Gastrozukunft
Wohin geht die Innsbrucker Gastronomie

 Josef "Pepi" Hackl (Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WK-Tirol, Wirt vom "Goldenen Adler) macht sich als erster Gedanken über die Gastrozukunft in Innsbruck. | Foto: WKT
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  • Josef "Pepi" Hackl (Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WK-Tirol, Wirt vom "Goldenen Adler) macht sich als erster Gedanken über die Gastrozukunft in Innsbruck.
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Die Stadtblattredaktion hat vier Experten eingeladen, sich Gedanken über die Zukunft der Gastronomieszene in Innsbruck zu machen. Josef "Pepi" Hackl (Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WK Tirol), Markus Stegmayr (Genussexperte), Viktoria Steger (Gastronomieberatung) und Patrick "Liebie" Liebhart (Gastronom in Innsbruck) geben Antworten auf die Fragen.

Den Beginn macht KommR Josef Hackl.

"Man darf keine Politik des Aussperren von Gästen machen und natürlich darf man auch die einheimischen Gäste nicht vergessen und schon gar nicht vernachlässigen. Kurzparkzonen bis 21.00 Uhr sind auf alle Fälle kontarproduktiv!" (Josef Hackl)

Stadtblatt: Gastronomie in Innsbruck, was fällt Ihnen dazu ad hock ein?
Josef Hackl: Vielfalt – vom traditionellen Würstelstand über Ethnoküchen, Tiroler Wirtshäuser bis hin zu Haubenlokalen mit internationaler Küche und auch Almen und Feste.

In den vergangenen Jahren gab es laufend Änderungen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen, Paradebeispiel die Frage Raucher/Nichtraucher. Fehlt es an Rechtssicherheit?
Selbstverständlich braucht auch die Gastronomie – wie im Übrigen die gesamte Wirtschaft – Planungssicherheit in den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Es kann nicht sein, dass auf Grund der gesetzlichen Grundlage Investitionen getätigt und Betriebskonzepte ausgerichtet werden, die dann quasi über Nacht nicht mehr gelten. Das Thema Rauchen in Lokalen ist so ein Paradethema. In der vorwiegend speisenverabreichenden Gastronomie ist das Rauchen schon seit einigen Jahren kein Thema mehr. Für die Unterhaltungsgastronomie wie Bars oder Diskotheken ist das Thema natürlich virulent. Wenn in den Betrieben nicht mehr geraucht werden darf, werden die Gäste vor den Lokalen rauchen. Zwangsläufig wird das zu Konflikten mit der Nachbarschaft führen, die sich durch Lärm und Rauch gestört fühlen wird. Da muss man Realist sein. Was kann aber nun der Unternehmer dafür bzw. was sind allfällige Konsequenzen? Hier wurde seitens der Politik ein Gesetz erlassen ohne über die Konsequenzen nachzudenken, vielmehr wurden aufgezeigte Konsequenzen politisch negiert und im Parlament abgelehnt.

Mit der Kommunalsteuer hat die Stadt eine Möglichkeit, aktiv im finanziellen Bereich auf Entwicklungen zu reagieren. Soll die Stadt bei Belastungen durch Baustellen und dgl. verstärkt damit arbeiten?
Eine Frage nach dem Umgang bzw. der Verteilung von Steuergeldern ist natürlich sehr politisch. Klar ist, dass gerade das Innsbrucker Stadtgebiet derzeit eine einzige Großbaustelle ist. Die Baumaßnahmen sind allerdings dringend notwendig und sollen die Versorgungssicherheit der Bevölkerung, der Wirtschaft und vor allem auch dem Tourismus für die nächsten Jahrzehnte sicherstellen. Wenn gebaut wird, gibt es natürlich auch immer Betroffenheit. Gerade Gastronomiebetriebe, die wirtschaftlich von einem Gastgarten abhängig sind, sind dann auch von diesen Baustellen massiv betroffen. Sei es, dass ein Gastgarten gar nicht geöffnet werden kann, es den Gästen nicht zumutbar ist, im Baustellenlärm zu verweilen oder im schlimmsten Falle Betriebe nur sehr erschwert erreicht werden können. Eine solidarische Abgeltung entgangener Geschäfte ob öffentlicher Baustellen wäre sicher eine verfolgenswerte Überlegung.

Welche weiteren Maßnahmen würden Sie von der Stadt Innsbruck erwarten?
Grundsätzlich sind die Innsbrucker Rahmenbedingungen sehr gut. Die Unternehmerschaft vermisst aber so manches Mal den Respekt der Politik vor dem was auf betrieblicher Ebene geschaffen wird. So, wie die Autofahrer für die Republik, fühlen sich öfters auch die Gastronomen als Melkkühe der Stadt. Fakt ist, dass gerade die Innenstadtgastronomie und der Innenstadthandel stark von Tagesgästen leben. Hier muss Innsbruck als Destination unbedingt attraktiv bleiben. Wenn Busse zukünftig nur noch zum Be- und Entladen ihrer Fahrgäste an das Zentrum heranfahren dürfen und dann um die Stadt kreisen bzw. auf Parkflächen außerhalb des Stadtgebietes gelotst werden, wird Innsbruck für die Reiseveranstalter weit weniger attraktiv sein. Wir brauchen also unbedingt die zentrale Busgarage! Man darf keine Politik des Aussperrens von Gästen machen und natürlich darf man auch die einheimischen Gäste nicht vergessen und schon gar nicht vernachlässigen. Kurzparkzonen bis 21.00 Uhr sind auf alle Fälle kontarproduktiv!

Ein Standardsatz in der Diskussion ist: „Die Wirte können in zwei Gruppen eingeteilt werden: Diejenigen, die seit Jahren auf Gäste warten und so ihre eigene Zukunft verschlafen, während die anderen etwas Kreatives unternehmen, um Gäste zu gewinnen und zufriedenzustellen.“ Wie viel Spielraum gibt es noch für „Kreativität“ in der Innsbrucker Szene?
Ein Unternehmer, der auf seine Gäste wartet, die ohnehin zufrieden mit dem sind, was immer schon geboten wurde, ist in der heutigen Zeit zum Scheitern verurteilt. Es ist schon klar, dass eine starke unternehmerische Triebfeder die Selbstverwirklichung ist. Fakt ist aber, dass das betriebliche Angebot immer auf die Gäste ausgelegt sein muss. Die Gäste sind es schließlich, die unsere Produkte konsumieren und bezahlen. Bei der Frage danach, wieviel Spielraum für Kreativität in Innsbruck besteht, muss gesagt werden, dass es für Kreativität keine Spielgrenzen geben darf. Noch vor 10 Jahren war es in Restaurantbetrieben oder traditionellen Wirtshäusern denkunmöglich, einen Burger auf der Speisekarte zu führen. Dieser Trend wurde aber von etlichen Gastronomen erkannt und diese setzten ihr Betriebskonzept voll auf dieses Thema. Sowohl traditionellere Betriebe wie aber auch die gehobene Gastronomie nahmen sich dieses Themas an und kreierten Interpretationen, die zu ihren Betrieben passen. Von Burgern im „Surf-and-Turf-Style“ bis hin zu Burgern mit Speck, Eiern und Kartoffelrösti. Der Kreativität sind keine wirklichen Grenzen gesetzt.

Convenience-Food, Delivery-Food-Dienste, Social Food, Migration Food, Polarized Eating - die Branche liebt Wortkreationen. Muss das sein?
Ich meine nicht, dass die Branche diese Begrifflichkeiten liebt, vielmehr werden diese in der global-digitalisierten Welt kreiert und der Branche aufgezwungen. Schlussendlich geht es aber darum, dass auf Gästenachfrage reagiert wird und die Gastronomie – in welcher Form auch immer – für die Gäste attraktiv bleibt. Diese Begriffe stammen nicht von den Wirten, sondern sind sichtbares Zeichen der Digitalisierung. Ein einfacher Schweinsbraten oder eine „normale Hausmannskost“ ist offenbar nicht mehr besonders sexy. Dass die „Kreativität“ durch bürokratische Hürden gebremst wird, haben wir ganz gut am Beispiel der Allergenauszeichnung gesehen. Riesenaufwand für ganz einfach zu lösende Aufgaben.

Wie schwierig gestalten sich die Personalkosten in Innsbruck? Und welche künftigen Herausforderungen (Ausbildung, Sprachen) werden an das Personal gestellt?
Personalkosten sind natürlich eine Begrifflichkeit aus der Kostenrechnung, wiewohl wir in der Branche schon lange nicht mehr von Personal sondern von Mitarbeitern sprechen. Da geht es um Wertschätzung der geleisteten Arbeit und die Mitarbeiter sind etwas ganz Wesentliches von vielen Erfolgsgeheimnissen. Fakt ist, dass gerade in einer Dienstleistungsbranche, wie sie die Gastronomie eine ist, Mitarbeiterkosten den Löwenanteil an der Gesamtkostenstruktur darstellen und im Wesentlichen nicht beeinflussbar sind. Neben den wesentlichen Faktoren wie Fachausbildung und Sprachkenntnisse gibt es zukünftig eine große Fähigkeit die Mitarbeiter – wie aber auch Unternehmer – mitbringen müssen: Empathie: Denn nur wer begeistert ist von und für seinem Beruf, wird als Sieger durch das Ziel laufen.

Es gibt eine rückläufige Entwicklung bei der Anzahl der Gastrobetriebe. Wie viele werden es 2025 in Innsbruck sein?
Die Anzahl der Gastronomiebetriebe in Innsbrucker bewegt sich auf konstant hohem Niveau. Eine rückläufige Entwicklung sehe ich in der Gesamtbetrachtung nur kaum. Ich sehe aber eine deutliche Veränderung in der Angebotspalette und verdeutliche das am Beispiel Automarkt: Sowohl die Klein- als auch die Oberklasse nimmt zu, die Kompaktklasse verliert an Bedeutung. Dieser Trend wird sich wohl auch in den nächsten Jahren so fortsetzen. Es ist bedauerlich, dass die sog. Traditionsbetriebe immer mehr verschwinden. Das hat mit der Einstellung der Jugend, dem Ausgehverhalten, der Wertschätzung der Dienstleistung gegenüber und der Preissensibilität zu tun. Die Themen „Freizeit“ und „Work Life Balance“ sind auch in der Gastronomie angekommen und da geht es sicher nicht darum, dass es den Wirtinnen und Wirten zu gut geht, wenn sie zusperren, sondern im Gegenteil - und das ist kein Jammern sondern einfach Faktum: es bleibt zu wenig übrig!

Abschließend: Gehen Sie selbst persönlich auch gerne in ein Lokal?
Natürlich! Auch ich genieße es, mich verwöhnen zu lassen, sehe das aber auch immer als berufliche Fort- und Weiterbildung. Man kann sich von vielen Kolleginnen und Kollegen manches abschauen oder weiterentwicklen, denn wer stehen bleibt, hat schon verloren.

Die gesamte Diskussion können Sie auf meinbezirk.at verfolgen und auch jederzeit mitdiskutieren, in Folge zwei gibt es das Statement von Markus Stegmayr.

 Josef "Pepi" Hackl (Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der WK-Tirol, Wirt vom "Goldenen Adler) macht sich als erster Gedanken über die Gastrozukunft in Innsbruck. | Foto: WKT
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