Neue Politära
Ein bewegter Landeshauptmann und die Reaktionen der Parteien

LH Günther Platter gibt seinen Abschied bekannt, Toni Mattle soll nachfolgen. | Foto: BezirksBlätter Innsbruck
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  • LH Günther Platter gibt seinen Abschied bekannt, Toni Mattle soll nachfolgen.
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Nach der Sitzung des Landesparteivorstand der Tiroler Volkspartei begründete Landeshauptmann Günther Platter seine Entscheidung, bei der Landtagswahlen nicht mehr anzutreten. Die Wahlen sollen im September stattfinden. Als Nachfolger soll Toni Mattle das Amt übernehmen.

INNSBRUCK. Nach mehr als 30 Jahren in der Spitzenpolitik, wird LH Platter bei der nächsten Landtagswahl nicht mehr kandidieren. Der VP-Landesparteivorstand hat LR Anton Mattle auf Vorschlag von LH Platter einstimmig als Landesparteiobmann designiert und VP-Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl nominiert. Der Landesparteitag wird am 9. Juli stattfinden. Platter hat im Landesparteivorstand der Tiroler Volkspartei offiziell bekanntgegeben, bei der kommenden Landtagswahl nicht mehr zu kandidieren und seine Beweggründe für diese weitreichende Entscheidung dargelegt: „Ich habe in den vergangenen 36 Jahren Spitzenpolitik auf Gemeinde, Landes- und Bundesebene kennengelernt. Die Aufgabe als Landeshauptmann hat mir dabei immer die größte Freude bereitet. Aber die vergangenen Monate haben mich auch nachdenklich gemacht. Neben den vielen schönen Seiten als Landeshauptmann von Tirol, haben gerade die letzten zwei Jahren gezeigt, wie herausfordernd Politik sein kann. Anfeindungen, Beleidigungen, Drohungen – nicht nur gegen einen selbst, sondern auch gegen das persönliche Umfeld - gehen nicht spurlos vorüber. Ich möchte keinen Tag als Landeshauptmann missen, manche möchte ich aber nicht ein zweites Mal erleben“, fand Landeshauptmann Günther Platter sehr offene Worte im Parteivorstand. Gemeinsam mit seiner Familie habe er deshalb nach mehr als drei Jahrzehnten in der Politik den Entschluss gefasst, nicht mehr zur Wahl anzutreten.

Nachfolger

Dennoch sei ihm, so LH Platter, die positive Weiterentwicklung Tirols natürlich weiterhin ein echtes Herzensanliegen: „Um das sicherstellen zu können, braucht es gerade jetzt Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Stabilität. Deshalb habe ich heute dem Landesparteivorstand Anton Mattle als meinen Nachfolger zum Landesparteiobmann und Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl vorgeschlagen. Anton Mattle ist für diese Aufgabe der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Er hat große politische Erfahrung und wird über alle Parteigrenzen hinweg geschätzt und respektiert. Deshalb bin ich dankbar, dass der Landesparteivorstand diesen Vorschlag einstimmig unterstützt.“ Die Wahl Anton Mattles zum Landesparteiobmann der Tiroler Volkspartei soll dann beim Landesparteitag am 9. Juli über die Bühne gehen. Landesrat Anton Mattle zeigte sich nach der Nominierung durch den Landesparteivorstand dankbar, aber auch demütig angesichts der Aufgabe, die vor ihm liegt. „Es ist für mich eine unglaubliche Ehre und Freude, dass mich Landeshauptmann Günther Platter und der Landesparteivorstand als Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl nominiert haben. Mir ist aber auch bewusst, dass die großen politischen Herausforderungen, die vor uns liegen, nur gemeinsam erfolgreich bewältigt werden können. Umso mehr freut mich die geschlossene Unterstützung des Landesparteivorstandes“, so der designierte Parteiobmann Anton Mattle, der Landeshauptmann Günther Platter zugleich für seinen jahrzehntelangen Einsatz für Land und Leute dankte. Ebenso beschlossen wurde im Landesparteivorstand, dass die Tiroler Volkspartei die Vorziehung der Landtagswahl auf den Herbst dieses Jahres vorschlagen wird. „Die vergangene Landtagssitzung hat gezeigt, dass sich bereits der Wahlkampf abzeichnet. Ich möchte der Tiroler Bevölkerung einen 9-monatigen Dauerwahlkampf ersparen und schlage deshalb eine rasche Neuwahl vor“, so Mattle. Die entsprechenden Gespräche mit allen Parteien werden noch heute beginnen.

Reaktionen

Die Reaktionen der Tiroler Parteien zum Wechsel an der Spitze und den vorgezogenen Landtagswahlen. Der Antrag auf Neuwahlen, der im Juli im Landtag eingebracht wird, dürfte die erforderliche Mehrheit erhalten.

Der Landesparteivorstand der ÖVP spricht sich für Neuwahlen im September aus. Der Antrag wird im Juli im Landtag behandelt. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Der Landesparteivorstand der ÖVP spricht sich für Neuwahlen im September aus. Der Antrag wird im Juli im Landtag behandelt.
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SPÖ-Tirol

„Tirol braucht jetzt Stabilität und klare Verhältnisse. Die müssen von den Wählerinnen und Wählern geschaffen werden. Wir sind es unseren Bürgerinnen und Bürgern mehr als schuldig, nach diesen für alle extrem fordernden Zeiten, nach der Pandemie, nach immer wieder neuen politischen Turbulenzen bis hin zu nun notwendig gewordenen Neuwahlen auf Landesebene, endlich eine unaufgeregte Politik anzubieten, eine Politik der Sicherheit und der Verlässlichkeit“, begrüßt Georg Dornauer, Landesparteivorsitzender und Klubobmann der SPÖ Tirol, vorgezogene Neuwahlen im Herbst. Einem entsprechenden Neuwahlantrag der ÖVP werde man die Zustimmung erteilen. „Gestärkt und ausgestattet mit dem entsprechenden Vertrauen der Tirolerinnen und Tiroler ist die SPÖ bereit, Verantwortung zu übernehmen. Wir sind bereit für Tirol“, betont der Spitzenkandidat der Tiroler Sozialdemokratie für den landesweiten Urnengang. Die SPÖ Tirol hat alle ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die kommende Landtagswahl bereits auf ihrem Parteitag am 28. Mai in Schwaz gewählt. Als erste und bislang einzige Landespartei. Für die Wahlauseinandersetzung pocht man auf eine Wahlkampfkostenobergrenze von 700.000 Euro: „700.000 Euro sind bei rund 550.000 Wahlberechtigten völlig ausreichend, um als politische Partei die Tirolerinnen und Tiroler über Programm und Personen zu informieren“, ist der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer überzeugt. Außerdem spricht er sich für ein absolutes Spendenverbot aus: „Undurchsichtigen Geldflüssen und langfristigen Abhängigkeiten wären damit von Anfang an ein Riegel vorgeschoben.“ Die Tiroler SPÖ plant maximal 500.000 Euro für den Landtagswahlkampf auszugeben.

NEOS

„Persönlich wünsche ich Günther Platter für seine Politpension nur das Beste und eine schöne Zeit mit seiner Familie,“ so NEOS Landessprecher Dominik Oberhofer zum Rücktritt von Günther Platter. „Wir alle wissen aber, dass die wahren Gründe für seinen Rückzug nichts damit zu tun haben, dass sein Feuer nicht mehr brennt, sondern vielmehr damit, dass seine Partei in einem unfassbaren Parteienfinanzierungsskandal auf bundes- und landeseben versinkt,“ meint Oberhofer. Dem neuen Mann an der Spitze der Tiroler ÖVP gibt Oberhofer folgendes mit auf den Weg: „Toni Mattle darf jetzt nicht die Fehler seines Bundeskanzlers Nehammer wiederholen und so tun, als hätte die ÖVP kein Korruptionsproblem und Aufklärung verhindern. Mattle hat jetzt die Chance mit dem System der ÖVP zu brechen, dafür muss jetzt aber in der ÖVP Zentrale in der Fallmerayerstraße ‚klar Schiff‘ gemacht werden. Die einkassierten Corona-Hilfsgelder der ÖVP Vereine müssen schnellstmöglich an die Steuerzahler_innen zurückgezahlt werden und die dubiosen Vereinsstrukturen die einzig und allein der Parteienfinanzierung dienen, müssen aufgelöst werden.“

FPÖ-Tirol

„Landeshauptmann Günther Platter geht, aber das System Platter bleibt“, so kommentiert Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger, die Rochade innerhalb der ÖVP. „Der angekündigte neue Landeshauptmann Anton Mattle ist ja der sprichwörtliche Politzwilling des scheidenden Landeshauptmannes, und sicherlich keine Ansage für ein modernes, Zukunft fittes und sauberes Tirol, denn Mattle ist seit über 20 Jahren Part of the Game“, fügt Mag. Abwerzger hinzu, der an die skandalösen schwarzen Corona-Hilfsgelder-Sümpfe innerhalb der ÖVP erinnert: „Leider kommt der Rückzug Platters viel zu spät, denn er hat gerade mit seiner Corona-Politik einen Scherbenhaufen angerichtet.“Der Tiroler FPÖ-Landesparteiobmann verweist darauf, dass im Falle einer vorgezogenen Landtagswahl im Herbst, die „FPÖ der einzige ernsthafte Herausforderer ist, denn die SPÖ hat sich schon in die Arme der ÖVP geworfen und will ebenso vom schwarzen System der Macht, bestehend aus Freunderl- und Vetternwirtschaft, Intransparenz und Privilegien, mitnaschen und profitieren und die Grünen haben sich mit der Wahl von Mag. Gebi Mair selber aus dem Spiel genommen“, konkretisiert Mag. Abwerzger, was begrüßenswert ist, denn „die Tiroler Bevölkerung hat die linkslinken Grünen in der Regierung nicht verdient.“
„Die Tirolerinnen und Tiroler haben sich auch einen neuen Landeshauptmann verdient, der sich endlich um die wirklichen Probleme im Land kümmert“, fügt Mag. Abwerzger an. „Die Teuerungswelle muss effektiv bekämpft werden, wir haben einen 21 Punktekatalog erstellt. Der Transit in Tirol muss endlich minimiert werden, das hat Platter vollkommen verschlafen und das Wohnen muss endlich leistbar werden, diesbezüglich haben wir ein taugliches Konzept erst vor eineinhalb Wochen medial präsentiert, Platters ÖVP blockiert jegliche Verbesserung, dafür wollen die Schwarzen mit einer Leerstandabgabe, die mehr kostet als bringt, die Immobilienbesitzer enteignen, da spielen wir nicht mit.“

Für Innsbruck

"Mit der Ankündigung sich aus der Politik zurückzuziehen, hat Landeshauptmann Günther Platter viele Menschen überrascht. Der Gemeinderatsklub Für Innsbruck spricht dem scheidenden Landeshauptmann Dank für die Zusammenarbeit mit der Stadt Innsbruck und Anerkennung seines großes Engagements für die Menschen in den vergangenen Jahren aus", teilt die Liste "Für Innsbruck" in einer Aussendung mit. "Viele Projekte in den vergangenen Jahren wurden in guter Kooperation mit dem Land Tirol und Landeshauptmann Platter umgesetzt. Ich denke da zum Beispiel an das großartig gelungene Haus der Musik, die Umsetzung des Generationenprojektes Straßen- und Regionalbahn oder auch den damals dringendst notwendigen Bau des weltweit einzigartigen Innsbrucker Kletterzentrums. Günther Platter war als Finanzreferent des Landes stets ein harter, aber fairer Verhandlungspartner, der stets das gemeinsame Realisieren von Projekten im Auge hatte. Auf seine Zusagen konnten wir uns stets verlassen und so prägten gute Projekte für die Bevölkerung und den internationalen Standort Innsbruck diese gemeinsame Zeit", erinnert StR Christine Oppitz-Plörer. "Ich habe allerhöchsten Respekt vor dieser sicherlich schwierigen Entscheidung und möchte Landeshauptmann Günther Platter im Namen unseres Gemeinderatsklub Für Innsbruck unseren großen Dank und höchste Anerkennung für sein langes, erfolgreiches Wirken aussprechen. Schlussendlich können wir auf eine vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit über viele Jahre zurückblicken", so Oppitz-Plörer. "Ich bin überzeugt, dass diese erfolgreiche Zusammenarbeit in Zukunft auch mit dem designierten Nachfolger LR Mattle im Sinne des Landeshauptmannes für unsere Landeshauptstadt fortgeführt wird. Toni Mattle hat bewiesen, dass auch er das Herz am rechten Fleck hat und den Menschen und einem soliden Wirtschaftsstandort höchste Priorität einräumt. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit", schließt Oppitz-Plörer.

ÖGB-Tirol

Die Entscheidung von Landeshauptmann Günther Platter ist zu akzeptieren, auch eine mögliche Neuwahl im Herbst. Es darf jedoch nicht passieren, dass es zu einer politischen Schockstarre kommt!“, warnt Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth anlässlich des angekündigten Rückzugs von Landeshauptmann Günther Platter. „Vor allem angesichts der massiven und nicht enden wollenden Teuerungswelle benötigen die Menschen Entscheidungen und Lösungen!“, so der Gewerkschafter weiter. „Jetzt müssen die politischen Weichen gestellt werden – im Herbst ist es definitiv zu spät!“, fordert Wohlgemuth einmal mehr schnelle und unbürokratische Hilfestellungen für die Teuerungs-geplagte Tiroler Bevölkerung, und hier in erster Linie für die sozial Schwächeren. Die Teuerung liegt aktuell bei rund 8%, ein Ende ist derzeit nicht in Sicht. „Die Menschen wissen längst nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Viele stehen vor dem finanziellen Ruin, die Armut droht massiv anzusteigen“, warnt der Tiroler ÖGB-Chef. In die Pflicht nimmt er dabei die politisch Verantwortlichen: „Die Politik hat dafür zu sorgen, dass wir uns das Leben leisten können. Wir brauchen jetzt einen sozialpolitischen Booster, um Armut in unserem Land zurückzudrängen und um Armut überhaupt zu verhindern. Wenn ich lese, dass jedes fünfte Kind in Österreich von Armut betroffen ist, dann dreht sich mir der Magen um. Die Gesellschaft hat sich eine Politik verdient, die rasch und entschlossen handelt, um Kinder-, Familien-, Frauen- und Altersarmut zu verhindern - auch wenn es zu Neuwahlen im Land kommt. Keinesfalls dürfen wir jetzt in eine politische Schockstarre verfallen!“ Wie sehr die Menschen gewisse Teuerungen treffen, hängt vor allem von der Versorgung und der Infrastruktur durch Bund, Länder und Gemeinden ab. Mobilität, Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnen – das alles könne die öffentliche Hand billiger oder sogar gratis anbieten. „Es gibt sehr wohl Spielraum, um die Teuerung zumindest abzufedern“, lässt Wohlgemuth keine Ausreden mehr für die schleppende Initiativen gelten. Dringend notwendig sei zudem die Erhöhung der Einkommensgrenzen sowie die Anpassung der Sozialleistungen an die Teuerung. „Wir müssen eine bevorstehende Armutskrise in unserem Land verhindern, und zwar mit dem besten Sozialstaat der Welt für alle, die hier leben! Der Sozialstaat ist das beste Instrument, um Armut zu verhindern. Der Sozialstaat ist in Krisen wichtiger denn je. Der Sozialstaat ist das Vermögen der vielen, er ist unser Vermögen! Wir brauchen jetzt einen Teuerungsausgleich – eine Einmalzahlung – für die Schwächeren in unserer Gesellschaft, die Anpassung und Erhöhung der Sozialleistungen und die Anhebung der Einkommensgrenzen, damit auch mehr Menschen anspruchsberechtigt sind und Hilfe bekommen.“ Dem vorgeschobenen Argument, dies wäre Geld Ausschütten mit der Gießkanne und nicht sozial treffsicher, erteilt Wohlgemuth eine klare Absage: „Ich bin überzeugt: Ein Teuerungsausgleich mit Einkommensgrenzen, die Anpassung der Sozialleistungen an die Teuerung und die Erhöhung der Einkommensgrenzen ist sozial treffsicher und man kann nicht von ‚Geld mit der Gießkanne ausschütten‘ sprechen, wenn man den Ärmsten unserer Gesellschaft hilft!“ Nicht vergessen dürfe man auf die Arbeitssuchenden: „Wir brauchen die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% Nettoersatzrate in Zeiten wie diesen mehr denn je. Die hohe Inflation trifft alle, Menschen mit geringen Einkommen aber noch viel mehr.“

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