Traditionelle Handwerkszunft
Musiker und Meister der Harmonika
Harmonikamacher Michael Sammer erzählt, was ihn an der Harmonika fasziniert, was seine Zunft ausmacht und warum sich die Restaurierung dieser Instrumente lohnt.
WAGNA. Ein Zufall führte Michael Sammer aus Söding auf seinen Berufsweg zum Harmonikamacher. Als leidenschaftlicher Trompeter wollte er den Lehrberuf zum Trompetenbauer ergreifen, doch gab es damals in der Gegend keine Möglichkeit dazu. Daher hat er sich für das Handwerk zur Harmonika entschieden und ging bei Harmonikaerzeugung Parz in Semriach in die Lehre, nachdem er die Gelegenheit ausgeschlagen hat, den Lehrberuf zum technischen Zeichner zu absolvieren. Die Liebe zur Musik hat den Instrumentenbauer schon sein ganzes Leben lang begleitet und er ist nach wie vor noch fasziniert vom Handwerk. "Eine Harmonika zu bauen ist besonders - vom Holz über die Mechanik bis hin zum perfekt gestimmten Klang. Der Beruf ist facettenreich und vereint viele verschiedene Komponenten aus anderen handwerklichen Zünften", so Harmonikamachermeister Michael Sammer.
Verlust an Qualität durch Fachkräftemangel
Michael Sammer führt seit kurzem seinen Meisterbetrieb samt Fachwerkstätte für Harmonika und Akkordeon. Gemeinsam zwei Mitarbeitern und einem Lehrling produziert und restauriert er in Wagna steirische Harmonikas. Gleichzeitig ist er am selben Standort als Filialleiter im "Haus der Musik" tätig, das Inhaber Stefan Maier im Dezember 2022, der einen weiteren Standort auch in Voitsberg führt, eröffnet hat. Als Ausbildner und "Vorsitzender der Harmonikamacher der WKO Wien Prüfungskommission" für Lehrabschluss und Meisterprüfungen weiß er auch, dass es wichtig ist, die Zunft weiterzuführen. "Viele Betriebe haben es in den letzten Jahren verabsäumt, Fachkräfte in diesem Bereich auszubilden. Das ist schade, dadurch geht viel Wissen verloren, vor allem, wenn es um Restaurierungen geht", erzählt der Musiker und Meister. Seit diesem Jahr unterstützt ihn deshalb der Lehrling Daniel Wagner beim Bauen und Restaurieren.
Die "Quetschn" boomt wieder
Das Herzstück des Meisterbetriebes ist der Bau von individuellen Instrumenten, die nach Kundenwünschen gefertigt werden. Je nach Spielart, Spielweise und Musikgeschmack gibt es unterschiedliche Komponenten, die in der Harmonika verbaut werden. "Die traditionelle Musik boomt, viele Menschen, vor allem junge, wollen das Harmonikaspielen lernen", erklärt Michael Sammer. "Viele Jugendliche wollen Harmonika spielen, das lebt derzeit gerade auf", meint auch Lehrling Daniel Wagner. Die jüngsten Kundinnen und Kunden, die sich für eine steirische Harmonika interessieren sind unter zehn Jahren, die ältesten deutlich über 80 Jahre. Das Instrument wird schon früh erlernt, auch online kann man mittlerweile auf verschiedenen Portalen Harmonika spielen lernen. Der Lehrling Daniel Wagner aus Großklein ist ebenfalls ein begeisterter Harmonikaspieler. Seit elf Jahren spielt er selbst und hat sich für den Lehrberuf im Meisterbetrieb Sammer entschieden. "Zu sehen, wie eine Harmonika entsteht und wie viel Handarbeit dahinter steckt, fasziniert mich", schwärmt Daniel Wagner.
Keine Bausätze aus dem Baumarkt
Eine Harmonika besteht aus rund 2500 bis 2800 Einzelteile und es fließen rund 100 bis 120 Arbeitsstunden in ein Modell, je nach Aufwand. "Wir fertigen circa zehn bis 15 Harmonikas gleichzeitig, das erleichtert die Arbeitsschritte. Bei uns gibt es keine Teile aus dem Baumarkt, was wir verbauen, wird eigens angefertigt", weiß der Harmonikamacher. Für das Gehäuse werden hochwertige Klanghölzer wie Bergfichte verwendet, um Wertigkeit und Klang hervorzuheben. Andere Hölzer wie Nuss, Eiche, Ahorn werden in der Verarbeitung auch eingesetzt. "Bei den optischen Wünschen sind fast keine Grenzen gesetzt", erzählt der Instrumentenbauern darüber, was die Harmonika besonders macht. Den Kundinnen und Kunden werden auch Sonderwünsche in der Ausführung erfüllt.
"Restaurierungen werden kaum noch angeboten, aber gerade Instrumente wie die Harmonikas haben oftmals einen hohen emotionalen Wert für die Menschen.
Harmonikamacher Michael Sammer
Neben dem Bau bietet der Meister auch Restaurierungen an, was vor allem bei der Harmonika oftmals in Anspruch genommen wird. "Wir restaurieren gerade eine Harmonika aus dem Jahr 1907, die über Generationen weitergegeben wurde", erzählt Michael Sammer und verweist darauf das Restaurierungen oftmals kostspieliger seien als ein Neukauf. Dabei können durchaus schon mal 50 bis 60 Arbeitsstunden anfallen. Der Instrumentenbauer hat den Anspruch, hochwertig zu bauen und schätzt, dass heuer noch rund 80 Harmonikas gebaut werden, obwohl die Eröffnung des Betriebes noch nicht so lange zurückliegt. "Stangenware gibt es bei uns nicht. Zu mir kommen die Menschen, weil sie ein maßgeschneidertes Instrument haben möchten, als Hersteller kann ich sie dann entsprechend ihrer Wünschen beraten. Schwarze Schafe gibt es auch in dieser Branche, daher ist es den Kundinnen und Kunden wichtig zu wissen, woher das Instrument kommt", erzählt der Instrumentenbauer abschließend.
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