Keine Kinderbetreuung – was tun?
Berufstätigkeit von Frauen massiv gefährdet

Dass Kindergartengruppen und Krippen schließen müssen, macht die Berufstätigkeit für Frauen in der Steiermark zunehmend schwierig.  | Foto: Sigmund/Unsplash
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  • Dass Kindergartengruppen und Krippen schließen müssen, macht die Berufstätigkeit für Frauen in der Steiermark zunehmend schwierig.
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Die mangelhafte Betreuungssituation in steirischen Kindergärten und Krippen aufgrund von Personalmangel beschäftigt Politik und Öffentlichkeit bereits seit Jahren, die Situation hat sich jedoch in den vergangenen Wochen noch einmal zugespitzt: Laut Angaben der Arbeiterkammer häufe sich die Zahl an Müttern, die aufgrund dessen ihre Berufstätigkeit beenden oder einschränken müssten. 

STEIERMARK. Die Vorfreude auf den bevorstehenden Kindergartenstart ist heuer wohl in vielen Familien getrübt – für viele ist bis jetzt nicht klar, ob überhaupt ein Platz in der Gruppe zur Verfügung steht. Denn der dramatische Personalnotstand in steirischen Kindergärten und Krippen, der sich in den vergangenen Jahren, insbesondere aber auch in den letzten Wochen zugespitzt hat, führt steiermarkweit zu Schließungen von Gruppen.

Eine Kinderkrippe in Graz wird beispielsweise definitiv geschlossen bleiben. Das berichtete Peter Schwarz, Vorstand der GiP, die 100 steirische Gruppen betreibt. "Die Situation ist extrem prekär, es war in den vergangenen 30 Jahren niemals so schlimm wie heute", zeichnet Schwarz ein düsteres Bild. Auch bei Betreiber Wiki, wo mehr als 6.000 Kinder betreut werden, müssen möglicherweise Gruppen geschlossen oder Öffnungszeiten gekürzt werden – eine Entscheidung darüber soll am Freitag, 2. September fallen.

"Die Familien sind besorgt, es herrscht große Verunsicherung", berichtet Cordula Schlamadinger von der Kinderdrehscheibe, die Eltern über Kinderbildungs- und Betreuungs-Einrichtungen in der Steiermark informiert. Schlamadinger erzählt von einer deutlichen Erhöhung in der Anzahl an Beratungen und Anfragen

Cordula Schlamadinger (Leiterin der Kinderdrehscheibe) AK-Präsident Josef Pesserl und AK-Frauenreferatsleiterin Bernadette Pöcheim sind sich der misslichen Kinderbetreuungslage in der Steiermark äußerst bewusst.  | Foto: AK Stmk/Derler
  • Cordula Schlamadinger (Leiterin der Kinderdrehscheibe) AK-Präsident Josef Pesserl und AK-Frauenreferatsleiterin Bernadette Pöcheim sind sich der misslichen Kinderbetreuungslage in der Steiermark äußerst bewusst.
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Frauen müssen zuhause bleiben

Diese Betreuungsunsicherheit hat für viele Eltern, insbesondere aber für Mütter zur Folge, dass die Berufstätigkeit auf dem Spiel steht. "Im Regelfall sind es Frauen, die uns besorgt kontaktieren, weil sie nicht wissen, wie sie im Herbst arbeiten sollen", so Bernadette Pöcheim von der Abteilung für Frauen und Gleichstellung der Arbeiterkammer (AK) Steiermark.

So seien immer mehr Frauen gezwungen, eine Karenzierung zu beantragen oder sogar die Berufstätigkeit aufzugeben, um ihre Kinder betreuen zu können. Die AK berichtet, viele würden zum Beispiel eine Bildungskarenz für eine Fortbildung beantragen, die sie von Zuhause aus absolvieren könnten. Ähnlich sei es mit dem Thema Homeoffice, wo zwar ein verstärktes Verständnis der Arbeitgeber da sei, "das kann aber nicht die Lösung sein – man kann nicht gleichzeitig Kinder betreuen und arbeiten, das ist eine Illusion", bekräftigt Pöcheim. 

Die Kinderdrehscheibe, deren Tätigkeit auch ganz stark darin besteht, vor allem für Frauen, die beim AMS als Wiedereinsteigerinnen vorgemerkt sind, eine Lösung zu finden, damit sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können, bestätigt die Problematik: "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf war schon in der Vergangenheit schwer und hat sich natürlich zusätzlich verschärft", weiß die Leiterin. 

Hast du auch Probleme, einen Betreuungsplatz für dein Kind zu finden?

Alternative Kinderbetreuung

Was können Mütter und Väter nun also tun, wenn der Betreuungsplatz für ihr Kind nicht gesichert ist? "Sehr gute Alternativen sind schon immer Tageseltern gewesen", so Schlamadinger. Doch auch hier sei die Zahl der tätigen Tagesmütter und -väter rückläufig

In Graz behelfe man sich auch mit Kurzzeitbetreuungseinrichtungen wie "MAMA" oder "Kids and More"; für Studierende steht der "unikid & unicare-Pool" oder die flexible Gruppe in der "nanoversity" zur Verfügung. "Das Problem ist aber, dass in den letzten drei Jahren beispielsweise drei solcher Kurzzeitbetreuungseinrichtungen allein in Graz geschlossen haben, also auch diese Alternativen weniger werden."

Die Leiterin der Kinderdrehscheibe empfiehlt:

  • Alle erdenklich möglichen Netzwerke zu nutzen, um sich im schlimmsten Fall gegenseitig zu helfen, Lösungen im Familienverband zu suchen oder Babysitter in Anspruch zu nehmen
  • Immer wieder bei den Trägern und den Leiterinnen bzw. Leitern vor Ort nachzufragen
  • Sich auf die Warteliste setzen zu lassen
  • Sich in Graz auf alle Fälle beim "ABI Service" vormerken zu lassen
  • Anmeldezeiten einzuhalten
  • Bei einer Anstellung in größeren Firmen nachzufragen, ob es hier eine Lösung mit einer Betriebstageselternbetreuung geben könnte
  • Selbst Facebook Gruppen könnten Alternativen sein 
  • Die Hilfe der Kinderdrehscheibe in Anspruch zu nehmen

Facebook-Seiten für mögliche Kinderbetreuungs-Alternativen:

Langfristige und akute Lösungen

"Wir fordern schon seit Jahrzehnten einen Rechtsanspruch für einen Kinderbetreuungsplatz", bekräftigt Pöcheim von der Arbeiterkammer, "das Problem haben wir seit Jahrzehnten." Um langfristig eine Lösung für die Betreuungsnotlage in der Steiermark zu finden, brauche es vor allem auch die Rahmenbedingungen, meint Schlamadinger, die selber Kindergarten- und Hortpädagogin ist.

Für eine langfristige Lösung müsse der Beruf der Elementarpädagoginnen und -pädagogen aufgewertet werden. | Foto: petrograd99/panthermedia
  • Für eine langfristige Lösung müsse der Beruf der Elementarpädagoginnen und -pädagogen aufgewertet werden.
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"Es gilt, Anerkennung und Wertschätzung für elementarpädagogisches Personal – und das sind nicht nur die Elementarpädagoginnen und -pädagogen, sondern auch Kinderbetreuerinnen bzw. -betreuer und Tageseltern zu verbessern." Dafür sei eine bessere Bezahlung, das Forcieren von Vollzeitanstellungen, aber auch die Möglichkeit, mit einer Teilzeitanstellung den Alltag finanzieren zu können vonnöten. 

Bezüglich einer Lösung, um die "Symptome" akut zu lindern, meint Schlamadinger: "Das Land hat reagiert, indem ein Bonus für Personen, die sich als Elementarpädagoginnen bzw. -pädagogen für drei Jahre Vollzeit anstellen lassen ins Leben gerufen wurde." Aber: "Die Betreuerinnen und Betreuer sowie Tageseltern wurden leider nicht berücksichtigt."

Mehr zu dem Thema: 

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