist der Bereich etwas abgeändert worden ... | Foto: Gerechtes Innsbruck
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