Informationskampagne
Weckruf der steirischen Bauernschaft

Weckruf der steirischen Bäuerinnen und Bauern: Vizepräsidentin Maria Pein, Lisa Pazek, Kammerdirektor Werner Brugner, Franz Kreuzer, Elisa Neubauer, Michael Krogger, Elisabeth Miedl und Präsident Franz Titschenbacher. | Foto: LK/Danner
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Mit bewegenden und sehr nachdenklichen Botschaften machen die heimischen Bäuerinnen und Bauern auf ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen aufmerksam. Eine Plakatkampagne verstärkt diesen Weckruf.

STEIERMARK. Die heimische Landwirtschaft gilt als Sicherheitsfaktor für die Bevölkerung, doch die Herausforderungen sind laut Landwirtschaftskammer gewaltig. „Unsere vielfältige, nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaft ist selbst in turbulenten Zeiten – russischer Angriffskrieg, voranschreitende Energie-, Preis- und Klimakrise, Corona-Pandemie, unterbrochene Lieferketten – ein verlässlicher Sicherheitsfaktor für die heimische Bevölkerung. Doch die Herausforderungen für die heimischen Bäuerinnen und Bauern sind riesengroß“, sagt Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Titschenbacher.

Sichere Versorgung nicht gewährleistet

Die davongaloppierenden Produktionskosten und die zu geringen Produktpreise, die verstärkt verlangten externen Bewirtschaftungs-Einschränkungen und die immer höheren, sich blitzartig ändernden marketinggetriebenen Standards bringen die heimische Land- und Forstwirtschaft in ärgste wirtschaftliche Bedrängnis. Eine langfristig sichere Versorgung hängt am seidenen Faden.

Franz Titschenbacher: „Unsere Bäuerinnen und Bauern wollen motiviert und nicht frustriert, zukunftsfit und nicht perspektivenlos ihre wichtige Aufgabe als Lebensmittelversorger verrichten. Doch dazu brauchen sie ehrliche Wertschätzung und dauerhaft höhere Preise.“ Und weiter: „Die Politik ist gefordert, die regionale Produktion zu ermöglichen und die internationale Abhängigkeit bei Lebensmitteln und Energie zu reduzieren.“

Jegliche Preisdeckelung bei Lebensmitteln gehen am Ziel vorbei. „Preisdeckel bei Lebensmitteln, Mehrwertsteuer-Senkung, Preiskommission und amtliche Lebensmittel-Preisregelung sind so ziemlich die schlechtesten Mittel zur Teuerungsbekämpfung“, erteilt Titschenbacher solchen Vorschlägen eine Absage. Und weiter: „Jegliche Preisdeckel gehen am Ziel vorbei, haben den Zündstoff unsere Landwirtschaft nachhaltig zu schädigen und die Klimakrise unnötig zu befeuern.“ Denn Billigstprodukte würden importiert, unsere hochqualitativen Lebensmittel müssten exportiert werden. Letztlich führt das zu einem eingeschränkten Warenangebot, erst recht steigenden Preisen und zu dauerhaft hohen staatlichen Preisstützungen. Titschenbacher plädiert daher, Menschen mit wirklich geringem Einkommen direkt zu helfen.

Steirische Bäuerinnen und Bauern sagen wo der Schuh drückt: Lisa Pazek, Franz Kreuzer, Elisa Neubauer, Michael Krogger, Elisabeth Miedl. | Foto: LK/Danner
  • Steirische Bäuerinnen und Bauern sagen wo der Schuh drückt: Lisa Pazek, Franz Kreuzer, Elisa Neubauer, Michael Krogger, Elisabeth Miedl.
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"Eine Schein-Ökologisierung"

Die EU plane laut Landwirtschaftskammer mit dem Green Deal unter anderem eine 50-prozentige Senkung beim Pflanzenschutzmittel-Einsatz und eine 20-prozentige Reduktion bei Dünger. „Diese Schein-Ökologisierung ist ein Angriff auf unsere klein- und mittelstrukturierten Betriebe, hat das Zeug eine Ernährungskrise und Schließungswelle der Höfe zu provozieren. Sie öffnet Tür und Tor für anonyme Billigst-Importe aus Nicht-EU-Staaten, die um 40 Prozent steigen würden“, ist Vizepräsidentin Maria Pein alarmiert.

Konkret zeigen Studien über die Folgenabschätzung des Green Deals, dass die Bauerneinkommen bei unverhältnismäßig hohen Auflagen im Schnitt um 16 Prozent, die landwirtschaftliche Produktion um zehn bis 20 Prozent, teils sogar um bis zu 30 Prozent zurückgehen und die Lebensmittelpreise für die Bevölkerung um zwölf bis 17 Prozent steigen. 

Großflächige Plakataktion

Mit einer Info-Kampagne wollen sich die heimischen Bäuerinnen und Bauern in der Öffentlichkeit Gehör verschaffen. Die Sommer-Kampagne der Landwirtschaftskammer mit 650 Großplakaten und Transparenten, die bis Ende September in allen Teilen der Steiermark affichiert sind, ist ein Weckruf an die Bevölkerung, den Handel, die Lebensmittelverarbeiter und an die Politik. Mit Aussagen wie ´Schutz fürs Vieh´, ´Faire Preise´, ´Aktive Waldbewirtschaftung´, ´Wert von Lebensmitteln´, ´Fairness am Markt´, ´Regionale Versorgung´, ´Sichere Versorgung´, ´Faire Bedingungen´ sprechen die Bäuerinnen und Bauern offen an, wo der Schuh drückt und treten damit in einen vertiefend-realistischen Dialog mit der Bevölkerung.

Stimmen der steirischen Bäuerinnen und Bauern:

Franz Kreuzer: Wolf richtet Tierleid an – wo bleibt in diesem Zusammenhang das Tierwohl für meine Rinder? | Foto: LK/Danner
  • Franz Kreuzer: Wolf richtet Tierleid an – wo bleibt in diesem Zusammenhang das Tierwohl für meine Rinder?
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Franz Kreuzer, Alm- und Bergbauer im Donnersbachtal,[/b] Biobetrieb. Mit Gattin Maria und Sohn Gregor mit Partnerin Christine betreut Franz Kreuzer auf der Bayreuth-Alm (1.250 Meter Seehöhe) 15 Milchkühe. Auf der 1.500 Meter hoch gelegenen Glattalm versorgt er sechs Stück eigenes Jungvieh sowie die 20-köpfige Mutterkuhherde seines Nachbarn. „Ich mache mir große Sorgen, weil das Einkommen trotz der vielen Arbeit immer weniger wird. Obwohl wir große Idealisten sind, bringt uns diese Situation in große finanzielle Bedrängnis. Wir stellen hochwertige, beste Lebensmittel her und legen großen Wert auf Tierwohl.“ Und weiter: „Mit diesem großen Widerspruch kann ich nicht leben: Wir schauen mit viel Liebe auf das Wohl der Tiere – doch das Raubtier Wolf darf unsägliches Tierleid anrichten! Wo Weidewirtschaft und Tourismus vorherrschen, hat der Wolf keinen Platz.“

Elisabeth Miedl: 5,70 Euro Stundenlohn als Milchbäuerin ist extrem niedrig. | Foto: LK/Danner
  • Elisabeth Miedl: 5,70 Euro Stundenlohn als Milchbäuerin ist extrem niedrig.
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Elisabeth Miedl, Bergbäuerin Oberwölz. Bewirtschaftet gemeinsam mit Ehemann Bernhard, Sohn Christoph und Schwiegertochter Sabine 15 Hektar steilste Flächen und betreut 22 Milchkühe und 15 Stück Jungvieh in Laufstall und Weidehaltung: "Mich deprimiert, dass ich für meine hochwertige Bergbauern-Milch so wenig bezahlt bekomme. Hingegen sind die Kosten für Strom, Energie und für Stallbauten unvorstellbar hinaufgeschossen – mein Stundenlohn als Milchbäuerin von 5,70 Euro sowie mein Monatseinkommen von 1.026 Euro sind extrem niedrig. Wir haben nur dann eine Perspektive und Zukunft, wenn wir für unsere Produkte faire Preise vom Lebensmittelhandel erhalten. Sehr besorgt bin ich, dass unsere hochwertigen Produkte vom Lebensmittelhandel durch ausländische Billigstprodukte ersetzt werden."

Michael Krogger: Plädoyer für regionale Produkte. | Foto: LK/Danner
  • Michael Krogger: Plädoyer für regionale Produkte.
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Michael Krogger, Direktvermarkter, Mönichwald. Bewirtschaftet gemeinsam mit Ehefrau Martina, seinen Eltern und Brüdern einen Grünland- und Ackerbaubetrieb. Die Milch der 40 Kühe verarbeitet Familie Krogger gänzlich am Hof zu Joghurt, Sauerrahm, Konsummilch, Schlagobers und Frischkäse und verkauft diese im Umkreis von 100 Kilometer: "Als Direktvermarkter bin ich auch in schwierigen Zeiten ein sicherer und verlässlicher Lebensmittelversorger. Ich freue mich, wenn unsere hochwertigen Produkte Wertschätzung erfahren. Leider sind für alle die Zeiten nicht einfach. Aber wenn wir regional einkaufen, hat das für alle einen positiven Effekt: Die Kunden profitieren vom hochwertigen Produkt, Umwelt und Klima von den kurzen Wegen, die Region von zusätzlichen Arbeitsplätzen, das Geld bleibt in der Region und fließt nicht ins Ausland ab."

Manuela Wagner, Obstbäuerin in Mitterdorf/Weiz. Sie kultiviert auf 15 Hektar Äpfel und auf einem Hektar Marillen. Gelagert werden sie im hofeigenen CA-Lager, sortiert und verpackt wird ebenfalls am Hof. Marillen und Äpfel werden direkt an die Kunden und an den Großhandel verkauft: "Arbeit und Qualität haben ihren Wert und die Bevölkerung kann auf die hohen und streng kontrollierten Qualitätsstandards bei unserem Obst vertrauen. Wer bewusst regionale, hochwertige Lebensmittel einkauft tut sich selbst und seinem Körper etwas Gutes. Mein Appell: Gib dem Körper etwas Gutes, um lange fit und gesund zu bleiben. Die Preisdrückerei und Geiz ist Geil-Mentalität des Handels bringt uns aber an den Rand der Wirtschaftlichkeit – unsere Zukunft zerrinnt."

Elisa Neubauer: Der Ursprung eines jeden Lebensmittels ist der Bauernhof – darauf wird geflissentlich vergessen. | Foto: LK/Danner
  • Elisa Neubauer: Der Ursprung eines jeden Lebensmittels ist der Bauernhof – darauf wird geflissentlich vergessen.
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Elisa Neubauer, Ackerbäuerin und Zuchtsauenhalterin, St. Peter/Ottersbach. Bewirtschaftet den Betrieb gemeinsam mit ihrem Ehemann Johannes. Humusaufbau, Kreislaufwirtschaft, Blühflächen und Tierwohl sind für die junge Bauernfamilie eine Selbstverständlichkeit: "Mich stimmt sehr nachdenklich, dass wir nur dann Hoch im Kurs liegen, wenn Versorgungsengpässe drohen. Wir geben tagtäglich, wenn nötig sogar 24 Stunden und das jahrein und jahraus unser Bestes – leider lässt die Wertschätzung immer mehr zu wünschen übrig. In Erinnerung rufen möchte ich, dass der Ursprung eines jeden Lebensmittels am Bauernhof beginnt, und jede Österreicherin sowie jeder Österreicher somit täglich etwa fünfmal mit der Bauernschaft in Kontakt ist. Eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln ist aber nur dann möglich, wenn die bäuerlichen Familienbetriebe bestehen bleiben."

Lisa Pazek: Regionale Versorgung hängt am seidenen Faden. | Foto: LK/Danner
  • Lisa Pazek: Regionale Versorgung hängt am seidenen Faden.
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Lisa Pazek ist Kosmetik-Meisterin, hat 2020 umgesattelt und ist Freilandhennen-Halterin geworden. Gemeinsam mit Partner Michael betreut sie in St. Stefan/Rosental knapp 6.500 Legehennen. Die Eier werden an ein Eier-Vermarktungsunternehmen verkauft: "Die Preisexplosion bei Futter, Strom, Energie, Wasser und Stickstoff sowie die extreme Trendumkehr beim Konsum hin zu Billigsteiern hat uns kalt erwischt und bringt uns in wirtschaftliche Bedrängnis. Massiv gestiegene Ausgaben bei sinkenden Preisen und Einnahmen – das geht sich einfach nicht aus. Ich will aber unbedingt weitermachen und ermutige Bäuerinnen und Bauern innovativ zu sein und die kleinstrukturierten Höfe zu erhalten."

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