Wandern auf sozialdemokratischen Spuren
12 Tafeln für Koloman Wallisch

- Rund 20 Wanderinnen und Wanderer begingen an einem schönen Freitagvormittag den Gedenkwanderweg.
- Foto: Tobias Graf
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Ein erneuerter Wanderweg vom Utschgraben zum Hochanger soll die unverblümte Zunft von Koloman Wallisch auf 12 Tafeln zeigen. Der glühende Sozialdemokrat wurde nach der Niederlage bei den Februarkämpfen 1934 von Austrofaschisten hingerichtet, sein Vermächtnis prägt die Obersteiermark aber bis heute.
BRUCK/MUR: Sein Vermächtnis prägt die Obersteiermark bis heute. Nach Koloman Wallisch sind Plätze in Bruck, Kapfenberg und Leoben benannt. Auf diesem in der Montanstadt vor dem Osteingang des LCS steht außerdem ein Denkmal. In Oberaich bei Bruck können sich Geschichtsinteressierte auf die Spuren des Sozialdemokraten begeben. Der seit 2004 existierende Gedenkwanderweg wurde rundum erneuert.
Widerstand erwandern
Bei T-Shirt-Temperaturen und sonnenklarem Himmel starten rund 20 Interessierte die erste Wanderung beim Santler Umkehrplatz in Utschgraben. Die äußeren Bedingungen gehen denen zu damals diametral entgegen. Damals, am 12. Februar 1934 erhoben sich österreichweit Sozialdemokraten gegen den Austrofaschismus unter Engelbert Dollfuß. Davor gegangen war dem eine Durchsuchung des Hotel Schiff in Linz, dem sich anwesende Schutzbündler widersetzt hatten. Das Gebäude war ein wichtiger Stützpunkt des paramilitärischen Arms der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP).
Im tiefsten Winter wurde primär in den Industriestädten gekämpft. Die Mur-Mürz-Furche war demzufolge ein großer Schauplatz. Der sozialdemokratische Nationalratsabgeordnete Koloman Wallisch schloss sich den Aufständischen in der Obersteiermark an. Ihnen gelang es Bruck für einen Tag unter Kontrolle zu bringen, doch der austrofaschistische Machtapparat konnte sie wieder zurückdrängen. Nach der Flucht über den Utschgraben und die Hochalpe wurde Wallisch in einem Taxi bei Ardning festgenommen. Am 19. Februar 1934 wurde er hingerichtet.

- Diese Gedenktafel erzählt die Geschichte der Februarkämpfe in Bruck an der Mur.
- Foto: Tobias Graf
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„Der Weg soll den gefallenen und hingerichteten Kämpfern gedenken. Er ist aber auch ein Instrument der Demokratie-und Menschenrechtsbildung sowie die friedenspolitische Arbeit“, sagt der Geschäftsführer der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, Christian Ehetreiber. Sie war bei der Erneuerung des Gedenkwanderwegs gemeinsam mit der Stadt Bruck federführend.
Wallischs Vita hat Fleck
Auf 12 Tafeln kann bis zum Hochanger-Schutzhaus nun das Leben von Koloman Wallisch, ergründet werden. Im ungarischen Teil der Donaumonarchie geboren, stieg er rasch in der Sozialdemokratie auf. Nach dem ersten Weltkrieg war er eine wichtige Figur bei der kurzen sozialistischen Rätediktatur in Ungarn 1919. Ein dunkler Fleck in seinem Lebenslauf. „Er kann darauf nicht besonders stolz sein und er hat sich dafür auch nie entschuldigt“, sagt der Historiker und Brucker Finanzstadtrat Werner Anzenberger dazu.

- Koloman Wallisch wurde in Ungarn geboren und engagierte sich dort 1919 für die sozialistische Rätediktatur.
- Foto: Archiv Stadt Bruck
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Die Sozialisten verfolgten politisch Andersdenkende. Doch als sie nach 100 Tagen gestürzt wurden, werden die Verfolger zu den Verfolgten. Wallisch entkam dem Terror in weiß unter Miklós Horthy mit seiner Flucht nach Österreich, wo er bei der SDAP zum Nationalratsabgeordneten aufstieg. Anzenberger verweist auf seinen Wandel: „Er hat sich in den Februarkämpfen, obwohl er gewusst hat, dass es aussichtslos ist, auf die Seite der Arbeitnehmerbewegung gestellt und mit ihnen für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat gekämpft.“
Mit Dialog zur Demokratie
Die rund zweieinhalbstündige Wanderung verläuft primär auf einer Forststraße. Die Infotafeln sind eine dankbare Auflockerung bis der Weg zur letzten Etappe auf einen technisch anspruchsvolleren Pfad durch den Wald führt. „Wir glauben ganz fest daran, dass wenn man da raufwandert, sich in einer angenehmen, dialogischen Form diese Themen vorknöpfen kann“, sagt Ehetreiber.

- Nicht allzu oft sind die Gedenktafeln in der Natur platziert. Die meisten fädeln sich entlang der Forststraße auf.
- Foto: Tobias Graf
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Das Auseinandersetzen mit der eigenen, dunklen Geschichte wird in einer Zeit voller politischer Verwerfungen und autoritärer Ideologien vor der eigenen Tür immer wichtiger. „Die Entwicklung zur damaligen Diktatur zeigt, wie fragil die Werte sind, die wir für selbstverständlich halten“, hält Werner Anzenberger fest.
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