Geld als Wohnbeihilfe
VfGH gibt Stadt Wien bei der Mindestsicherung recht
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mehrere Bestimmungen zu Sozialhilfen aufgehoben. Unter anderem, dass die Länder für die Deckung eines erhöhten Wohnbedarfs rein nur Sachleistungen gewähren dürfen. Somit sollten die Gelder bei erhöhtem Wohnaufwand direkt an die Vermieter und nicht an die Sozialhilfeempfänger überwiesen werden. Wien hat sich dagegen gewehrt. Und fühlt sich nun bestätigt.
WIEN. Das Soizalhilfe-Grundgesetzt (SH-GG) schreibt vor, dass Miete und Betriebskosten für das Wohnen für Sozialhilfeempfänger eben aus der Sozialhilfe zu begleichen sind. Sollten zusätzliche Kosten entstehen, so dürfen die Länder dies nur über Sachleistungen abgelten. Das bedeutet vereinfacht gesagt, dass Gelder nicht direkt an die betroffenen Mieterinnen und Mieter, sondern an die Vermieter direkt überwiesen werden. So hat es die türkis-blaue Regierung unter Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) 2019 beschlossen.
Das führte auch dazu, dass etwa Mindestpensionisten beim Vermieter als solche gemeldet werden mussten. Denn so ist dieser informiert, wenn diese sogenannten Sachleistungen - also die Gelder - von einer anderen Stelle überwiesen werden. Das führte zu Kritik, allen voran aus Wien. Denn wie im Wiener Mindestsicherungsgesetzt festgeschrieben, wurden die vollen Beträge für die Mieten weiterhin an die Sozialhilfeempfänger überwiesen, sodass gleichzeitig keine Meldung geschehen musste. Nun kippte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Gesetz des Bundes und bestätigt damit die Vorgehensweise der Stadt Wien.
"Dass der Verfassungsgerichtshof den Zwang zur Sachleistung des Bundesgesetzgebers aufgehoben und das Wiener Mindestsicherzungsgesetz in diesem wesentlichen Punkt bestätigt hat, bestärkt uns in unserer bisherigen Vorgehensweise. Ich freue mich besonders für die rund 8.500 Mindestpensionistinnen und -pensionisten, die wir auch weiterhin gegenüber ihren VermieterInnen nicht als MindestpensionistInnen deklarieren müssen. Ich erwarte, dass der Bundeskanzler die Kundmachung der aufgehobenen Zwangsregelungen unverzüglich durchführt", gibt sich Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) erleichtert.
Auch für Vermieter umständlich
Neben der Kritik, dass es - vereinfacht gesagt - den Vermieter nichts angehe, wie die Einkommenssituation ihrer Mieter ist, argumentierte die Stadt auch mit weiteren Punkten. So wäre dieser Passus im SH-GG auch eben für die Vermieter umständlich, denn man würde so plötzlich Zahlungseingänge aus zwei Kanälen erhalten - vom eigentlichen Mieter und der Stadt Wien.
Das Gesetz würde in der vom Bund verfassten Form zur "Stigmatisierung" der Mieter führen. Es würde den Vermietern einen zusätzlichen "Erkenntnisgewinn" über die Situation von Menschen geben. So könnten im Extremfall Mieter auch plötzlich für den Vermieter unliebsam werden. Umso größer ist nun die Freude bei der Stadt Wien, dass der VfGH dies bestätigt und in seiner Begründung dafür davon spricht, dass der Passus "sachlich nicht gerechtfertigt ist".
"Armut in Österreich halbieren"
Das Wiener Mindestsicherungsgesetz ermöglicht eine finanzielle Zuwendung im Bereich Wohnen direkt an die Betroffenen. Diese Praxis wurde nun eben als verfassungskonform bestätigt. Damit kann die Wiener Praxis im Bereich Mietbeihilfe für Pensionisten fortgeführt werden. Derzeit erhalten rund 8.500 Mindespensionsbeziehende durchschnittlich 167 Euro Mietbeihilfe pro Monat. Gleiches gilt auch für alle anderen Fälle in der Wiener Mindestsicherung, die einen erhöhten Wohnaufwand haben. Auch sie können die Mietbeihilfe weiter beziehen.
Auch wenn Hacker sich erleichtert gibt, betont er: „Unabhängig davon ist es höchst an der Zeit, dass die schwarz-grüne Bundesregierung endlich ihre Pläne vorlegt, wie sie ihr Versprechen, die Armut in Österreich zu halbieren, umzusetzen gedenkt. Mit den jüngst vom Bundeskanzler geäußerten Unterstellungen und Falschbehauptungen wird das jedenfalls nicht gelingen", erklärt der Sozialstadtrat.
"Die derzeitigen Teuerungen bei einer Inflation von über zehn Prozent betreffen die armutsgefährdeten Haushalte in unserem Land überproportional. Moderne Armutsbekämpfungspolitik muss darauf ein hohes Augenmerk legen“, so Hacker.
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