Lockdown-Studie zeigt
Junge und Singles leiden häufiger unter Einsamkeit, als Ältere

Jugendlichen wird häufig vorgeworfen, der Corona-Pandemie zu sorglos und zu egoistisch zu begegnen. Das bestätigt eine aktuelle Paarship-Studie aber nicht.  | Foto: Anthony Tran/unsplash.com
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  • Jugendlichen wird häufig vorgeworfen, der Corona-Pandemie zu sorglos und zu egoistisch zu begegnen. Das bestätigt eine aktuelle Paarship-Studie aber nicht.
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Die Corona-Krise hat viele einsamer gemacht. Parship-Psychologin Caroline Erb gibt im Gespräch mit den Regionalmedien Austria (RMA) drei Tipps, was jeder trotz "social-distancing" gegen die Einsamkeit tun kann. 

ÖSTERREICH. Jeder vierte Österreicher beklagt, sich während den vergangenen Wochen häufig einsam gefühlt zu haben, darunter mehr Frauen als Männer. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Online-Partnervermittlung Parship zum harten Lockdown. Auffällig ist, dass doppelt so viele junge (36 Prozent) wie ältere Menschen (nur 18 Prozent) unter Einsamkeit leiden.

Junge sind Leidtragende des Lockdowns

Warum junge Menschen die Corona-Krise offenbar schlechter verkraften, erklärt Parship-Psychologin Caroline Erb im Gespräch mit den RMA: "Gerade den Jungen wurde in dieser Zeit besonders viel genommen, während die ältere Generation die Schäfchen in punkto Partnersuche, Ausbildung und Beruf häufig im Trockenen hat." Ob  Praktikumsplatz, Lehre, Studium oder Beruf oder Ausflügen mit Freunden – die junge Altersgruppe leide derzeit besonders an fehlender Perspektive. Erb erlebt in ihrer Praxis bei vielen das Gefühl, dass nach der psychischen Erholung vom ersten Lockdown wieder alles von vorne beginne: "Jetzt sitze ich wieder nur online vor Lehrveranstaltungen oder habe wirtschaftliche Sorgen", schildert die Psychologin. Wichtig sei, der Generation in dieser Zeit eine Stimme zu geben. "Es geht für junge Menschen darum, gesehen und gehört und mit ihren Emotionen ernst genommen zu werden." 

Welche Folgen hat Einsamkeit für uns?

Laut Parship-Studie fühlen sich doppelt so viele unter 30-Jährige und auch Alleinstehende einsamer, als die ältere Generation. Das Thema Einsamkeit sei schon vor Corona ein Großes gewesen. Einsamkeit ist ein psychisch belastender Zustand und kann sich auch physisch auf unser Immunsystem und unsere Anfälligkeit für Krankheiten auswirken, erläutert die Psychologin. "Es ist eine Art des chronischen Stresserlebens. Das Gegenteil davon wäre eine Oxytocin-Ausschüttung des Bindungshormons. Es fehlen Berührungen, Zärtlichkeit, dass jemand da ist und man gehört wird". Viele Menschen würden den halben Tag mit niemanden kommunizieren und im Homeoffice oder der Ausbildung alleine vorm Bildschirm sitzen, sagt Erb: "Es fehlen die realen Erlebnisse. Was wir auch sehen ist, dass im ersten Lokdown das gemeinsame Zoom-Treffen oder die Geburtstagsfeier via Skype noch lustig war. Das ist zwar besser als nichts, aber die Menschen haben die Nase voll von diesen Online-Treffen". Wichtig sei es, auch reale Erlebnisse zu schaffen.

Einsamkeit ist ein psychisch belastender Zustand und könne sich auch physisch auf unser Immunsystem und unsere Anfälligkeit für Krankheiten auswirken, erläutert Psychologin Caroline Erb. "Es ist eine Art des chronischen Stresserlebens".  | Foto: Adrian Swancar/unsplash.com
  • Einsamkeit ist ein psychisch belastender Zustand und könne sich auch physisch auf unser Immunsystem und unsere Anfälligkeit für Krankheiten auswirken, erläutert Psychologin Caroline Erb. "Es ist eine Art des chronischen Stresserlebens".
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3. Tipps gegen Einsamkeit in der Krise

In der Krise fehle vielen das Gefühl von Sicherheit und Struktur, so Erb. "Es ist wichtig, sich auch selbst bei Laune zu halten, unter Tags im Rahmen des Möglichen Highlights für sich zu schaffen und dem Tag eine Struktur zu geben." Wie man in Zeiten von Social-Distancing und wiederkehrenden Lockdown-Maßnahmen der Einsamkeit entgegenwirken kann, dafür hat die Paarship-Psychologin drei Tipps für den Alltag: 

Sie empfiehlt, offen mit Freunden und Familie darüber zu reden. "Wenn man das Gefühl hat, 'mir fällt die Decke auf den Kopf, ich schaffe es nicht mehr alleine', bitte professionelle Hilfe suchen. Es gibt hier derzeit viele tolle Angebote", appelliert sie. Es sei hilfreich, über Ängste und Probleme zu reden. "Erstens kommt man dann drauf – alle kochen nur mit Wasser – den anderen geht es ähnlich. Es ist keine Schande zu sagen, dass es mir gerade schlecht geht und ich mich einsam fühle" , sagt Erb.

Zweitens: Aktiv bleiben und regelmäßig an die frische Luft gehen. "Wenn es nur eine viertel Stunde am Tag ist, wo man schnell einen Freund outdoor trifft und gemeinsam eine Runde dreht." Die Psychologin empfiehlt mit Sport und Ernährung auf sich zu achten, "und sich gutes tun, ob das ein schöner Blumenstrauß ist oder etwas gutes zu kochen"

Das dritte, wichtige Thema, sei Struktur in den Alltag zu bringen, "dass man einen Ablauf hat und weiß, hier sind die Grenzen zwischen Arbeitsleben, Alltag und Wochenende nicht fließend. Und sich vielleicht für jeden Tag etwa ausmachen, ob es nur ein Telefonat ist oder ein Videochat, eine Realbegegnung, ein gemeinsamer Spaziergang. etc. "

Jugendliche mehrheitlich solidarisch

Jugendlichen wird häufig vorgeworfen, der Corona-Pandemie zu sorglos und zu egoistisch zu begegnen. Das bestätigt die aktuelle Studie aber nicht. Die absolute Mehrheit der Jungen zeige sich mit den Corona-Maßnahmen und der älteren Generation solidarisch, erklärt Erb. "Den meisten jungen Menschen ist bewusst, warum wir das machen. Natürlich gibt es einen kleinen Prozentsatz, der sich nicht daran hält und vielleicht verantwortungslos handelt. Das ist aber eine Minderheit", betont die Psychologin.

Partner ist in der Krise wichtige Stütze

Interessant ist dass es laut Studie nur bei 13 Prozent der Paare im Lockdown zu mehr Streit gekommen ist. 12 Prozent bestätigten, dass der Lockdown eine große Belastungsprobe für die Beziehung gewesen ist. "Die Mehrheit hat das Gefühl, dass der Partner eine wichtige Stützei ist", so Erb. "Eine Krise gemeinsam zu meistern, kann eine Beziehung auch stärken". Wichtig sei es, sich nicht ständig als Paar ins Gehege zu kommen: "Formulieren, was brauche ich, was stört mich, wo kann aber auch jeder mithelfen".

1.503 Österreicherinnen und Österreicher wurden im Zeitraum von 19.-26. November für die Paarship-Studie befragt.

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