Kultur kurios: Wahlen #3

Kapellmeister Siegfried Teller ist in meinen Augen der herausragendste Kulturschaffende unserer Region, weil er außerberuflich ein großes und äußerst kontrastreiches soziales Feld integriert
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  • Kapellmeister Siegfried Teller ist in meinen Augen der herausragendste Kulturschaffende unserer Region, weil er außerberuflich ein großes und äußerst kontrastreiches soziales Feld integriert
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Ich habe im ersten Text zur kommenden Wahl festzustellen gehabt, daß die wahlwerbenden Parteien weitgehend ohne das Stichwort Kultur auskommen. (Ein paar kleine Ausnahmen ließen sich finden.)


Außerdem kommt der übliche Joker vor, mit dem sich Lokalpolitiker gerne über das Thema hinwegschwindeln: die Volkskultur. Da riskiert kein Mensch was, wie auch kaum ein Mensch sagen könnte, was damit gemeint sei, wofür dieses Wort Volkskultur steht.

Besonders risikofreudig zeigte sich Siegfried Meixner von der FPÖ mit seiner Betonung: „Der Volksmusik und der Volkskultur aus unserer Region muss ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.“ Man nenne mir bitte zehn Beispiele aus der Volkskulturpraxis speziell „unserer Region“, ohne erst lange suchen zu müssen, damit ich weiß, wovon die Rede ist.

Vermulich schaffen Exponenten solcher Slogans kaum fünf Beispiele etwa im Rang des exzellenten Ensembles von Christian Nell aus Gutenberg, welches ich gerne und jederzeit als Referenzgröße für die Einschätzung von Volksmusik nehme. Doch auch triviale Versionen dieses Genres sind ernsthafte Beiträge zum Thema.

Wenn die ÖVP konstatiert „Kultur schafft Heimat“, um dann zu präzisieren, daß „Volkskulturinitiativen gleichwertig“ zu unterstützen seien, weiß ich wenigstens, wovon ein aktiver Musikant wie Kulturreferent Luis Reisenhofer redet.

Die Grünen haben laut Folder „tausende Gespräche“ geführt, wobei es offenbar zu keiner Häufung des Themas Kultur kam. Deshalb drängte sich auch, wie man sieht, bei ihnen Volkskultur nicht auf. Aber der aktive Musiker Thomas Wilhelm spricht für eine „gerechte Förderung der Musikschulen“. Das kommt der Volksmusik ebenso zugute wie dem Jazz, der Klassik sowieso.

Im Wahlprogramm der SPÖ ergibt das Stichwort Kultur keinen Treffer. Das ganze Thema erschöpft sich unter der Titelzeile Wirtschaft / Bildung in genau zehn Wörtern, wovon zwei für unsere Fragestellung relevant sind: „Bildungsangebote erweitern“.

Na gut, geschenkt! Immerhin kommt bei den Neos nicht einmal eine homöopathische Dosis des Themas vor, Rot überflügelt also Rosa mit den zwei Worten in diesem Genre locker.

Aber die Volkskultur. Blättern Sie die Liste der Vereine auf Gleisdorfs Website durch, erschient dieses Feld mager bis gar nicht vertreten. Ein „Singkreis Albersdorf-Prebuch“ mag gelten, einen „Bastelverein Laßnitzthal“ nehmen wir unbedingt dazu, sonst kommt ja gar nichts zusammen.

+) Die Übersicht: [link]

Den „Faschingsverein Gleisdorf“ muß man gewiß einrechnen, obwohl da das etablierter Bürgertum den Ton angibt, nicht gerade die Dienstnehmerschaft. Ganz besonders aber ist die Stadtkapelle Gleisdorf ein Bollwerk der Volkskultur. Sie schafft in meinen Augen eigentlich das Maß einiger Dinge, wenn man nach Dimensionen der Volkskultur fragt. Haben Sie schon einmal ein Abendkonzert dieses Ensembles besucht?

Erstens sind Profis wie Musikschullehrer die absolute Minorität. Zweitens spielen hier also hauptsächlich Hobbykräfte, die darauf ihre Freizeit verwenden. Drittens tun sie das auf sehr hohem Niveau, was also viel von ihrer Freizeit einfordert.

Das führt viertens in eine Vielzahl musikalischer Genres, um fünftens den Kultur-Joker auszuspielen. Dieses Ensemble repräsentiert quasi das gesamte soziale Spektrum der Stadt, denn ich sehe da vom Lehrling bis zur Bürgermeistersgattin fast alle Milieus des Gemeinwesens vertreten.

Doch in diesem Kulturereignis Stadtkapelle wird ein künstlerisches und soziales Level besetzt, das für die Volkskultur in unserer Region generell nicht typisch ist. Wenn nun die ÖVP auf eine Stärkung der Volkskultur zielt, weiß ich, welchen Teilbereich kulturellen Lebens das meint.

Was aber die FPÖ hier vertreten möchte, bleibt mir völlig unklar. Hülfe eventuell die Stimme vom FPÖ-Listenplatz Nr. 10. Adolf Karner meint: „Wir treten für unsere Traditionen, Werte und Regeln ein.“

Das lese ich gerne und würde mich ebenso gerne einmal mit Herrn Karner angeregt über Österreichs Sozialgeschichte und Kulturgeschichte austauschen, woher wir ja unsere Vorstellungen von Traditionen, Werten und Regeln beziehen, vor allem eine Idee, was das „Unsere“ sei.

Ich freue mich immer über sachkundige Gegenüber in diesen Fragen, denn sie begegnen mir selten.

Wenn freilich die ÖVP konstatiert: „Vereine und Volkskultur sind wichtige Träger unseres Heimatgefühls und helfen uns, als ‚Neues Gleisdorf’ beim Zusammenwachsen“, möchte ich auf jeden Fall leise Zweifel deponieren, werde mich aber gerne angenehm überraschen lassen.

Ich nenne die Gründe für meinen Zweifel. Kein regionaler Verein kann sich in seinen Beiträgen zu Identitätsfragen und „Wir-Gefühl“ mit dem messen, was Boulevardpresse, Werbeagenturen und Fernsehprogramme in der Hinsicht an uns bewirken.

Ich sähe gerne das regional gesamt verfügbare Kulturbudget eines Jahres für kulturelle Aktivitäten der Basis, der Bürgerinnen und Bürger, bloß mit dem verglichen, was heuer an Budgets in City-Managements, Marketingbüros und Zeitungsverlage gesteckt wurde, um diese Gemeinderatswahl zu illuminieren.

Liebe Leute! In diesem Zahlenspiel verkäme selbst das kühnste Herausstreichung des Wertes der Volkskultur zum unhörbaren Gestammel.

Folgen Sie mir bitte weiter zu manchen Fortsetzungen, ich werde mich da auch noch etwas detaillierter auf das Thema Volkskultur einlassen.

+) Die Serie "Kultur kurios" [link]

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