Gleisdorf
Über die Jugend lästern?
Mir scheint, das ist gerade wieder sehr populär. Dieses zänkische Verallgemeinern. Die Jungen sind dies. Die Jungen sind das. Faul. Verwöhnt. Frech. Okay... „Die Jugend“ gibt es sowieso nicht, aber sicher „solchene und solchene.“
Nun ein milder Abend nach einem heißen Septembertag. Ich war zur Schillerstraße unterwegs, um nachzuschauen, wie weit die neue Brücke über den Gleisbach gediehen ist. An der tiefen Künette, welche in die Bürgergasse biegt, traf ich Altmeister Hansi Grimm, der wie üblich in bemerkenswertem Outfit unterwegs war.
Wir unterhielten uns über das Leben und was einen derzeit beschäftigen kann, als neben uns ein Youngster auf seinem Fahrrad einbremste. Der Bub, vermutlich irgendwo zwischen zwölf und sechzehn, fragte mich, ob ich etwas geschenkt annehmen würde. Was? Einen kühlen Drink. (Das mußte mich noch nie jemand zweimal fragen.)
Ich nahm also an und bedankte mich. Wir fragten den Jugendlichen nach seinem Grund für das Präsent mit diesem Hauch von Kälte, der die Dose überzog. (Überdies zuckerfrei. Sehr aufmerksam!) Vielleicht ein soziales Experiment? Wir erfuhren, er habe sich mehr gekauft als er durstig sei. Und weg war er.
Ich sagte zu Hansi: „Der Bub hat mich womöglich angeschaut und ist zum Schluß gekommen: der alte Mann braucht eine Stärkung.“ Da lächelte der versierte Gastronom. Ich denke, wir beide flanieren innerhalb des Potentials unseres Kräftehaushaltes, ohne uns dann heimschleppen zu müssen.
Meine Erfahrung sagt, es gibt Legionen sehr leiwander Kinder. Vielleicht haben manche meiner Mitmenschen eine Art Deppen-Magnet eingebaut. Es wird wohl auch so sein, daß ab und zu jemand auf die Welt kommt und schon ab der Geburt ein Pfosten ist, der allen in seiner Umgebung die Plomben lockern wird. In den meisten Fällen nehme ich aber an, es wirkt diese simple Faustregel: Die beste Erziehung nützt gar nichts, die Kinder machen uns trotzdem alles nach.
Oder sie nehmen uns als abschreckende Beispiele und gehen in ganz andere Richtungen. Wir leben in einer Demokratie. Da darf man freilich auch ein Trottel sein. Über solche Leute denke ich nicht lange nach. Schulterzucken. Abwenden. Aber an den sonnige Youngster werde ich mich noch lange gern erinnern.
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