Frauen im Fokus
Benachteiligung – Eine Welt designt nur für Männer?

Frauen sind bei Tests mit Crashtest Dummys nicht vertreten. Die Dummys entsprechen so gut wie immer dem Durchschnittsmann. Mit der Folge, dass das Rückhaltesystem bei Autos für Frauen gar kontraproduktiv sein kann.  | Foto: Shutterstock
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  • Frauen sind bei Tests mit Crashtest Dummys nicht vertreten. Die Dummys entsprechen so gut wie immer dem Durchschnittsmann. Mit der Folge, dass das Rückhaltesystem bei Autos für Frauen gar kontraproduktiv sein kann.
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Ist die Welt für Männer designt? Wenn man genau hinsieht, gibt es einige Situation im Alltag, die für Frauen mit Nachteilen verbunden sind, für Männer weniger. Doch nicht nur Benachteiligung sondern auch gezieltes Marketing, das die Stereotypen von Frauen noch mehr hervorhebt, ist an der Tagesordnung.

Paradebeispiel: Crashtest-Dummys

Am ehesten verdeutlicht, wird das dominierend männliche Design, beim Rückhaltesystem im Auto. Airbags und Gurte sind für Männer konzipiert. So zeigen Studien, dass bei Autounfällen Frauen bis zu 47 Prozent öfter Verletzungen erleiden und sogar mehr als 70 Prozent schlimmer als Männer. 
Die Erklärung: Die Rückhaltesysteme werden mit Crashtest-Dummys geprüft, auf Basis dieser Ergebnisse verbessert – und obwohl es männliche und weibliche Dummys gibt, die also in Größe, Gewicht, Knochenstabilität und so weiter den verschiedenen Geschlechtern entsprechen, werden die weiblichen nur selten in Anspruch genommen. Der Grund: Von der EU ist das noch nicht vorgeschrieben.
Grundsätzlich gibt es keine Informationen darüber, wie das Test-Verhältnis von männlichen/weiblichen Dummys ist.

Frauen sind besonders wegen ihrer anderen Anatomie, ihres zarteren Knochenbaus und der weniger ausgeprägten Muskeln besonders verletzungsgefährdet, vor allem mehr als Männer.  Dies gilt insbesondere bei Nackenverletzungen wie Schleudertrauma, die doppelt so häuft wie bei Männern vorkommen. Gewisse Test zeigen sogar, dass das gängige Rückhaltesystem gar kontraproduktiv für Frauen sein könnte.

Männlich konzipierte Räume

So gut wie jede Frau kennt es, wenn es um öffentliche Toiletten geht: eine Warteschlange, da erst einmal alle Kabinen besetzt sind. Männer- und Frauentoiletten nehmen gleich viel Platz ein, dennoch finden pro Quadratmeter mehr Pissoirs Platz als Toilettenschüsseln für Frauen. Dabei müssen Frauen im Schnitt häufiger zur Toilette und brauchen schlichtweg mehr Platz (Hose öffnen und runter lassen braucht einfach mehr Platz und Zeit als sich hinstellen und den Reisverschluss öffnen). 
Letztendlich räumen Architekten Männertoiletten aber immer noch genauso viel Platz ein wie Frauentoiletten. Für Männer gibt es aber letztendlich mehr Möglichkeiten, ihr Geschäft zu erledigen. Im Durchschnitt dürfen sich die Herren über 20 bis 30 Prozent mehr Kapazitäten freuen.

Doch die Toiletten sind nur eines von vielen Beispielen. So ist die durchschnittliche Österreicherin 1,65. Damit kommt sie nicht an die oberen Supermarktregale und auch die Standardhöhe der Küchenarbeitsplatte ist für sie zu niedrig. Schiebetüren können sie nicht optimal erfassen und wenn sie Schminke an den Augen trägt, funktioniert eine VR-Brille schlechter. Bleiben wir bei der Technik: So wurde rausgefunden, dass Bilderkennungsalgorithmen Bilder von Frauen oft anzüglicher beurteilen. Solche Bilder werden oft von Online-Plattformen gelöscht. Die Folge: die Sichtbarkeit von Frauen im Netz nimmt ab.
Smartphones sind ebenfalls für durchschnittliche Männerhände konzipiert und die Durchschnittstemperatur in Büros ist auf Männer angepasst, so dass viele Frauen eigentlich frieren, während sich die männlichen Kollegen pudelwohl fühlen. 

Smartphones sind ebenfalls für die Hände von Männer konzipiert. | Foto: unsplash/Paul Hanaoka (Symbolbild)

In Österreich sorgte in den vergangene Jahren auch der sehr kritisch betrachtet AMS-Algorithmus für Aufsehen. Dessen geplanter österreichweiter Start wurde Anfang Jänner 2021 untersagt. Die Diskriminierung war offensichtlich: Ein Algorithmus sollte darüber entscheiden, wer Betreuungszeit und Fördergeld beim AMS bekommt. Frauen werden gleich doppelt benachteiligt: Sie erhalten zunächst aufgrund ihres Geschlechts einen Abzug von 0,14 Punkten. Außerdem werden für Betreuungspflichten 0,15 Punkte abgezogen – diesen Abzug sieht der AMS-Algorithmus nur für Mütter, nicht aber für Väter vor.

Das negativ Beispiel: Marketing auf Pink

Doch die Welt ist nicht nur für Männer designt, es geht noch besser: Design für Frauen aber teurer und in Klischee-Pink. So wird zum Beispiel Werkzeug einfach in ein grelles Pink getaucht, etwas kleiner gemacht und gleichzeitig in eine Farce verwandelt. 
Verpackungen werden zart, blumig und mit Pastelltönen gestaltet. Dafür zahlt man gleich mal ein paar Euro mehr. Männer erhalten ein maskulines und eher zurückhaltendes Design, das keinen Aufpreis verlangt. Das beste Beispiel dafür: Rasierer. Das nennt man auch die sogenannte "Pink Tax" (zu deutsch: pinke Steuer). Es gibt also ein identisches Produkt, nur das eine ist in Pink und dafür zahlt man einen Aufschlag. 

Pinke Kopfhörer: ebenfalls ein Beispiel des Pink-Washings.  | Foto: unsplash/Vinicius "amnx" Amano (Symbolbild)

Das Pink-Marketing geht allerdings bereits im Kindesalter los. Buben spielen mit Rittern und Piraten und dürfen den Abenteurer raus lassen, Mädchen lernen spielerisch Verantwortung für soziale Beziehungen zu übernehmen, indem sie die Prinzessin im Schloss oder schlichtweg die Mutter für eine Puppe spielen.

Das Pink-Washing fängt schon im Kindesalter an. Mädchen wollen meist die "Princess"-Version der elektrischen Zahnbürste. | Foto: Königer
  • Das Pink-Washing fängt schon im Kindesalter an. Mädchen wollen meist die "Princess"-Version der elektrischen Zahnbürste.
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Doch einen Aufpreis zahlt man als Frau nicht nur, damit man das gleiche Produkt in Pink bekommt, meist geht es schlichtweg darum, dass man eine Frau ist. So geschieht es beim Friseur. Ein Frauenhaarschnittkostet beim Friseur grundsätzlich mehr. 2023 haben nicht nur Frauen lange Haare, sondern auch Männer. Doch Letztere zahlen fürs "Spitzenschneiden" weniger als Frauen. Ebenso sieht es bei Kurzhaarfrisuren aus, die ebenfalls von Frauen wie Männern getragen werden.

So oder so gibt es bezüglich Gleichberechtigung noch einiges zu tun. Und wenn es auch nur die kleinen Dinge sind, am Ende machen sie den Unterschied.

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