Starke Frauen braucht die Wirtschaft
Zum internationalen Frauentag ein Gespräch mit Ingrid Glauninger

30 Mitarbeiter sind bei der Montan in Kapfenberg beschäftigt. | Foto: Fotos: Andrea Stelzer
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Ingrid Glauninger ist seit 45 Jahren für die Montan Speditionsgesellschaft m.b.H tätig und seit 1997 Geschäftsführerin. Vom ersten Tag an hatte sie kein Problem, sich in der Männerdomäne durchzusetzen. Ein Gespräch über Beruf und Familie, eine Auszeichnung, die ihr keine andere Frau mehr wegnehmen kann und über Gendern, von dem sie nichts hält.

Wie lief Ihre Karriere in der Montan?
Die Montan Spedition wurde 1973 gegründet mit einem Büro in der Grazer Straße beim Mörtl. Ich besuchte die letzte Klasse der Handelsschule und die damaligen drei Mitarbeiter haben über die Schule nach Verstärkung gesucht. Ich habe mich beworben, bin zum Zug gekommen und habe es bis heute nicht bereut. Vor allem wusste ich dann sofort, warum die in der Schule für völlig nebensächlich erachteten Fächer wie Betriebskunde mit Frachtbrieferstellung usw. doch wichtig waren.

„Zum Zug“ im wahrsten Sinne des Wortes?
Ich durfte von der ersten Stunde diesen für damals relativ neuen unbegleiteten kombinierten Verkehr (UKV), also die umweltfreundliche Transportlösung kombinierter Verkehr Straße-Schiene, mit aufbauen. Das hat bei uns absolute Priorität.

Transport ist immer noch sehr männerdominiert. Ein Problem?
Nein. Ich habe mich von der ersten Stunde an wohlgefühlt und nie Probleme gehabt. Weder als junge Frau noch mit zunehmendem Alter und in der Führungsposition. Die Akzeptanz von Kollegen, Lieferanten und Kunden war immer da und ich konnte nie Unterschiede erkennen.

Heute ist Equal Pay Day, d.h. bis heute (27.2.) haben wir Frauen umsonst gearbeitet. Unterschreiben Sie das?
Nicht ganz. Ich kann nur für mein Unternehmen sprechen, da gibt es schon mal beim Kollektivvertrag keinen Unterschied bei den Geschlechtern. Und ich könnte nicht sagen, dass bei uns eine Frau in derselben Position einem Mann gegenüber benachteiligt ist. Das ergäbe für mich auch gar keinen Sinn.

Wie kommt es dann zu diesen Diskussionen?
Noch immer entscheidet sich der Großteil der Mädchen für einen klassischen Frauenberuf, wie Friseurin oder Einzelhandelskauffrau. Da fängt die Schere bereits an auseinander zu klaffen.

Sind Sie für mehr Frauen in technischen Berufen?
Ja, unbedingt, Frauen können das. Es ist wie überall, „Frau“ muss sich dafür interessieren und wollen. Wenn dann noch die Möglichkeit da ist, kann einem nichts Besseres passieren.

Macht eine Karenz den Wiedereinstieg schwer, vor allem wenn man in die Führungsebene möchte?
Das ist richtig, hat aber nicht gleich etwas mit der Führungsebene zu tun. Ich wollte am Beginn auch einfach Geld verdienen und etwas Sinnvolles machen, um mir etwas aufzubauen. Erst als das Kind auch ohne Oma sein konnte, machte ich weitere Schritte. Aber ohne einen funktionierenden Familienverbund funktioniert der Wiedereinstieg in den Beruf nicht. Ich hatte dieses Glück und dafür bin ich dankbar.

Sie sind verheiratet und haben einen Sohn. Haben Ihre Männer Ihnen jemals vorgeworfen, zu wenig zu Hause zu sein?
Ich selbst habe mich ein paar Mal ertappt, Schuldgefühle zu haben. Aber das war grundlos. Mein Sohn, der jetzt selbst schon 12 Jahre in der Firma arbeitet, war früh selbstständig und wir sind heute gegenseitig aufeinander stolz. Wir haben die Zeit außerhalb der Arbeit immer gemeinsam verbracht und die Urlaube rein auf das Kind abgestimmt. Es ist etwas ganz tolles, wenn man Beruf und Familie verbinden kann.

Gendern, ja oder nein?
Das war für mich und wird auch nie ein Thema sein. Und das sehe in unserem Betrieb nicht nur ich als Frau so.

Kann „Frau“ was anders als „Mann“?
Dass Frauen anders ticken als Männer ist bewiesen. Bei Besprechungen und Verhandlungen ist das nur von Vorteil und es hat nichts damit zu tun, ob etwas richtig oder falsch ist. Frau hat mehr das soziale Umfeld im Hinterkopf. Auch ich denke mit dem Kopf wie ein Mann und reagiere dann mit dem Herzen einer Frau. Wir sind ein durchgemischter Betrieb und das wirkt sich auch positiv auf das Betriebsklima aus.

Sie sind seit Dezember 2018 Österreichische Logistikmanagerin. Stolz?
Für mich ist es eine Anerkennung meiner 45jährige Leistung in der Branche und für das Unternehmen eine gewisse Imagesteigerung. Und eines kann mir niemand mehr nehmen: Ich bin die erste Frau bei dieser Wahl, die das siebte Mal stattfand.

Am 8. März ist Internationaler Frauentag, in einigen Ländern und heuer auch in Berlin ein Feiertag. Zurecht?
Einen eigenen Feiertag finde ich übertrieben und hier halte ich es gleich wie beim Gendern. Damals war es wichtig, z.B. damit das Wahlrecht zu erkämpfen, aber wo sind wir heute. Heute nehmen es viele nicht mehr in Anspruch. Und es wird wieder diskutiert, wie zurückgestellt oder unterbezahlt wir sind. Also sind wir eigentlich selbst schuld, wenn wir dafür oft belächelt werden.
Andrea Stelzer

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