Energiekrise in der Industrie
"Die Lage ist prekär bis dramatisch"

Die steirische Stahl-Industrie hat gleich mehrere Herausforderungen zu bewältigen. | Foto: voest
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Vor allem der Stahl-Standort in Judenburg ist durch Strom- und Gaskrise belastet. Gemeinsam werden Lösungen gefordert.

MURTAL. Die steirischen Industriebetriebe stehen derzeit vor Herausforderungen an gleich mehreren Fronten: Die hohe Inflation, Nachwirkungen der Pandemie, Arbeitskräftemangel und Teuerungen setzen den Unternehmen zu. "Die Lage ist prekär bis dramatisch", sagt Florian Hampel, Geschäftsführer von HAGE Sondermaschinen in Obdach und Sprecher der Wirtschaftsinitiative "Kraft. Das Murtal".

Nachteile am Markt

Letztere hat am Donnerstag zum Gespräch geladen, um Konsequenzen und Lösungsansätze in Sachen Energiekrise zu präsentieren. "Vor allem unsere Stahlerzeuger sind stark betroffen", skizziert Hampel. Sie müssen nicht nur erhöhte Kosten tragen, sondern haben außerdem einen Marktnachteil, da in Asien und in den USA Strom und Gas nach wie vor signifikant günstiger sind.

Hubert Pletz (Wuppermann), Armin Gössler (Hendrickson), Manfred Wehr (Stadtwerke), Florian Hampel (HAGE), Heinz Kettner (Stahl Judenburg), Heinz-Peter Schnedl (Zellstoff Pöls) und Bibiane Puhl (Kraft) fordern Lösungen. | Foto: Verderber
  • Hubert Pletz (Wuppermann), Armin Gössler (Hendrickson), Manfred Wehr (Stadtwerke), Florian Hampel (HAGE), Heinz Kettner (Stahl Judenburg), Heinz-Peter Schnedl (Zellstoff Pöls) und Bibiane Puhl (Kraft) fordern Lösungen.
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Spirale wird befeuert

Bestätigt wird das von Heinz Kettner, Geschäftsführer der Stahl Judenburg GmbH. Er berichtet von zusätzlichen Kosten zwischen 11 und 12 Millionen Euro jährlich. "Wir müssen das an unsere Kunden weitergeben und die Inflationsspirale wird dadurch zusätzlich angetrieben". Zudem habe die Stahl Judenburg einen relativ hohen Gasverbrauch, der für das Walzwerk auch nötig sei.

"Und wenn das nicht befeuert wird, dann steht die gesamte Produktion."
Heinz Kettner, Stahl Judenburg

In Nachhaltigkeit investieren

Sein Unternehmen will trotzdem weiter wie bisher in Nachhaltigkeit investieren. Strom aus erneuerbaren Energien, Photovoltaik-Anlagen sowie eigene Abwärme zur teilweisen Beheizung des Werks gehören dazu. "Wir wollen auch CO2-neutral sein - aber das kostet viel und ist in Zeiten wie diesen fast nicht finanzierbar", erklärt Geschäftsführer Hubert Pletz vom Nachbarbetrieb Wuppermann Austria. Er berichtet von jährlichen Mehrkosten von rund 3,5 Millionen Euro - soviel steht auch auf der Rechnung von Geschäftsführer Armin Gössler von Hendrickson Austria, dem dritten im Stahl-Bunde.

"Unsere Produktion ist sehr energieintensiv. Die Möglichkeit, die Mehrkosten zu schlucken haben wir nicht - die Gewinnspanne ist nicht so groß."
Armin Gössler, Hendrickson Austria 

Strategie gefordert

Die drei Unternehmer fordern eine geschlossene Strategie der EU, um die Energiepreise zu senken. Sie befürchten durch unterschiedliche Regelungen in anderen Nationen einen Wettbewerbsnachteil. "Wir kämpfen auch für unsere Mitarbeiter", sagt Hubert Pletz, dessen Unternehmen kürzlich ebenfalls eine Großinvestition getätigt hat. "Wenn einmal neue Lieferketten gefunden sind, dann ist das nicht mehr rückgängig zu machen."

Preise explodiert

Die Zellstoff Pöls AG tritt in der Region selbst als Energielieferant auf und hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen: "Die Rohstoff-Preise sind explodiert und teilweise sind Produkte gar nicht mehr zu bekommen", berichtet Geschäftsführer Heinz-Peter Schnedl. Dadurch sei nicht nur die eigene Produktion gefährdet, sondern auch die Fernwärmeversorgung für rund 11.000 Haushalte im Murtal.

Murtaler Unternehmer unter sich. | Foto: Rappitsch

Lange Verfahren

"Wir haben so eine Situation noch nie erlebt", sagt auch Stadtwerke Judenburg-Vorstand Manfred Wehr, der kürzlich eine neue PV-Anlage eröffnen konnte. Der Marktpreis sei immer stabil bei 5 Cent pro Kilowattstunde gelegen, mittlerweile betrage er das 20-fache davon. Zudem stoße man beim Ausbau der erneuerbaren Energie an Grenzen. Für das geplante Wasserkraftwerk in Judenburg seien zehn Jahre Vorarbeit aufgrund der komplizierten Verfahren nötig. Bei Windenergie müsse man mit fünf Jahren, bei Photovoltaik mit drei Jahren rechnen.

"So schafft man die angestrebte Energiewende bis 2030 nicht."
Manfred Wehr, Stadtwerke Judenburg

Kurzarbeit steht im Raum

Die regionalen Lösungsansätze lauten etwa "Steigerung der Eigenerzeugung" und "langfristige Partnerschaften". Seitens der Regierung müsse es trotzdem Steuererleichterungen, eine Energie-Reform und Nachbesserungen bei den Kostenzuschüssen geben. Denn die versprochenen Zuschüsse würden bereits von neuen Abgaben aufgefressen werden: Stichwort Co2-Steuer. "Angesichts von Energiepreisen auf Rekordniveau darf es in dieser Krise zu keiner weiteren künstlichen Preiserhöhung kommen", fordert deshalb auch Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk. Im Murtal steht die Kurzarbeit bereits bedrohlich im Raum: "Es gibt definitiv Überlegungen in diese Richtung", sagt Hampel.

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