Nahversorgung ist unersetzlich
Naheliegend (V): Druckdesign
Druckdesign ist eine Wortschöpfung, die sehr verschiedene Kompetenzen bündelt. Das ist ein spezieller Betrieb, in dem locker 500 Jahre Geschichte des Handwerks aufgehen, um eine Dimension auf der Höhe der Zeit zu entfalten. Sowas mag Ihnen eventuell übertrieben klingen. Aber ich kann es erklären und da werden Sie vielleicht ein wenig staunen.
Für uns sind a) das Lesen und Schreiben sowie b) der stete Fluß von Bildern und Informationen so selbstverständlich geworden, daß uns kaum je dämmert, was es dazu gebraucht hat. Medienvielfalt und die Literarität eines ganzen Staatsvolkes… das ist geschichtlich recht jung. Das war eine enorme kulturelle und soziale Anstrengung.
Für mich das Schöne daran, ich kann diese historische Tiefe geradezu riechen, wenn ich in so einen Laden hineingehe. Digitaldruck wurde das feine Ergebnis wuchtiger Technologiesprünge. Ich hab immer wieder ein wenig neidvoll auf Plotter geschielt, die wunderbare Druckwerke ermöglichen, aber sehr teuer sind. Zum Glück muß man sie nicht selbst besitzen.
Eine ihrer Besonderheiten liegt im Umstand, daß man sehr kleine Auflagen und auch Unikate noch bezahlen kann, ohne gleich an den Rand der Pleite zu rutschen. Und das bei einer inzwischen enormen Druckqualität.
Für eine regionale Kulturinitiative mit schmalem Budget ist das wunderbar. In früheren Zeiten hatte ich mich dafür mit Siebdruck vertraut gemacht. Eine vorzügliche, nun auch schon alte Drucktechnik, die freilich einigen Aufwand verlangt.
Beizeiten habe ich nicht schlecht gestaunt, daß es inzwischen Tintenstrahldrucker gibt, mit denen man nicht bloß Flachware bedrucken kann, sondern auch Gegenstände, Körper. Das geht ruckzuck. Deshalb möchte ich die alten Techniken aber nicht vergessen. Hochdruck und Tiefdruck sind magische Praktiken. Sehr physisch. Zum Angreifen, zum Riechen, aber auch ziemlich anstrengend, wenn man sich selbst an die Pressen stellt.
Ich hatte mir vor rund 40 Jahren eine Offset-Presse gekauft, nachdem ich diese Technik halbwegs hinbekam. Die Maschine war so schwer, daß ich eine Kellerwohnung brauchte, damit der Boden ausreichend belastbar war.
Offset-Vorläufer ist quasi die Lithographie. Falls Sie je Gelegenheit haben, sowas aus der Nähe zu sehen, nutzen Sie die Chance unbedingt. Auch das ist magisch. Ich hab das alles kennenlernen wollen; bis hin zum Rotationsdruck, wo die Setzer vorher an den irre scheppernden Linotypes ihren Job gemacht haben.
Es hat mich immer bewegt und bezaubert, verschiedene Medienformen quasi von innen heraus kennenzulernen. All die Details. Wie es gemacht wird, wie etwas entsteht, wie sich ein Werk in der Drucklegung verändert. Wer bei Druckdesign eher meiner Generation angehört, weiß natürlich, was ein Winkelhaken ist, hat mitunter selbst Texte gesetzt.
Da können als sehr viele Arten von Druckjobs erledigt werden, bis hin zur Schrift an der Wand. Plakate, Flugblätter, kleine Broschüren. Dann war da dieses Wochenende und ich mitten im Aufbauen einer Ausstellung, als ich bemerkte: irgendwas ist schiefgegangen.
Meine Mutmaßung: mittelständischer Betrieb vor Ort, kleines Team, familiäre Anteile, da ist sicher jemand auch am Sonntag mit irgendeiner Arbeit beschäftigt. So war es. Ich konnte im Hinterhof der Firma jemanden antreffen, der mir mein Print-Problem löste und mir so erheblichen Kummer ersparte.
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