Nach dem Amoklauf von Graz
Leibnitzer Schulen: "Den Schülern Raum und Zeit geben"

- Am Gymnasium Leibnitz hängt wie an allen Schulen eine schwarze Fahne.
- Foto: Michl
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Der Tag danach: Wie gehen andere Schulen mit dem Amoklauf von Graz um? MeinBezirk hat sich bei Direktorinnen und Direktoren im Bezirk Leibnitz umgehört.
BEZIRK LEIBNITZ. An der größten Schule im Bezirk, dem Gymnasium Leibnitz, herrscht große Betroffenheit, wie Direktor Josef Wieser – mitten in den Reifeprüfungen – erzählt: "Schülerinnen und Schüler haben teilweise Verbindungen zum BORG Dreierschützengasse, da war am Dienstag natürlich Aufregung, ob Bekannte oder Verwandte dabei sind."

- Direktor Josef Wieser leitet das Gymnasium Leibnitz seit 2013.
- Foto: Karl Schrotter
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Dennoch seien die mündlichen Prüfungen am Dienstag und auch am Mittwoch ganz normal abgelaufen. "Es gab keine Anzeichen von jemandem, dass man die Prüfungen nicht absolvieren könnte – was natürlich kein Problem gewesen wäre. Aber die Jugendlichen haben sich lange auf die Matura vorbereitet und wollen das jetzt auch abschließen", meint Wieser. Auch die Trauerminute um 10 Uhr wurde während der mündlichen Matura abgehalten.

- Das Gymnasium Leibnitz bekam am Mittwoch eine Essensspende von einer abgesagten Veranstaltung von AMS und WKO.
- Foto: AMS
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Das Thema wurde am Mittwoch vom Lehrpersonal sensibel angesprochen. "Die Kinder haben genug Raum und Zeit, wenn sie etwas brauchen", so der Direktor. Die Hotlines der Bildungsdirektion (mehr dazu hier) wurden auch ausgeteilt.
Notfallplan für Schulen
Die Polizei hat der Schule mitgeteilt, dass sie jetzt verstärkt rund um die Schule präsent sein werde. Wie an jeder Schule gibt es auch am Gymnasium Leibnitz einen Notfallplan für einen Amoklauf. "Aber wir haben zwei Schulhäuser mit 1.200 Schülerinnen und Schülern, das muss man individuell anpassen. Ich will dieses Konzept überarbeiten und da auch die Polizei einbinden", sagt Wieser.

- Schwarze Fahne auf Halbmast an der HTBLA Kaindorf
- Foto: Michl
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Laut Bezirkspolizeikommandant Christian Zöhrer gibt es verstärkte Polizeipräsenz, vor allem an höheren Schulen. "Das ist die Anweisung, aber uns auch ein Bedürfnis", sagt Zöhrer. "Alle Dienststellen sind sensibilisiert worden und seit Mittwoch in Kontakt und Austausch mit den Schulen." Absprachen für Notfallpläne werden mit Schulen getroffen, aber eine Pauschallösung gäbe es nicht. "Das muss mit jeder Schule, mit jeden Gegebenheiten individuell angepasst werden."
"Getrübte, gedämpfte Stimmung"
An der HTBLA Kaindorf werden fallweise Prüfungen verschoben, wie Direktorin Maria Graßmugg mitteilt: "Ich kann keine Leistung einfordern in so einer Situation – außer die Schülerin oder der Schüler will das." Die Verabschiedung und Diplomüberreichung am Mittwoch sind abgesagt worden. Der Schulsprecher der HTL hat schon am Dienstag darum gebeten, die Schweigeminute am Mittwoch abzuhalten.

- Maria Graßmugg, Direktorin an der HTBLA Kaindorf an der Sulm
- Foto: Waltraud Fischer
- hochgeladen von Waltraud Fischer
An der Schule ist überall tiefe Betroffenheit spürbar, besonders bei Lehrenden, die aus dem Grazer Raum kommen. "Es ist eine getrübte, gedämpfte Stimmung in der Schule, auch in den Pausen wird es nicht laut", erzählt Graßmugg. Die Reaktionen seien unterschiedlich: "Manche reden und erzählen, andere wollen einfach an ihren Projekten weiterarbeiten."
Mittwochfrüh hat sich der Lehrkörper der HTL besprochen und ist auch den Notfallplan durchgegangen. "Wir müssen sehr sensibel mit den Jugendlichen umgehen", sagt Graßmugg. "Ihre Sorgen ernst nehmen, ihnen Raum und Zeit geben." Dafür gibt es an der HTL Kaindorf eine Dialogoase, wo jede:r aus der Klasse herausgehen kann, wenn sie/er das Bedürfnis hat. Dort ist jederzeit eine Lehrperson, mit der man sprechen kann.
"Anders als sonst"
An der MS 1 Leibnitz war am Dienstag noch schulfrei. Der Mittwoch war "anders als sonst, sehr getrübt", wie Schulleiter Bernd Habjanic erzählt. "Es ist sozusagen außerordentlicher Unterricht. Einige machen sich Sorgen." An der Mittelschule 1 gibt es eine Tür, die sich ab 8 Uhr von selbst verschließt, es können also keine schulfremden Personen ohne Voranmeldung in die Schule kommen.

- Schwarze Fahne und Trauerflor auch vor dem Leibnitzer Rathaus
- Foto: Michl
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Das Lehrpersonal werde situativ reagieren, wenn man etwas in der Klasse merkt, so Habjanic. "Dann werden wir es ansprechen oder, wenn jemand nicht offen darüber reden will, in Einzelsettings mit Bezugslehrern oder Freunden reden. Wir wollen vorsichtig und ruhig agieren."
Dramatisch war die Stimmung an der MMS Großklein, erklärt Schulleiter Johannes Fuchs, dessen Schule direkt von einem der Todesopfer betroffen ist. "Manche Lehrer haben in der Früh bei der Tür hereingeweint. Auch manche Kinder weinen, manche haben keinen Bezug dazu, da ist an Reaktionen alles dabei." Am Mittwoch hätte die Schule einen Ausflug nach Graz geplant gehabt. "Den haben wir natürlich gleich abgesagt."
Das Krisenteam der Schule ist im Einsatz. "Eine Kollegin ist ständig da, für alle, die Gesprächsbedarf haben. Und natürlich auch die Klassenvorstände und ich selbst", sagt Fuchs. "Die Kolleginnen und Kollegen haben das sehr pädagogisch gemacht. Wir haben den Tag genutzt, um aufzuarbeiten, aber auch schon in die Zukunft, nach vorn zu schauen. Mich hat das auch sehr betroffen. Aber ich bin jetzt sehr beruhigt nach dem heutigen Tag."

- Johannes Fuchs ist Schulleiter an der Musik-Mittelschule Großklein.
- Foto: MMS Großklein
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Im Bildungszentrum Silberberg haben die Schülerinnen und Schüler wieder alles für den "Tag der Technik" abgebaut, dieser wurde am Mittwoch abgesagt. "Die Kontaktlehrer in der Schule haben mit ihnen gesprochen, sind teilweise auch länger geblieben, weil wir ja ein Internat haben", erklärt Direktor Reinhold Holler. "Die Stimmung unter den Schülerinnen und Schülern ist betroffen, aber nicht sorgenvoll oder gar ängstlich, sodass keiner mehr in die Schule gehen wollen würde."
Hinweis: Der Artikel wurde um die Aussagen vom Bezirkspolizeikommandanten ergänzt.
Hier erhältst du Hilfe
Krisentelefon des Psychosozialen Dienstes: 05 0944 - 4444 (Mo-Fr 9-13 Uhr)






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