AMS „Segmentierungsstrategie“
Offener Brief von Wiener Stadträten an Sozialministerin
Finanzstadtrat Peter Hanke und Sozialstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) kritisieren in einem offenen Briefes an Sozialministerin Beate Hartinger-Klein die geplante "Segmentisierung" beim AMS.
WIEN. Es geht um die vom Sozialministerium angeordnete Einführung einer „personalisierten Arbeitsmarktbetreuung“. Wer sich beim AMS meldet, soll ab 2020 mittels eines Algorithmus in eines von drei Segmenten eingeordnet werden. Diese definieren würden sich laut der Wiener Stadträte folgendermaßen definieren:
Segement A: Sehr gute Integrationschancen mit keinem oder geringen Unterstützungsbedarf - Arbeitsmarktchancen hoch
Segment B: Mittlere Integrationschancen mit zusätzlich notwendiger Unterstützung - Arbeitsmarktchancen mittel
Segment C: Geringe Integrationschancen - Arbeitsmarktchancen niedrig
Computer schätzt Arbeitsmarktchancen
Der Algorithmus würde von einem Computer festgelegt, der die Arbeitsmarktchancen schätzt. Die Parameter sind laut eines Dokuments, auf das sich die beiden Stadträte Hanke und Hacker beziehen: Geschlecht, Altersgruppe, Staatsangehörigkeit, Ausbildung, gesundheitliche Beeinträchtigung, Betreuungspflichten (nur bei Frauen), Berufsgruppe, Vorkarriere, Region
Bei der Einordnung in die Segmente sollen je nach Zuordnung Maßnahmen erfolgen. So geht es im Segment A hauptsächlich um die schnelle Arbeitsaufnahme, während im Segment B der Fokus auf Existenzsicherung / Vermittlung und Beratungszeit gelegt wird. Für das Segment C sehen Finanzstadtrat Hanke und Sozialstadtrat Hacker derzeit nur ein Ziel: Stabilisierung - jedoch keine Instrumente, die Beschäftigung als Ziel haben.
Bereits ab 19. November 2018 wäre die Einteilung in die Segmente für AMS-Mitarbeiter sichtbar, ohne, dass es für diese eine klare Handlungsanweisung gibt. Die Wiener Stadträte wollen nun wissen, ob hierbei noch zu klaren Anweisungen kommen wird.
Kritik der Stadträte
In Wien ergibt sich folgende Aufteilung in die jeweiligen Segmente:
Rund 3.800 Personen (rund 3 Prozent der Arbeitslosen) fallen in das Segment A. 53 Prozent der Arbeitslosen, bzw. rund 74.000 Personen wären im Segment B einzuordnen und 61.000 Personen, also gut 44 Prozent der Arbeitslosen, würden laut derzeitigem Stand unter Segment C fallen. Die Gemeinde Wien wirft dem Sozialministerium vor, die Arbeitsvermittlung für diese Gruppe stark einzuschränken.
"Jene, die es ohnehin schon schwer haben wie Menschen mit Behinderung und ältere Arbeitnehmer, werden aussortiert. Was mit der Abschaffung der Aktion 20.000 begonnen wurde, findet hier seine Fortsetzung.", so die Kritik von Sozialstadtrat Hacker.
Offene Fragen an Sozialministerin
Für die Gemeinde Wien ergäben sich durch diese Anordnung des Sozialministeriums folgende Auswirkungen, so die Stadträte: Durch die Segmentierung würden drei Klassen von Arbeitslosen geschaffen. Dies träfe vor allem Menschen mit Behinderungen, Frauen (mit und ohne Betreuungspflichten) und ältere Menschen (ab 45 Jahren). Die Kürzung der Fördermaßnahmen würde weiter dazu führen, dass die schon jetzt niedrigen Vermittlungschancen für diese Personen weiter sinken.
"Wozu die Bundesregierung das AMS zwingt, ist, dass die Personen im C-Segment anstatt maßgeschneiderter Unterstützung nun ein Urteil bekommen, dass ein Leben in Langzeitarbeitslosigkeit und Mindestsicherung dauerhaft festschreibt“, kritisiert Finanzstadtrat Hanke.
Man fordere nun von der Sozialministerin Antworten, welche konkreten Zielvorgaben es an das AMS gäbe. Man wolle wissen, wie viele Personen aus dem Segment C mittels "anderer Betreuungsformen" in Beschäftigung gebracht werden sollen und wie diese konkret aussehen sollen. Die Stadträte wollen wissen, ob betroffene Arbeitslose über die Gründe aufgeklärt werden, warum sie sich im Segment C befinden und ob diese auf ihren ausdrücklichen Wunsch das Segment auch wieder verlassen könnten.
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