Leserbrief zur Abschaffung des Pflegeregresses

Die Abschaffung des Pflegeregresses hilft den pflegenden Angehörigen nicht in der momentanen Situation, da die Pflege und Betreuung der Demenzerkrankten einen großen Einsatz fordert. Sie sind häufig 24h am Tag, oft über Jahre für die Kranken da und stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück.

Man benötigt bei den Demenzkranken den drei- bis sechsfachen Zeitaufwand für Hilfen bei Aktivitäten des täglichen Lebens im Vergleich zu nicht kognitiv beeinträchtigten Patienten“ (Franke, 2006, S. 24).

Die Bandbreite der Belastung für pflegende Angehörige von Personen mit Demenz ist mannigfaltig und stark abhängig vom Verlauf des Krankheitsbildes und den unterschiedlichen Verhaltensveränderungen. Veränderung der zwischenmenschlichen Beziehungen (Kinder sorgen für Eltern).

Verhaltensoriginalitäten, Angebunden-Sein, soziale Ausgrenzung, Beeinträchtigung der eigenen Gesundheit, mangelnde Freizeit, finanzielle Belastung,Verlust eines ebenbürtigen Gesprächspartners, das Übernehmen von nicht vertrauten Tätigkeiten, aggressives Verhalten des Erkrankten und das empfundene unangepasste Verhalten des Erkrankten, die notwendige Beaufsichtigung des Erkrankten, der Schlafdefizit durch einen gestörten Tag-Nachtrhythmus, die Weglauftendenz sind weitere häufig genannte Belastungsfaktoren von pflegenden Angehörigen.

Infolge des Dauerstresses sind pflegende Angehörige gefährdet körperlich und psychisch zu erkranken.
Die Pflege zuhause ist um fast drei Viertel geringer als die Gesamtkosten die durch die Pflege im Pflegeheim verursacht werden (Competence Center Integrierte Versorgung, Erster Österreichischer Demenzbericht, Teil 1, S. 123). Andererseits wird ihnen zusätzlich durch die Betreuung ihres erkrankten Angehörigen finanziell viel abverlangt. Die meisten Entlastungsangebote sind kostenpflichtig und setzten pflegenden Angehörigen eine unfreiwillige Grenze in der Nutzung von unterstützenden sozialen Dienstleistungen. Durch den verstärkten Bedarf an Hilfs- und Heilmittel ergibt sich automatisch ein finanzieller Mehraufwand. Die gebotenen Unterstützungsangebote wie Hauskrankenpflege, mobile Hilfe und Betreuung, Tageszentren, Physio- und Ergotherapie, Logopädie, Urlaub für pflegende Angehörig usw. sind für manche pflegende Angehörige nicht leistbar.
Oftmals sind noch Kredite zum zurückzahlen oder die Frau war im Landwirtschaftlichen Bereich tätig und war beim Mann mitversichert, sodass sie keinen Anspruch auf eine Pension hat.

Das Einkommen ihres erkrankten Angehörigen ist dazu nicht immer ausreichend. Ebenso werden Pflegegeldleistungen oft aufgrund von Informationsdefizit oder Scham nicht in Anspruch genommen. In der Praxis wurde mir schon öfter von Angehörigen mitgeteilt, dass sie gerne mehr Besuchstage für ihren Erkrankten in Anspruch nehmen würden, die sie sich aber finanziell nicht leisten können. Zu den Tageszentrum-Kosten kommen noch Kosten für die mobile Betreuung, Essen auf Räder, Medikamente und dergleichen hinzu. Finanzielle Nachteile können sich für pflegende Angehörige durch die Aufgabe der eigenen Berufstätigkeit oder der Einschränkung der Arbeitszeit ergeben.

Die Praxis zeigt auch, dass das Krankheitsbild „Demenz“ in der Pflegegeldeinstufung vielfach nicht berücksichtigt wird und die Einstufung deshalb zum Nachteil des Betroffenen ausfällt. Die Praxis zeigt weiter, dass eine wiederholte Antragstellung oder Einspruch des Pflegegeldbescheides vielfach nicht angestrebt wird, da viele pflegende Angehörige die Bescheide als unanfechtbar sehen oder es wird aufgrund des Mehraufwandes als zu kräfteraubend empfunden.
Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass viele pflegende Angehörige kaum Zeit für alltägliche Dinge haben, die zu erledigen sind, wie Einkauf, Arztbesuch, Friseurbesuch, Freunde besuchen. Das Fortschreiten des Krankheitsverlaufes erlaubt es immer weniger, sich für mehrere Stunden vom Erkrankten zu entfernen. Die oben aufgezählten Aktivitäten werden somit nicht oder kaum mehr wahrgenommen und wenn, dann unter verstärktem Zeitdruck um wieder schnell zuhause bei dem Erkrankten zu sein. Aufgrund der aufsichtsbedürftigen erkrankten Person fühlen sich die meisten Angehörigen in ihrer Freizeit eingeengt. Sie wagen es nicht zwei Stunden einkaufen zu gehen. Wie Angehörige dazu schon vielfach berichteten, stehen diese um 2 Stunden früher auf, um sich selber in Ruhe zu pflegen, zu frühstücken oder die Zeitung zu lesen, da danach keine Zeit mehr dafür ist.

Wie sagt man so schön,, es brennt der Hut“
Hilfe muss von der Regierung kommen, es kann nicht sein das das der Regress abgeschafft wird, aber auf der einen Seite diejenigen vergessen werden, die wenig Einkommen besitzen und Betreuung benötigen.

Es kann nicht sein das unqualifiziertes Personal (24h Betreuung) die Demenzkranken betreut und die Menschen die so schon in ihrer eigenen Welt leben nicht richtig versorgt werden weil sie nicht verstanden werden, weil sie nicht verstanden werden können. Angehörige trotzdem rund um die Uhr anwesend sein müssen um zu gewährleisten das alles seinen richtigen Verlauf nimmt.( Natürlich können die Betreuer/innen nichts dafür, da für ist die Regierung zuständig.)
Es kann nicht sein das das kein Geld für mehr Personal in den Heimen vorhanden ist um die richtige Betreuung zu gewährleisten, um das ausbrennen des Pflegepersonales zu verhindern.

Im Namen der Angehörigen fordern wir jetzt mehr Hilfe und nicht später, den später könnte zu spät sein.

Von Manuela Künstner, Leiterin der Demenzservicestelle Leibnitz und Deutschlandsberg

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