A schene Leich. Gestorben wird immer.

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Die WOCHE besucht Johann Strobl, für den der Tod 35 Jahre lang Beruf und Alltag war.

Pompfüneberer als Hauptdarsteller. Im Fernsehkrimi wirft der Kommissar stets nur einen letzten Blick auf den Toten, dann schließt der Bestatter den Reißverschluss vom Leichensack oder den Deckel vom Sarg. Er, der Bestatter mit seinem dunkelgrauen Kombi und dem Polystyrol-Schrein, ist am Tat- oder Unfallort im Film meist nur Nebendarsteller. Wie geht es den Menschen, die in der Realität die Aufgabe des Sargträgers, des Leichenwäschers erfüllen?

Unterhaltungsmusik und Tod

Schon mit 9 lernt Johann Strobl Tuba, mit 11 beginnt er bei der Blasmusikkapelle und mit 13 bei den später sehr erfolgreichen „Thannhausner Musikanten“ zu spielen. 1984, nach Tischlerlehre und Bundesheer, bewirbt er sich um eine Stelle als Totengräber und ist fortan für den Friedhof in Weiz zuständig. 25 Jahre lang kümmert er sich um Gräber und Gruften. “Pflege und Instandhaltung gehören da dazu”, erklärt Strobl, “aber natürlich auch das Graben.” Und er ergänzt: “Alles händisch, nur mit Schaufel. Der erste Bagger kam erst 1996.” Den Job als Totengräber beschreibt Strobl als einen, der kräftige Muskeln und noch kräftigere Nerven voraussetzt: “Diesen Beruf kann selbstverständlich nicht jeder machen. Manche probieren ihn, kapitulieren dann aber, kündigen oder fangen an zu trinken.” Es gebe Friedhöfe, so erzählt Hans Strobl, die lehmige Böden haben. “Da verwest nichts, weil kein Sauerstoff dazugelangt. Kommst Du unten am Sarg an, so ist dieser noch zur Gänze erhalten. Öffnest du den Deckel, schaut dich der Maxi an, wie vor 30 Jahren, als er in den Sarg gelegt wurde, die Kameradschaftsbundkrawatte noch um den Hals.”
Humor ja, Pietätlosigkeit nein
2009 wechselt Hans gewissermaßen branchenintern den Job: Er wird vom Totengräber zum Bestatter. "Zuerst das Ausheben von Gräbern, das Umbetten von Toten, später der Abtransport von Mordopfern und Suizidfällen, dazu Waschen, Aufbereiten, Ankleiden von Leichen”, so umreißt Johann Strobl aus Albersdorf das, was für ihn bis zu seiner Pensionierung vor einigen Jahren täglich gelebte Praxis war.
Nach dem Ablauf eines klassischen Arbeitstages gefragt, erzählt Hans: “In der Früh zuerst in die Krankenhäuser und Altenheime - zu den Hauptlieferanten also.” Strobl lacht. Und er sagt: “Humor ist gut und richtig in diesem Beruf, pietätlos aber darf man nie sein!” Für Strobl und den Großteil seiner Kollegen seien die Verstorbenen keine Nummern, kein Arbeitsmaterial, sondern einfach Menschen. “Das macht den Unterschied zwischen dem Bestatter und dem Entsorger aus.”

Keine psychologische Betreuung

Die Tätigkeit als Unterhaltungsmusiker sei für Strobl kein Widerspruch, sondern Ausgleich. Zigtausende Tote auf der einen, zigtausende Bühnenauftritte auf der anderen Seite.” Den Beruf des Totengräbers oder Bestatters könne nur der Mensch machen, der Job und Privates trennen könne. “Wenn ich den Dienstwagen am Abend abgestellt hatte, war Schluss mit Job. Wer die Erlebnisse in diesem Beruf nicht verarbeiten kann und mitnimmt in die Familie, ist in der falschen Branche tätig.” Und Erlebnisse, die in Erinnerung bleiben, seien zahlreich, so Johann Strobl, der an dieser Stelle wieder mit einer Prise Humor erzählt: “Bleivergiftungen sind nicht schön anzusehen, auch nicht, wenn jemand ins Lasso gesprungen ist.” Gemeint sind Erschießung und Erhängung. "Auch Einsätze, bei denen der Verstorbene ein Freund oder ein Kind ist, gehen einem nahe."
Psychologische Betreuung für Bestatter gebe es aber nicht, so der Weizer. “Polizei, Rettung, Feuerwehr, alle können diese Hilfe in Anspruch nehmen, wir Bestatter nicht.”

Tod und Leben

Ganz weg vom Beruf ist Johann Strobl trotz Pensionierung nicht, denn nach wie vor ist er als Trauerredner tätig. “Vor einigen Jahren habe ich die Ausbildung gemacht, seitdem kümmere ich mich um die zeremonielle Gestaltung von Beisetzungen und Abschiedsfeierlichkeiten.” Hauptsächlich Menschen, die zu Lebzeiten ohne religiöses Bekenntnis, von der Kirche ausgetreten oder keine Christen waren, werden auf ihrem letzten Weg von Johann Strobl begleitet. "Das macht mir Freude. Ich besuche die Angehörigen zuhause, lasse mir Lebenslauf und besondere Ereignisse im Leben des Verstorbenen erzählen und gestalte dann eine würdevolle Feier.

Auch bei der Blasmusik ist Hans noch, auch dort kümmert er sich bei Auftritten um die Moderation. Mit Leidenschaft, wie Hans sagt. Tod und Leben. Er selber, so sagt er, wird einmal verbrannt werden. Nach dem Warum gefragt, meint er lakonisch: "Ich zahl ja schon mein Leben lang dafür ein, das soll nicht umsonst sein …"

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