GeoSphere Austria
"Mit Nachbeben im Pillerseetal muss gerechnet werden"

Das Pillerseetal war in den vergangenen Wochen von mehreren Erdbeben betroffen. | Foto: Archiv/Kogler
3Bilder
  • Das Pillerseetal war in den vergangenen Wochen von mehreren Erdbeben betroffen.
  • Foto: Archiv/Kogler
  • hochgeladen von Johanna Bamberger

In Österreich heuer deutlich mehr spürbare Erdbeben als in einem durchschnittlichen Jänner, die meisten in der Region Pillerseetal in Tirol; erste Aufzeichnung eines Erdbebens im Bezirk Kitzbühel im Jahr 1913 in St. Ulrich.

BEZIRK KITZBÜHEL, PILLERSEETAL. Im Jänner wurden bisher in Österreich 20 Erdbeben in Österreich verspürt (Stand 24. Jänner, 11 Uhr, Anm.). In einem durchschnittlichen Jänner sind ungefähr fünf spürbare Erdbeben zu erwarten.
Der Grund für die hohe Zahl ist eine Bebenserie im Gebiet des Pillerseetals. Hier lokalisierte der Erdbebendienst der GeoSphere Austria im Jänner bereits rund 60 messbare Erdbeben, 16 davon wurden von der Bevölkerung verspürt (Stand 24. Jänner, 11 Uhr, Anm.). Schon im November 2023 gab es hier zwei spürbare Beben.

"Die Beben wurden etwas westlich vom Pillersee, in einer Herdtiefe von elf Kilometern, lokalisiert. Dabei handelte es sich um ein tieferes Erdbeben, als die durchschnittlichen Beben in Österreich (ca. 8. km, Anm.)",

informiert Seismologin Christiane Freudenthaler von der GeoSphere Austria.

Stärkstes Beben im Bezirk Kitzbühel am 23. Jänner

Das stärkste Beben dieser Serie im Pillerseetal und in der Region St. Johann war am Dienstag, den 23. Jänner gegen 5 Uhr Früh, mit einer Magnitude von 3,8 (die BezirksBlätter berichteten). Viele Menschen erwachten aus dem Schlaf, einige flüchteten ins Freie und vereinzelt wurden leichte Gebäudeschäden gemeldet, wie feine Risse im Verputz. Die zweitgrößte Magnitude dieser Serie gab es bei den zwei Beben am 19. Jänner mit 3,4 und 3,5. "Ab einer Magnitude von 5,0 ist mit größeren Gebäudeschäden zu rechnen, das hängt aber auch von der Bauweise ab", informiert Freudenthaler.

Seismogramm des Erdbebens am 23. Jänner in St. Johann. | Foto: GeoSphere Austria (Grafik)
  • Seismogramm des Erdbebens am 23. Jänner in St. Johann.
  • Foto: GeoSphere Austria (Grafik)
  • hochgeladen von Johanna Bamberger

Ursache der Erdbeben

Die Ursache liegt in der andauernden Gebirgsbildung der Alpen. Die Afrikanische Platte schiebt dabei gegen Norden und driftet auf die Eurasische Platte. Dem ist eine Mikroplatte, der sogenannte Adriatische Sporn, vorgelagert. Diese wirft die Alpen auf, das Material wird dabei zusammengeschoben.

"Die Alpen 'wachsen' noch immer rund einen Millimeter pro Jahr. Diese Gebirgsbildung ist mit Brüchen verbunden und an diesen Bruchflächen finden Verschiebungen, die durch Erdbeben auftreten, statt",

so Freudenthaler.
Tirol ist jedes Jahr eines der Bundesländer mit den meisten spürbaren Erdbeben in Österreich.

1921 ähnliche Bebenserie im Pillerseetal

Eine vergleichbare Serie gab es im Pillerseetal zuletzt 1921, als hier über fünf Monate immer wieder die Erde bebte. Die Stärke war mit einer Magnitude bis zu 3,8 ähnlich wie bei den derzeitigen Beben.
Die erste Aufzeichnung eines Erdbebens im Bezirk Kitzbühel gab es jedoch bereits im Jahr 1913 in St. Ulrich mit einer Magnitude von 2,5. Weitere Aufzeichnungen erfolgten am 12. Juni 1923 in Hochfilzen und am 23. November 1925 in Jochberg, jeweils mit einer Magnitude von 3,5.

Stärkstes Beben in Tirol in Namlos im Lechtal

Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Erdbeben im Pillerseetal und in der Region St. Johann auftreten werden, kann nicht genau vorhergesagt werden, mit Nachbeben ist laut GeoSphere Austria zu rechnen. Ob ein stärkeres Beben auftreten wird, kann ebenfalls nicht genau prognostiziert werden, hier können nur Daten aus der Vergangenheit herangezogen werden. Die stärksten Beben der letzten Jahrhunderte ereigneten sich im am 17. Juli 1670 in Hall (rekonstruierte Magnitude 5,2) und in Innsbruck am 22. Dezember 1689 (Magnitude 4,8). Dabei gab es in Hall sowie auch in Innsbruck Todesopfer zu beklagen. Das stärkste Beben in Tirol mit einer Magnitude von 5,3 ereignete sich im Jahr 1930 in Namlos im Lechtal. In Österreich ereignete sich das stärkste Beben mit einer knappen Magnitude von 6 im Jahr 1590 am Tullnerfeld (Niederösterreich).

"Stärkere Beben, zum Beispiel in Höhe der Magnitude 9, wie sie in Japan auftreten können, können in Österreich aber ausgeschlossen werden, weil die Störungszonen nicht groß genug sind",

informiert Freudenthaler.

Die Karte und die Liste zeigen die registrierten Beben in Österreich der letzten 14 Tage. | Foto: GeoSphere Austria (Grafik)
  • Die Karte und die Liste zeigen die registrierten Beben in Österreich der letzten 14 Tage.
  • Foto: GeoSphere Austria (Grafik)
  • hochgeladen von Johanna Bamberger

Wahrnehmungsberichte der Bevölkerung wichtig

Die GeoSphere Austria ersucht die Bevölkerung, ihre Wahrnehmungen von Erdbeben über die Website oder die App „QuakeWatch Austria“ zu senden. Die Wahrnehmungsdaten geben Auskunft über die Stärke der Fühlbarkeit und ermöglichen die Ermittlung des Intensitätsgrades auf der Europäischen Makroseismischen Skala. Sie sind außerdem ein wesentlicher Beitrag zur Bestimmung der Erdbebengefährdung in Österreich, die unter anderem für Baunormen wichtig ist.

Hast du schon einmal ein Erdbeben wahrgenommen?

Verhaltenstipps während eines Erdbebens:

  • Personen, die sich im Haus oder in einer Wohnung aufhalten, sollten sichere Plätze aufsuchen und das Ende des Erdbebens abwarten. Die Nähe von Fenstern sollte gemieden werden und man sollte auf keinen Fall ins Freie laufen.
  • Personen, die sich im Freien befinden, sollten dort bleiben und einen Sicherheitsabstand (rund fünf Meter, Anm.) zu Gebäuden und elektrischen Freileitungen einhalten, um nicht durch herabfallende Bauteile gefährdet zu werden. In engen Straßen sollte am besten der nächste Hauseingang oder die nächste Hauseinfahrt aufgesucht werden.

Eine Übersicht aller Erdbeben in Österreich der letzten 14 Tage findest du hier.
Mehr zum Thema:
Kommentar zum Thema hier

Erdbeben der Magnitude 3,8 in St. Johann
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.