Suizidprävention
20. Welttag der Suizidprävention in Leibnitz
Das Regionalteam Leibnitz von GO-ON Suizidpräventation Steiermark lädt am Samstag, dem 10. September von 10 bis 12 Uhr zu Heldinnen- und Heldengeschichten mit Kurzvideos und Live-Musik von "eXcite POP" auf den Hauptplatz in Leibnitz ein.
LEIBNITZ. 2011 wurde GO-ON, das steirische Kompetenzzentrum für Suizidprävention, aufgrund der hohen Suizidrate in der Steiermark in den Pilotregionen Murau und Hartberg gestartet. GO-ON ist ein Projekt des Gesundheitsfonds des Landes Steiermark und der Träger sind die Psychosozialen Dienste Steiermark. Schritt für Schritt wurde das Projekt ausgebaut und ist seit 2020 flächendeckend in der gesamten Steiermark verfügbar.
Seit vier Jahren ist Dr. Anna Sigmund, Fachärztin für Psychiatrie in der Suizidpräventation, im Bezirk Leibnitz tätig. MeinBezirk.at traf sich anlässlich des 20. Welttags für Suizid-Präventation zum Interview mit ihr.
Frau Dr. Sigmund, warum ist dieser Tag so wichtig und liegt Ihnen so am Herzen?
ANNA SIGMUND: Es geht vor allem darum, in der Bevölkerung das Wissen ob der Vorsorge und der Fürsorge zu wecken. Ich war lange als Fachärztin für Psychiatrie auf der Klinik tätig, wo ich erleben durfte, wie sich die Lebensqualität der Betroffenen durch die Behandlung verbessert. Oft war schon ein Gespräch ausschlaggebend, um das Blatt zu wenden. Die Idee, Hilfe zu vermitteln und mit diesem Tabu Thema in der Bevölkerung aufzuräumen ist mir sehr wichtig. Die Videos, welche am 10. September erstmalig einer breiten Öffentlichkeit präsentiert werden, sollen dann auch bei Selbsthilfegruppen gezeigt werden. Die Protagnisten erzählen in diesen Videos, wie oft ein einzelnes Gespräch geholfen hat, sie von den suizidalen Gedanken abzubringen. Hier möchte ich auch wirklich sensibilisieren, dass man lieber einmal zu oft, als zu wenig eingreift. Nicht zu viel Verantwortung übernehmen, sondern eine Hilfskette in Gang setzen!"
Wo können sich Betroffene speziell im Bezirk Leibnitz hinwenden?
SIGMUND: Mein Kollegin Mag. Sonja Schuster und ich sind vorallem für die Wissenvermittlung zuständig. Wir arbeiten auch im Psychosozialenzentrum Leibnitz in beratender Tätigkeit mit. Hier erfahren Betroffene sofort Hilfe. Probleme sind bewältigbar, wenn sie erkannt werden und professionell begleitet werden. Die Psychosozialen Dienste sind darauf geschult, Akutpatientinnen und Akutpatienten sofort Hilfe zu leisten.
Das Angebot wird aus öffentlicher Hand gefördert und ist für die Betroffenen kostenlos. Die meisten Betroffenen kündigen es direkt oder indirekt an, dass sie lebensmüde sind. Oft sieht man es am Gesichtsausdruck, sie sind im Denken und Fühlen eingeengt und befinden sich in einer Abwärtsspirale. Hier ist es wichtig, einen Professionisten zu Rate zu ziehen. Aus der Suizidforschung weiß man, dass man 20% leider nicht davon abhalten kann aber wir können 80% retten, wenn sie den Weg gehen und Hilfe in Anspruch nehmen.
Bewusstsein schüren
Mittels Vorträgen, Workshops, Webinaren und mehr, wird auf das Thema Suizid aufmerksam gemacht, mit dem Ziel, es zu enttabuisieren, entstigmatisieren, Bewusstsein zu schaffen und es besprechbar zu machen. Es wird Wissen zum Thema Krise, Suizidalität und psychische Erkrankungen vermittelt und auf Hilfsangebote aufmerksam gemacht. Weiters wird ein Hauptaugenmerk auf den Aufbau der eigenen Resilienz, also der inneren Widerstandsfähigkeit, gelegt, denn jede Krise birgt die Chance in sich, gestärkt daraus hervor zu gehen.
Traurige Statistik
Männer sind vier Mal so häufig von Suizid betroffen, wie Frauen und nehmen Hilfsangebote viel seltener in Anspruch. Warum ist das so?
SIGMUND: "Vor allem Männern fällt es schwer, über ihre Probleme zu sprechen. Das aus der Gesellschaft und der Erziehung geprägte Männerbild alles selbst machen zu müssen und die meist leistungsorientierte Einstellung führt dazu, dass die Bereitschaft Hilfe zu holen viel geringer und die Hemmschwelle ungleich höher ist. Auch die Info-Veranstaltungen und Vorträge von GO-ON werden selten von Männern besucht. Die Beratungsangebote nehmen vor allem Frauen in Anspruch. Männer haben ein viel höheres Risiko der Alterseinsamkeit und Einsamkeit führt oft zur Depression. Dies führt dazu, dass kein Interesse am aktiven Leben mehr besteht und konkrete Überlegungen wie man aus dem Leben scheidet gemacht werden!"
Weiters weißt Sigmund darauf hin, dass psychiatrische Störungen, die behandelbar sind aber nicht behandelt werden oft Auslöser für eine suizidale Handlung sind. Überlebende berichten oft "Ich war nicht ich selbst!"
Um Männer mit den Angeboten von GO-ON und den Hilfsangeboten in der Heimatregion besser zu erreichen, entstand die Idee, am Welttag der Suizidprävention am 10. September 2022 einem breiten öffentlichen Publikum „Heldinnen- und Heldengeschichten" auf unterhaltsame Weise zu präsentieren. Der Südsteirische Künstler Didi Bresnig wird vor dem Rathaus am Hauptplatz in Leibnitz eine Bühne aufbauen und Videos von Helden und Heldinnen vorführen. Weiters wird er mit seiner Band "eXcite POP" den musikalischen Rahmen bilden.
"Wir wollen Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlichen Alters und Geschlechts ansprechen. Das Vermitteln von Lösungsstrategien bei Krisen und Wissen über das mannigfaltige Hilfsangebot in der Steiermark und vorallem im Bezirk Leibnitz bei Krisen ist unser Anliegen."
Dr. Anna Sigmund
Die Beratungsstelle der Psychosozialen Dienste Leibnitz, kurz PSZ ist erste Anlaufstelle. Unter psz.leibnitz@gfsg.at oder 03452-72647 kann rasche Hilfe angefordert werden.
Öffnungszeiten Psychosoziales Zentrum Leibnitz
- Montag von 9 bis 12 und von 14-15 Uhr
- Dienstag von 13-15 und von 17-19 Uhr
- Mittwoch von 9-11 und von 14-15 Uhr
- Donnerstag von 9-11 und von 14-15 Uhr
- Freitag von 9-10 und von 12-16 Uhr
Telefonisch rund um die Uhr erreichbar:
- Telefon Seelsorge Graz - Notruf 142
- Rat auf Drat - Notruf 147
- Männernotruf Stmk. - 0800-246247
- LKH Graz II Standort Süd Tel.: 0316/2191-0 oder 0316-2191-3114
- LKH Graz Uni Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tel.: 0316-3850 oder 0316-385-13616
- Umfassende Infos erfahren Sie auf suizidpraevention-stmk.at
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.