"Ich wurde zum Platz getragen"
Über Respekt, Höhepunkte und Enttäuschungen

Hier begannen die politischen Karrieren von Uschi Schwarzl, Gerhard Fritz, Georg Willi und Rudi Federspiel.  | Foto: docw.photography
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  • Hier begannen die politischen Karrieren von Uschi Schwarzl, Gerhard Fritz, Georg Willi und Rudi Federspiel.
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Sehr lange liegt sie schon zurück: die erste Gemeinderatssitzung für Uschi Schwarzl, Gerhard Fritz, Georg Willi und Rudi Federspiel. Die BezirksBlätter-Innsbruck-Redaktion hat nachgefragt, über Erinnerungen, Höhepunkte und Enttäuschungen seit dem Einzug im Gemeinderat im Jahr 1989.

INNSBRUCK. Die Wahlbeteiligung bei der Gemeinderatswahl 1989 lag zwar bei 77,8 Prozent, war aber zu diesem Zeitpunkt die niederste Wahlbeteiligung der Innsbruckerinnen und Innsbrucker bei der einer Gemeinderatswahl. 2018 lag die Wahlbeteiligung im übrigen nur mehr bei 50,4 Prozent. Das Wahlergebnis 1989 brachte natürlich Verlierer mit sich. Die ÖVP verlor 6,5 Prozent und einen Sitz im Gemeinderat, die SPÖ 6,7 Prozent und zwei Sitze. Großer Sieger war die FPÖ mit einem plus von 9,6 Prozent und vier gewonnen Gemeinderatssitzen. Auch die Grünen Fraktionen konnten jubeln. Die Alternative Liste erreicht ein Plus von 7,7, Prozent (4 Sitze im Gemeinderat) und die Gemeinsame Liste Innsbruck (VGÖ) bekam 4,2 Prozent der Stimmen und einen Sitz im Gemeinderat. 

Der Gemeinderat tagt eigentlich im 6. Stock des Rathauses. | Foto: Stadt Innsbruck
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Die erste Sitzung

Der Gemeinderat tagte damals im ersten Stock des Stadtsaals. Unter Bürgermeister Romuald Niescher fand die erste Sitzung für Uschi Schwarzl, Gerhard Fritz, Georg Willi und Rudi Federspiel statt. Uschi Schwarzl, damals Nummer 2 auf der Alternative Liste Innsbruck - die grüne Alternative (ALI) zu ihrer Erinnerung:

"Dass man uns auf unsere Plätze tragen musste, weil wir uns geweigert haben, auf den uns zugedachten Plätzen neben der FPÖ Platz zu nehmen. Und dass ich gleich in der konstituierenden Sitzung trotz großem „Bammel“ das Wort ergriffen habe, um dagegen zu protestieren, dass der Personalausschuss so verkleinert wurde, dass die Grünen darin nicht vertreten waren."

Gerhard Fritz, Listenführer der Alternative Liste Innsbruck - die grüne Alternative (ALI): "Das Gefühl, als Aliens in einer fremden Welt gelandet zu sein. Aber das hat sich schnell gelegt."

Georg Willi war Spitzenkandidat der Vereinte Grüne Österreichs - Grüne Liste Innsbruck (GLI): "Das Diskussionsniveau war ein völlig anderes als heute. Bei aller politischen Differenz begegneten sich die Mandatarinnen und Mandatare respektvoll. Als junger Gemeinderat hatte man nur eine Chance, im Wettbewerb der Argumente zu bestehen, wenn man penibel vorbereitet in die Sitzungen kam und mit Zahlen, Daten und Fakten aufwarten konnte."

Rudi Federspiel war hinter Michael Passer, damals Vizebürgermeister, die Nummer 2 auf der Liste der Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ): "Die Freude über den großen Wahlerfolg – Steigerung von 1 Mandat auf 5!"

Haus der Musik: StR Uschi Schwarzl auf der Terrasse mit dem Appell für Klimaschutz | Foto: Darmann
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Die Enttäuschungen

Geprägt war die politische Laufbahn durch viele demokratisch gewählte Funktionen, ob in der Gemeinde, im Land oder im Bund. Auch die Zusammenführung der Alternativen Liste (Grüne) mit der Liste VGÖ hatte auf die Funktionen von Schwarzl, Fritz und Willi Auswirkungen. Bei Federspiel war der Parteiausschluss aus der FPÖ, die Gründung der eigenen Liste und die Rückkehr zur FPÖ prägend. Entsprechend gibt in der langjährigen politischen Zeit auch Enttäuschungen. Uschi Schwarzl: "Den Stil, der sich im Gemeinderat breitgemacht hat. Harte inhaltliche Auseinandersetzung bei gleichzeitiger Wertschätzung haben der persönlichen Herabwürdigung, Boshaftigkeit und Destruktion Platz gemacht."

Gerhard Fritz: "Die Stimmen von FI (Liste Für Innsbruck) für Herrn Lassenberger bei der Vizebürgermeisterwahl."

Georg Willi: "Der Niveauverlust der politischen Auseinandersetzung. Das Amt des Politikers hat, glaube ich, auch deshalb sehr stark an Anerkennung verloren."

Rudi Federspiel: "Die totale Ausgrenzung meiner Person und Gruppierung durch Bürgermeister Willi."

Gerhard Fritz, Mitgründer der Grünen Österreichs, ist seit 1989 im Gemeinderat | Foto: Urthaler
  • Gerhard Fritz, Mitgründer der Grünen Österreichs, ist seit 1989 im Gemeinderat
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Was haben Schwarzl, Fritz, Willi und Federspiel gemeinsam?, BezirksBlätter Innsbruck Artikel

Der Respekt

Fast 35 Jahre im politischen Wettstreit führten zu zahlreichen Wortgefechten und Duellen. Politische Gemeinsamkeiten zwischen grün und blau sind selten, wenn auch gerade in der Tätigkeit der Gemeinderates ideologische Grundsatzdiskussionen eher selten sind. Die Beurteilung der politischen Mitstreiter in dieser langen Zeit fällt entsprechend respektvoll aus.

Uschi Schwarzl: "Georg Willi und Gerhard Fritz haben trotz der vielen Jahre in der Stadtpolitik ihre Leidenschaft nicht verloren. Im Gegenteil, ihre langjährige Erfahrung hat sie zu starken Umsetzern einer klimafitten und sozialen Stadtentwicklung gemacht. Und auch, wenn Rudi Federspiel und mich inhaltlich Welten trennen – mit ihm kann ich mich dennoch auf einem wertschätzenden Niveau auseinandersetzen."

Gerhard Fritz; "Ich mag Menschen nicht beurteilen. Etliche mag ich, manche nicht. Alle respektiere ich." 

Georg Willi: "Uschi Schwarzl kämpft immer für die gute Sache, sie ist immer positiv und lösungsorientiert. Gerhard Fritz kennt die Stadt wie seine Westentasche. Er setzt weiterhin stadtplanerische Akzente – früher als Stadtrat, jetzt im Bauausschuss – und ist einer besten Redner im Gemeinderat. Rudi Federspiel hat die Höhen und Tiefen der Politik erlebt und ist – obwohl wir ideologisch weit auseinanderliegen – aufgrund seiner Erfahrung als „elder statesman“ zu bezeichnen."

Rudi Federspiel: "Wir sind nicht befreundet, haben aber eine akzeptable Gesprächskultur."

Seit 2018 ist Georg Willi Bürgermeister, seit 1989 war er Gemeinderat, Landtagsabgeordneter und Nationalrat. | Foto: Weißkopf
  • Seit 2018 ist Georg Willi Bürgermeister, seit 1989 war er Gemeinderat, Landtagsabgeordneter und Nationalrat.
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Die Höhepunkte

Erfolgreiche Wahlpartys, umgesetzte Anträge, politische Erfolge. Die Liste an Höhepunkte in den Jahren seit 1989 ist lange, die vier politischen Vertreter haben aber eigene Spitzenreiter in der ihrer Hitliste. Uschi Schwarzl: "Natürlich die GRW 2018, aus der die Grünen als stärkste Fraktion und Georg Willi als Bürgermeister hervorgingen. Neben den vielen umgesetzten Projekten in dieser Periode war der Höhepunkt in der Oppositionszeit für mich als Mitglied des damaligen Wohnungsvergabeausschusses die Entwicklung eines Punktesystems zur Wohnungsvergabe, auf dem das heutige aufbaut. Damit ist es mir gelungen, der bis dahin erfolgenden Wohnungsvergabe nach „Parteibuch“ ein Ende zu setzen."

Gerhard Fritz: "Den Wahlsieg der Grünen und Georg Willis bei der GR- und Bürgermeisterwahl 2018."

Georg Willi: "Natürlich das Erreichen des Bürgermeisteramtes samt stärkster Fraktion in Innsbruck – und das in einer Zeit, wo die Grünen nicht mehr im Parlament vertreten waren. Das gab den Grünen neue Hoffnung. Wir können Wahlen gewinnen. Zum Einzug der Grünen in die Tiroler Landesregierung 2013 konnte ich auch einiges beitragen." 

Rudi Federspiel: "Die Zeit als Tourismus-Stadtrat 1994-2000 mit zahlreichen innovativen Neuerungen: Einführung Bergsilvester – intensive Zusammenarbeit mit Nachbarmärkten besonders Italien – Hotel-Route-System – etc., ein großer touristischer Schub für Innsbruck."

Rudi Federspiel, langjähriger Touristiker, Gemeinderat, Landtagsabgeordneter und Stadtrat | Foto: Linde
  • Rudi Federspiel, langjähriger Touristiker, Gemeinderat, Landtagsabgeordneter und Stadtrat
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