Ausbau der Kinderbildung
Sozialpartner und Industrie fordern weitere Schritte

Ziehen beim Thema Kinderbetreuung und Unterstützung berufstätiger Mütter und Väter weiter an einem Strang: Patricia Berger (Arbeiterkammer), Julia Aichhorn (Junge Industrie), Maria Pein (Landwirtschaftskammer), Gabi Lechner (Wirtschaftskammer) und Helga Ahrer (ÖGB) | Foto: Foto Fischer
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  • Ziehen beim Thema Kinderbetreuung und Unterstützung berufstätiger Mütter und Väter weiter an einem Strang: Patricia Berger (Arbeiterkammer), Julia Aichhorn (Junge Industrie), Maria Pein (Landwirtschaftskammer), Gabi Lechner (Wirtschaftskammer) und Helga Ahrer (ÖGB)
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Aktuell bewegt sich gerade etwas in Sachen Elementarpädagogik. Immerhin wird das Steiermärkische Kinderbildungs und -betreuungsgesetzes gerade einer Reform unterzogen. Diese Maßnahmen sind wichtig, jedoch nur ein erster Schritt. Und insofern lässt auch eine bereits vor Jahren gebildete Allianz zwischen Sozialpartnern und Junger Industrie nicht locker und bringt auch nach der aktuellen Gesetzesnovelle weitere Forderungen ein.

STEIERMARK. Ähnlich wie der Gesundheitsbereich kommt auch das Thema Kinderbetreuung und Elementarpädagogik seit geraumer Zeit kaum aus den Schlagzeilen. "Seit 2014 liegen hier mehr oder weniger dieselben Probleme und Forderungen am Tapet", bilanziert Patricia Berger von der steirischen Arbeiterkammer. Sie vertritt gemeinsam mit Vertreterinnen des ÖGB, der Wirtschaftskammer Steiermark, der Landwirtschaftskammer Steiermark sowie der Jungen Industrie jene Allianz, die sich seit Jahren für den Ausbau des Kinderbetreuungs- und bildungsangebots stark macht.

Im Gespräch mit den Journalistinnen und Journalisten präsentierten die Interessensvertretungen die einzelne weitere Forderungen, um den Ausbau der Kinderbetreuung in der Steiermark voranzutreiben. | Foto: Foto Fischer
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Immerhin liegt nun einmal eine Gesetzesnovelle des Steiermärkischen Kinderbildungs und -betreuungsgesetzes sowie des Kinderbetreuungsförderungsgesetzes vor. Für die Sozialpartner und die Industrie ein erster wichtiger Schritt, doch es "bleibt weiterhin noch viel zu tun", wie sie im Zuge eines gemeinsamen Pressetermins klarmachen. 

Umfrage unter Betrieben gestartet

Eine größere Flexibilität in der Kinderbetreuung schafft auch Erleichterung am Arbeitsmarkt und würde auch den Fachkräftemangel verkleinern. "Wir bilden unsere Frauen gut aus, dann kommen sie aber nach der Geburt eines oder mehrerer Kinder viel zu lange nicht mehr zurück in den Job und verlieren so den Anschluss", illustriert Julia Aichhorn von der Jungen Industrie den Spagat, mit dem sich nach wie vor viele Frauen konfrontiert sehen. "Im internationalen Vergleich ist Österreich im Spitzenfeld bei der Teilzeitquote unter den Frauen." Auch dieser Faktor führt dazu, dass der Teufelskreis zwischen dem zögerlichen Ausbau der Kinderbetreuung, dem wachsenden Gender Pay Gap und den Lücken am Arbeitsmarkt nur schwerlich durchbrochen wird. Denn: "Wir brauchen jede Frau im Job", stellt Aichhorn klar.

Oftmals scheitert es an tradierten Vorstellungen und Haltungen: Frauen, die früh wieder in den Job zurückkehren, werden vielfach noch immer als Rabenmütter betrachtet. | Foto: Unsplash
  • Oftmals scheitert es an tradierten Vorstellungen und Haltungen: Frauen, die früh wieder in den Job zurückkehren, werden vielfach noch immer als Rabenmütter betrachtet.
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Eine Lösung können Betriebskindergärten darstellen, doch "hier gibt es noch viele Unsicherheiten und offene Fragen", wie Gabi Lechner von der Wirtschaftskammer berichtet. "Wie schaut es mit Förderungen aus, lagere ich als Unternehmen alles an externe Träger aus?", Fragen wie diese gehörten laut Lechner ähnlich wie in Oberösterreich in einem klaren Maßnahmenkatalog geklärt. Die WKO und die Industriellenvereinigung haben in diesem Zusammenhang eine Umfrage unter den Unternehmen gestartet, um herauszufinden, wo es aus Sicht der Betriebe im allgemeinen Handlungsbedarf gibt. Betriebliche Einrichtungen können jedoch immer nur eine Ergänzung sein. "Die Hauptverantwortung der Kinderbildung und -betreuung liegt bei der öffentlichen Hand", hält Aichhorn fest.  

Von Barcelona weit entfernt

Schon 2002 legte der Europäische Rat die sogenannten Barcelona-Ziele fest, wonach unter anderem 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren bis zum Jahr 2010 einen Betreuungsplatz haben sollten. Als Parameter gelten die VIF-Kriterien, ein Vereinbarkeitsindikator für Beruf und Familie. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2023 und in der Steiermark erfüllen 27 Prozent der Gemeinden diese VIF-Kriterien. "21 Gemeinden haben gar kein Kinderbetreuungsangebot und 43 Kommunen haben nur einen Halbtageskindergarten", erklärt Patricia Berger, die für den regelmäßig publizierten Kinderbetreuungsatlas der Arbeiterkammer verantwortlich zeichnet. 

"Bei uns laufen aktuell die Telefone heiß, weil unzählige Eltern keinen Betreuungsplatz für ihr Kind haben", berichtet Patricia Berger von der Arbeiterkammer Steiermark. | Foto: Foto Fischer
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Angesiedelt sind diese Gemeinden durchwegs im ländlichen Raum, was wiederum Folgen für die demografische Entwicklung hat, wie Maria Pein von der Landwirtschaftskammer Steiermark beschreibt: "Wenn es uns nicht gelingt, auch außerhalb der Ballungsräume mehr Betreuungsangebot zu schaffen, werden die jungen Familien weiterhin in die Städte abwandern."

Kinderbildung und Imagepolitur 

Am Land sei auch punkto Bewusstseinsbildung wohl noch am meisten zu tun. Denn Frauen, die bereits früh nach der Geburt wieder in den Job zurückkehren, werden zu oft noch als Rabenmütter gesehen. Laut einer Umfrage der Julius Raab-Stiftung sind 50 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher auch im 21. Jahrhundert noch immer der Meinung, "dass es Kindern schade, wenn sie zu früh in den Kindergarten kommen", verdeutlicht Gabi Lechner, wie stark weiterhin tradierte Rollenbilder vorherrschen und was sich in Sachen Mindset noch bewegen muss. Hier bricht Julia Aichhorn wiederum eine Lanze für dieses Berufsfeld:

"Das sind pädagogische Einrichtungen, das ist wesentlich, was die Kinder dort lernen. Ganz zu schweigen von dem Signal, das da an die Elementarpädagoginnen und -pädagogen gesandt wird. Elementarpädagogik ist kein Schaden für die Kinder."
Julia Aichhorn, Junge Industrie

In dieselbe Kerbe schlägt auch Helga Ahrer (ÖGB): "Wir müssen endlich das Bild der 'Kindergartentante' ablegen. Dem Berufsstand sei mit mehr Wertschätzung und Anerkennung zu begegnen und damit einher müsse auch eine "einheitliche Entlohnung" gehen. "Die Gehälter gehören endlich steiermarkweit gleichgestellt", fordert Ahrer ein Ende des Ungleichgewichts zwischen öffentlichen und privaten Trägern. 

Fordert klar ein, dass das "Bild der Kindergartentante abgebaut werden müsse": Helga Ahrer vom ÖGB tritt für eine Imagepolitur des Berufsstands ein. | Foto: Foto Fischer
  • Fordert klar ein, dass das "Bild der Kindergartentante abgebaut werden müsse": Helga Ahrer vom ÖGB tritt für eine Imagepolitur des Berufsstands ein.
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Im Zuge der Begutachtung der Gesetzesnovelle des Kinderbildungs und -betreuungsgesetzes haben auch Sozialpartner und Industrie eine Stellungnahme an das verantwortliche Ressort von Bildungslandesrat Werner Amon eingebracht. Konkret werden vier Maßnahmen gefordert.

Diese Forderungen sind im Detail:

  • Start einer Ausbildungsoffensive, eines Mentoringprogramms und eines Pools mit Springerinnen und Springern
  • Entbürokratisierung durch den Einsatz digitaler Tools 
  • Überwindung von Grenzen und Bündelung von Kompetenzen 
  • Start einer Imagekampagne, um den Wert der Elementarbildung zu steigern

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