Pflegemisere
KAGes will Pflegeengpass mit erstem Maßnahmenpaket überwinden
Die Pandemie hat offensichtlich vor Augen geführt, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege tagtäglich leisten – und die Pandemie hat diesen so wichtigen Sektor der Gesundheitsversorgung auch weit über deren Limit geführt. Die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft KAGes begegnet der aktuellen Pflegemisere nun mit vier konkreten Maßnahmen.
STEIERMARK. Corona in Kombination mit einem ohnehin chronischen Personalmangel haben die Pflegesituation in der Steiermark – aber nicht nur hier – weit über ihre Kapazitätsgrenzen getrieben. Das Dilemma an sich ist nicht neu, hat sich zuletzt aber eklatant am Beispiel der Grazer Kinderklinik gezeigt, wo aufgrund des Ausbruchs gleich mehrerer verschiedener Viruserkrankungen die Ambulanz der Kinder- und Jugendheilkunde kurz vor dem Kollaps stand – Meinbezirk.at berichtete.
Die KAGes hat am Montag nun ein Maßnahmenpaket präsentiert, um die Pflegemisere etwas einzudämmen. Vorangegangen sind dem Lösungspapier mehrere Treffen zwischen der zuständigen Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß und Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitsbereich. "Das Gesundheitssystem allgemein und vor allem innerhalb der Krankenhäuser steckt in einer veritablen Krise. Daher müssen wir genau hinschauen und konkrete Verbesserungsvorschläge einleiten", so Bogner-Strauß.
Mehr Geld, mehr Dienstplansicherheit
Konkret habe man sich mit der KAGes auf drei Maßnahmen verständigt: So sollen zum einen alle Diplomkrankenpflegerinnen- und -pfleger (DGKPs), die in der Kinder- und Jugendlichenpflege sowie in der psychiatrischen Pflege beschäftigt sind, ab 1. Jänner 2023 pro Jahr um über 2.700 Euro brutto mehr als bisher verdienen, pro Monat sind das um rund 240 Euro brutto mehr, "wobei es natürlich vom Grundeinkommen abhängt", wie die Direktorin für Pflege Eveline Brandstätter erklärt.
Rund 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählt der Pflegebereich innerhalb der KAGes, dieses Gehaltsplus betrifft nun in einem ersten Schritt etwa 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Warum genau diese Abteilungen zuerst zum Zug kommen, erklärt Brandstätter so:
„Die Bandbreite an Pflegekompetenzen, in diesem Bereich ist unglaublich groß. Man muss sich vorstellen, dass die Betreuung eines Babys zum Beispiel nach einer Operation oder die Begleitung eines Teenagers während einer onkologischen Behandlung eine spezifische Herausforderung darstellen. Die Pflege von psychisch Erkrankten setzt neben den pflegerischen Kompetenzen auch eine Vertiefung in diversen rechtlichen Belangen und ein Wissen über Deeskalations- und Krisenmanagement voraus."
Eveline Brandstätter, Direktorin für Pflege
Zudem müssten die Diplomkrankenpflegerinnen und -pfleger in diesem Bereich "auch eine eineinhalbjährige Spezialisierung absolvieren, sodass diese Zulage jedenfalls gerechtfertigt" sei.
Bereitschaftspool für Springerdienste
Als zweite Entlastungsmaßnahme soll ein neuer Pflegepool-Dienst eingeführt werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die spontan einsprangen, gab es zwar bisher auch, die neue Lösung soll aber einerseits stationsübergreifend und strukturiert funktionieren und auch hier soll ein zusätzlicher finanzieller Anreiz dazu beitragen, dass eine ausreichende Anzahl von Diplompflegerinnen und -pflegern sich bewusst für den Springerdienst entscheidet. Für diese Rufbereitschaft gibt es künftig 10 statt bisher 3,70 Euro pro Stunde.
Dieser Pool sei allerdings erst im Entstehen – zum Hintergrund: Aktuell verzeichnet die KAGes 360 offene Stellen im gesamten Pflegeberufbereich. "Wir pilotieren diesen Pool gerade am Uniklinikum sowie am LKH Graz West", wie Eveline Brandstätter berichtet. Natürlich richte man sich hier nicht nur an das bestehende Personal, sondern auch an Berufsaussteigerinnen und -aussteiger, pensionierte Pflegekräfte und Teilzeitkräfte.
Ein weiterer Hebel soll die Attraktivierung des medizinischen Standorts für Jungmedizinerinnen und -mediziner sein. So werde es mehr Geld für Studierende geben: "Ganz wichtig für mich ist, dass die KAGes für Studierende als Ausbildungsort noch spannender wird. Deswegen werden wir die Abgeltung für das klinisch praktische Jahr und das Pendant in der Zahnmedizin auf 900 Euro pro Monat erhöhen", hofft die Gesundheitslandesrätin, dass so mehr Studierende den Weg in die KAGes finden.
Geplante Überstunden möglich
Als dritten Schritt können ab sofort auch Überstunden geplant werden. Bisher durften DGKPs – egal aus welchem Bereich – keine geplanten Überstunden machen. Mehrleistungen mussten bis auf einen möglichen Übertrag von 20 Stunden im gleichen Monat ausgeglichen werden. Ab sofort können im Rahmen der arbeitszeitrechtlichen Grenzen auch mehr als die vertraglich vereinbarten Stunden geplant werden, selbstverständlich mit dem gesetzlichen regulären Überstunden- bzw. Mehrleistungszuschlag. Die getroffenen Maßnahmen gelten für alle KAGes-Häuser in den entsprechenden Bereichen.
Dies sei jedoch nur als "Auftakt" zu verstehen, wie die Verantwortlichen betonen. Weitere Maßnahmen in diese Richtung sollen demnächst folgen. "Wir sind zuversichtlich, damit an den richtigen Schrauben zu drehen, um den Pflegenotstand in den genannten Bereichen zu entschärfen", betont KAGes Vorstandsvorsitzender Gerhard Stark abschließend.
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