Ministerin Gewessler besucht die S34-Gegner
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Umweltministerin Leonore Gewessler besuchte den Protest gegen die Traisental-Schnellstraße S34 in Nadelbach bei St. Pölten. Die Atmosphäre war herzlich - und hoffnungsvoll.
ST. PÖLTEN/NADELBACH. Kommt sie, oder kommt sie nicht? Und wenn ja - aus welcher Richtung? Diese Frage beschäftigte die hunderten Menschen am meisten, die beim Nadelbachern Heurigen Jochrisihof in strömendem Regen auf Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) warteten. Grund war einerseits der Protest gegen die geplante Traisental-Schnellstraße S34, aber vor allem Gewesslers Ankündigung, alle Straßenbauprojekte des Bundes "bis zum Herbst zu evaluieren" - darunter auch die S34.
"Ich spreche mit Menschen aus der Wissenschaft, aus der Politik, aus der Wirtschaft - und natürlich auch mit jenen Menschen, die von der S34 persönlich betroffen sind. Das gehört sich so", erläuterte Bundesministerin Gewessler den Grund ihres Besuchs in den Feldern rund um St. Pölten. Mit einer Mitarbeiterin war sie per Eisenbahn nach St. Pölten angereist, anschließend liess sie es sich nicht nehmen, die geplante Schnellstraßen-Trasse ganz persönlich in Augenschein zu nehmen.
"Angeblich fährt sie von Südwesten hierher zu uns, sie könnte aber auch von Süden kommen", wusste Elisabeth Prochaska, die die Öffentlichkeitsarbeit der Bürgerinitiative "Stopp S34" übernimmt. "Wenn sie von Süden kommt, würde die Ministerin dann dort hinter dem Schupfen erscheinen", ergänzte Organisatorin Romana Drexler von "Stopp S34".
Die Ministerin kommt - und die Sonne auch
Als der Regen gegen 15.45 Uhr endlich aufhörte und der Jochrisihof von zarten Sonnenstrahlen beleuchtet wurde, war es schließlich soweit: "Sie kommt, sie kommt!" rief ein Bub mit einem "Stopp Straßenbau!"-Schild in der Hand, der sich allein auf den Feldweg im Südwesten vorgewagt hatte um nach der Ministerin Ausschau zu halten, und die frohe Botschaft nun laufend verkündete. Wenige Augenblicke später tauchte Gewesslers Fahrzeug tatsächlich oben am Hügel auf und näherte sich langsam der wartenden Menge. Als die Umweltministerin die Wagentür öffnete, brandete lauter Applaus auf - minutenlang.
"Herzlich willkommen bei uns in Nadelbach!" begrüßte ein kleines Mädchen Gewessler, und sofort scharten sich rund 25 Kinder um die Ministerin. "Grüß Euch, jetzt habt's Ihr aber lang auf uns warten müssen", kam es zur Begrüßung zurück.
Die Kinder sind am Wort
Nach der "Offiziellen" Begrüßung durch Elisabeth Prochaska ersuchte Ministerin Gewessler kurz um Geduld, denn ein ORF-Fernsehteam begehrte ein Interview: "Dann geht sich's mit 'Niederösterreich heute' vielleicht noch aus." Nach dem Interview erkundigte sich Gewessler bei allen wartenden Kindern noch ganz genau, warum sie zur Protestveranstaltung gekommen waren. "Weil es um unsere Zukunft geht, und die darf nicht zubetoniert werden!" war da zu hören, aber auch "Weil ich später Bio-Bäuerin werden will, aber dafür brauche ich Felder ohne Autobahn" oder "Wir haben eh schon genug Autos, da brauchen wir keine neuen Autobahnen mehr."
Gemeinsam ging es dann in den Stadel des Jochrisihofs, wo schon hunderte Menschen ausgestattet mit Transparenten und Protestschildern warteten. Die vorbereitete Bühne auf einem Traktor-Anhänger wurde von Bundesministerin Gewessler aber nicht benutzt - sie blieb lieber bei den Menschen am Boden.
Bauern sollen enteignet werden
Elisabeth Prochaska bat dann die Vertreter einiger Protest-Gruppen ans Mikrofon. Eine davon war die Bäuerin Anna Götzinger, die Bundesministerin Gewessler nach Nadelbach eingeladen hatte. "Ich vertrete die 40 betroffenen Bauern, bei denen es um das Hab und Gut, also um die Existenz geht", erklärte Götzinger. "Es geht aber auch um unsere Jugend - also um die, die das alles einmal übernehmen wollen, aber nicht übernehmen können, wenn da diese Schnellstraße durch unsere Felder gebaut wird." Götzinger betonte, dass sie "eine Bäuerin ist, die die Menschen in und um St. Pölten mit ihren Produkten ernährt. Wir sind Bauern der Landeshauptstadt. Wollen wir stolz darauf sein, oder künftig darauf verzichten?", sagte Götzinger in Richtung der St. Pöltner Stadtpolitik.
Anton Hieger ist der Sprecher der Anrainer-Initiative: "Für Ihren Besuch bei uns sind wir Ihnen, liebe Frau Bundesministerin Gewessler, sehr dankbar. Wir alle hoffen, dass wir die S34 verhindern können."
Rebell Josef Brader
Am Mikrofon war auch der St. Pöltner ÖVP-Gemeinderat Josef Brader - ihm gehört nicht nur der Jochrisihof, er ist in seiner Partei auch der einzige, der gegen die S34 eintritt. Ob er sich deshalb keine Sorgen macht? "Sorge hab ich überhaupt keine, weil ich für die Menschen spreche, die von der geplanten umweltzerstörenden Trasse der S34 betroffen sind: Bauern, Handwerker, Arbeiter, Angestellte, politische aber auch unpolitische Menschen, die von diesem Projekt betroffen sind", so Brader. "Viele Landwirte sind ja auch von Enteignung bedroht, wenn sie ihre Flächen nicht freiwillig für die S34 hergeben. Ich spreche aber auch als Obmann des Umweltausschusses der Gemeinde St. Pölten, wo wir ja alle ein gemeinsames Ziel haben: unsere Klimaziele zu erreichen."
Die überparteiliche Bürgerinitiative "Stopp S34" hatte für den Besuch viele unterschiedliche Gruppen zusammengebracht: Alle haben das gemeinsame Ziel, die S34 zu verhindern. So organisierte etwa die Niederösterreichische Landjugend die Verpflegung während der Protestveranstaltung mit Bundesministerin Leonore Gewessler.
Bernd Lötsch ist auch dagegen
Bernd Lötsch, ehemaliger Direktor des Naturhistorischen Museums und Umweltschützer der ersten Stunde, war vor kurzem ebenfalls in St. Pölten zu Besuch. Beim Rundgang auf der geplanten S34-Trasse bezeichnete er die Baupläne als „dumm und überflüssig“. Ministerin Leonore Gewessler lobte er in einem Statement hingegen als „klarsichtig“.
Von den hunderten Menschen, die sich gegen den Bau der S34 einsetzen, zeigte sich Leonore Gewessler "überwältigt". Zum Abschluss war die Umweltministerin sichtlich gerührt: "Ihre Energie für den Klimaschutz, die hier zu spüren ist, ist sehr schön!"
Wer die Bürgerinitiative "Stopp S34" finanziell unterstützen will (das Geld wird unter anderem für Protestveranstaltungen, Protesttouren mit Traktoren, Plakate, Buttons, Info-Flyer und Unterschriftenlisten verwendet), kann das mit einer Spende an die "Verkehrswende" tun, wo "Stopp S34" eine eigene Kostenstelle hat:
Kontinhaber: Verkehrswende.at
IBAN: AT72 2011 1841 4620 4500
Verwendungszweck: Stopp S34
Falls jemand mit der Veröffentlichung seines Fotos in diesem Artikel nicht einverstanden ist, bitte um Hinweis an den verantwortlichen Redakteur: m.kautzky (at) bezirkszeitung.at
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