Naturschutz im Fokus
Steirische Delegation besuchte Belgien und Luxemburg

Eine steirische Delegation reiste vergangene Woche auf Initiative von Landesrätin Ursula Lackner nach Belgien und Luxemburg, um sich dort über aktuelle Themen im Bereich Umwelt- und Naturschutz auszutauschen. Neben rechtlichen Rahmenbedingungen wurde der Fokus stark auf die praktische Umsetzung gelegt: Der Besuch von drei Naturparken zeigte, wie divers Naturschutz in unterschiedlichen Ländern gehandhabt wird und wie vielfältig die Möglichkeiten sind. 

BELGIEN/LUXEMBURG/STEIERMARK. Nach rund 18 Stunden Fahrtzeit betraten am Montag, 24. Oktober, zwölf Steirerinnen und Steirer rund um Landesrätin Ursula Lackner den Bahnsteig Bruxelles-Midi. Mit dem Nachtzug hatte sich die Delegation bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Landes Steiermark, des Verbandes Naturparke Österreich und der Naturparke Steiermark sowie des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal von Graz aus auf die Reise gemacht, um sich in der belgischen Hauptstadt – dem Hauptsitz der Europäischen Union – über aktuelle Themen im Bereich Umwelt- und Naturschutz, politische Rahmenbedingungen, bisherige und zukünftige Maßnahmen auszutauschen. 

"Wir stehen vor großen Herausforderungen im Naturschutz, und die gilt es gemeinsam zu lösen", so die steirische Landesrätin für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Regionalentwicklung und Raumordnung. Die Natur steht immer massiver unter Druck – sowohl infolge des Klimawandels als auch des direkten Eingriffs des Menschen in die Natur. Was darunter leidet, ist die biologische Vielfalt, die Biodiversität. Dabei ist die Natur "nicht nur 'nice to have'", betont Landesrätin Lackner. Damit verknüpft sind für uns Menschen lebenswichtige Leistungen, sogenannte Ökosystemleistungen: die Natur versorgt den Menschen mit Nahrung, Süßwasser und sauberer Luft und spielt eine wesentliche Rolle bei der Wahrung des natürlichen Gleichgewichts.

Die steirische Delegation in Brüssel: 1.R.v.l.: Sarah Kastner, Juristin im Naturschutzreferat, Franz Handler, Geschäftsführer des Verbandes Naturparke Österreich, Claudia Suppan, stellvertretende Leiterin des Steiermark-Büros in Brüssel, Landesrätin Ursula Lackner, Nina Schönemann, Assistenz der Geschäftsführung vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, Christian Mairhuber, Landesnaturschutzbeauftragter; 2.R.v.l.: Chiara Vodovnik, Naturschutzreferentin, Bernhard Stejskal, Geschäftsführer des Vereins Naturparke Steiermark, Ferdinand Prenner, Sprecher der Bezirksnaturschutzbeauftragten, Andrea Bund, Sprecherin der Europaschutzgebietsbetreuer:innen und Christoph Zirngast, Praktikant im Steiermark-Büro | Foto: Land Steiermark/Purgstaller
  • Die steirische Delegation in Brüssel: 1.R.v.l.: Sarah Kastner, Juristin im Naturschutzreferat, Franz Handler, Geschäftsführer des Verbandes Naturparke Österreich, Claudia Suppan, stellvertretende Leiterin des Steiermark-Büros in Brüssel, Landesrätin Ursula Lackner, Nina Schönemann, Assistenz der Geschäftsführung vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, Christian Mairhuber, Landesnaturschutzbeauftragter; 2.R.v.l.: Chiara Vodovnik, Naturschutzreferentin, Bernhard Stejskal, Geschäftsführer des Vereins Naturparke Steiermark, Ferdinand Prenner, Sprecher der Bezirksnaturschutzbeauftragten, Andrea Bund, Sprecherin der Europaschutzgebietsbetreuer:innen und Christoph Zirngast, Praktikant im Steiermark-Büro
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Wiederherstellung der Natur

Über 80 Prozent der Lebensräume in der EU befinden sich in einem schlechten Zustand, das ergab der Bericht zur Lage der Natur in Europa. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Juni dieses Jahres den lange erwarteten Entwurf eines sogenannten EU Restoration Laws – einem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur in der EU – vorgelegt. Denn trotz bestehender Biodiversitätsstrategie und zahlreicher Richtlinien, wie etwa zum Vogel- und Gewässerschutz, konnte die Negativspirale in Europa bisher nicht eingedämmt werden.

Was die Verordnung, die derzeit noch als Entwurf vorliegt, für Österreich und konkret für die Steiermark bedeutet, das wurde mit den Politischen Koordinatoren Angelika Rubin und Frank Vassen in der Generaldirektion Umwelt diskutiert. "Bis 2030 sind von allen Mitgliedsstaaten Maßnahmen zu ergreifen, um 20 Prozent der Wasser- und Landflächen wiederherzustellen", erklärt die Politische Koordinatorin, "bis 2050 alle Ökosysteme". Als Beispiel nennt Rubin die europäischen Moore, von denen zahlreiche in den vergangenen Jahren entwässert oder trockengelegt wurden. Maßnahmen zur Befeuchtung wären deshalb wesentlich, da Moore und andere Feuchtgebiete nicht nur reich an Tier- und Pflanzenarten sind, sondern gleichzeitig als hocheffiziente Kohlenstoffspeicher eine wichtige Rolle im Klimaschutz spielen. 

"Nur ein Boden" 

Wie genau die Verordnung letzten Endes tatsächlich aussehen wird und wann sie in Kraft tritt, steht derzeit noch nicht fest. Über die genaue Ausgestaltung der Verordnung gäbe es noch "Diskussionsbedarf auf allen Ebenen", so die steirische Landesrätin. Nutzungskonflikte seien ob der Tatsache, dass Maßnahmen auch in jenen Gebieten zu treffen sind, die derzeit nicht unter Schutz stehen und beispielsweise land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, vorprogrammiert. Dass es ein solches Gesetz jedoch dringend brauche, stellt Ursula Lackner außer Frage, "wir haben schließlich nur einen Boden". 

Dessen ist sich auch die deutsche Umweltlobbyistin Laura Hildt bewusst, die das Gesetz als "Möglichkeit des Jahrzehnts" sieht, um das abstrakte Thema Naturschutz für die Menschen greifbar zu machen – "wenn die Natur vor der Haustür wieder zurückkommt". Im Rahmen eines gemeinsamen Abendessens mit der steirischen Delegation ortet die Beauftragte für Biodiversität beim "European Environmental Bureau" in Brüssel jedoch dringenden Verbesserungsbedarf. Ihrer Ansicht nach gehe die Verordnung nicht weit genug, seien die vorgegebenen Maßnahmen nicht konkret genug und der Zeithorizont zu groß. Insbesondere wenn man bedenke, dass Maßnahmen Zeit brauchen, bis Effekte erzielen. "Biodiversität ist so fundamental für unser Leben, dass wir uns das gar nicht vorstellen können", sagt Hildt in einem emotionalen Plädoyer

"Es ist ein wichtiges Gesetz, das den Naturschutz auf der gesamten EU definiert und das uns natürlich auch ein Sprungbrett darstellt, um noch mehr Argumente für den Naturschutz in allen Sektoren der Steiermark zu haben."
Ursula Lackner, steirische Landesrätin für Umwelt, Klimaschutz, Energie, Regionalentwicklung und Raumordnung

Buchenwälder als UNESCO-Weltnaturerbe

Nach einem Gespräch mit Christian Holzleitner, bei dem das Thema Klimaschutz und Carbon Farming – der Kohlenstoffspeicherung in landwirtschaftlich genutzten Flächen, im Mittelpunkt standen, stand ein Treffen mit Caroline Celis, der Koordinatorin der UNESCO-Welterbestätten, auf der Tagesordnung. Gemeinsam mit Nina Schönemann, die als Vertreterin des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal Teil der Delegation war, sprachen sie über die Vergrößerung des UNESCO-Weltnaturerbes "Alte und ursprüngliche Buchenwälder", einem Gebiet, das sich derzeit über 18 Staaten Europas zieht. Das Wildnisgebiet Dürrenstein in Niederösterreich zählt bereits dazu.

Im Steiermark-Büro in Brüssel tauschte sich die steirische Delegation mit Caroline Celis (6.v.r.), der Koordinatorin der UNESCO-Welterbestätten, aus.  | Foto: Land Steiermark/Purgstaller
  • Im Steiermark-Büro in Brüssel tauschte sich die steirische Delegation mit Caroline Celis (6.v.r.), der Koordinatorin der UNESCO-Welterbestätten, aus.
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Rund 3.500 Hektar in der Steiermark sollen folgen, was eine enorme Errungenschaft für den Naturschutz wäre. "Es hätte damit den gleichen Status wie das Great Barrier Reef, die Galapagos Inseln oder auch der Grand Canyon", bringt Celis die große Bedeutung auf den Punkt. Die Zustimmung zur Aufnahme wurde von den Mitgliedsstaaten bereits erteilt – unter tosendem Applaus, wie Schönemann erzählt. Die offizielle Aufnahme in die Liste der Weltnaturerbe scheitert derzeit jedoch noch daran, dass Russland aktuell den Vorsitz hat und keine Welterbekomitee-Sitzung zustande kommt. 

Von der Theorie in die Praxis

Von der Theorie ging es für die steirische Delegation direkt in die Praxis: Ein Besuch von drei Naturparken in Belgien und Luxemburg zeigte, wie vielfältig das Thema Naturschutz innerhalb der Parke gehandhabt wird und wie unterschiedlich Naturparke innerhalb der Region aufgestellt sind. Bei einem herzlichen Empfang und Austausch im idyllischen Naturpark Our in den Ardennen gewährten Direktor Christian Kayser und ein engagiertes, innovatives Team an Naturpark- und Gemeindemitarbeiterinnen und -mitarbeitern einen Einblick in ihre Aktivitäten.

Die Auseinandersetzung mit der Geschichte bildet im Naturpark Öewersauer ein zentrales Element. | Foto: RegionalMedien Steiermark
  • Die Auseinandersetzung mit der Geschichte bildet im Naturpark Öewersauer ein zentrales Element.
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2013 unterzeichneten die acht Gemeinden des Naturparks den Klimapakt. Ein gemeinsames Leitbild, das in diesen Gemeinden aktiv gelebt wird, und die Festlegung konkreter Zielwerte für das Jahr 2050 setzen seither den Rahmen für die Umsetzung von Projekten in den Bereichen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Raumplanung und Mobilität. Verköstigt wurden die Gäste mit einem "0-km Klimapaktteller", denn im Naturerlebnis-Zentrum Robbesscheier steht Regionalität an oberster Stelle.

Im Naturpark Öewersauer – der Wasserregion des Landes – standen Maßnahmen zur Besucherlenkung ebenso im Fokus wie die Auseinandersetzung mit und die Aufbereitung der Geschichte. Der 3,8 Quadratkilometer große Stausee bildet das Herzstück des Naturparks und dient als wichtiger Trinkwasserspeicher. Das Gebiet ist jedoch auch als Naherholungsgebiet überaus beliebt, wie Direktorin Christine Lutgen und ihr Stellvertreter Yves Krippel, sowie Präsident Pauly Charles erzählten. Besonders seit Corona sei die Zahl der Besucherinnen und Besucher drastisch gestiegen, was die Naturparkverantwortlichen vor neue Herausforderungen stellte und gezielte Lenkungsmaßnahmen erforderlich machte. 

Bei einem Spaziergang durch den Naturpark Öewersauer tauscht sich Landesrätin Ursula Lackner mit dem Präsident des Naturparks, Pauly Charles, aus. | Foto: Land Steiermark/Purgstaller
  • Bei einem Spaziergang durch den Naturpark Öewersauer tauscht sich Landesrätin Ursula Lackner mit dem Präsident des Naturparks, Pauly Charles, aus.
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"Die Naturpark-Konzept sind unterschiedlich aufgestellt in den Ländern. In Österreich ist Naturschutz Landessache, also auch steirische Naturparke sind anders als niederösterreichische. In ihrer Kernbotschaft gibt es aber doch eine große Überschneidung: Es geht immer um die Kulturlandschaft und es geht immer um die Beziehung zwischen Mensch und Natur."
Bernhard Stejskal, Geschäftsführer des Vereins Naturparke Steiermark. 

"Wir müssen nicht alles selber erfinden"

Für Landesrätin Ursula Lackner ist nach der Reise klar: "Wir müssen voneinander lernen, wir müssen Schulter an Schulter in die Zukunft gehen was den Naturschutz betrifft." Es sei essentiell, dass wir uns über die Dinge, die gut funktionieren, austauschen. "Wir müssen nicht alles selber erfinden. Wir können das, was wo anders gut funktioniert, adaptieren und das alles im Sinne der Zeit. Um heute das Richtige zu tun für die Zukunft. Das war eine große Botschaft, die wir mitgebracht, aber auch wieder zurück nach Hause nehmen und das hat natürlich auch eine große Energie bei uns ausgelöst." 

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