Bestattung-Wien-Profi Florian Keusch
"Ich will, dass der Tod schnell kommt"

"Ich will, dass der Tod schnell kommt", steht Herausgeber Florian Keusch seinem eigenen Ableben gelassen gegenüber. Das empfiehlt er übrigens auch anderen Menschen: "Mein Tipp wäre es, sich dosiert mit dem eigenen Tod zu beschäftigen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, solange man noch gesund und unbeschwert ist. Dann fällt es vielleicht leichter, das Unvermeidliche später zu akzeptieren." | Foto: Burghart/ zVg
3Bilder
  • "Ich will, dass der Tod schnell kommt", steht Herausgeber Florian Keusch seinem eigenen Ableben gelassen gegenüber. Das empfiehlt er übrigens auch anderen Menschen: "Mein Tipp wäre es, sich dosiert mit dem eigenen Tod zu beschäftigen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, solange man noch gesund und unbeschwert ist. Dann fällt es vielleicht leichter, das Unvermeidliche später zu akzeptieren."
  • Foto: Burghart/ zVg
  • hochgeladen von Manuela Tiefnig

"Schluss. Aus. Vorbei?" lautet der Titel des neuen Buches von Florian Keusch über das Sterben und den Tod - und er muss es ja wissen: Der Wiener (arbeitete u.a. als Marketingexperte bei Bestattung Wien) hat für sein Werk Promis wie Peter Rapp, Toni Faber oder Lisz Hirn zu Wort kommen lassen. Im Talk mit MeinBezirk.at verrät er, warum ihn Rock-Konzerte bei Begräbnissen nicht überraschen, warum er nicht nur an Allerheiligen an seine lieben Verstorbenen denkt - und welchen Tipp er im Umgang mit dem Tod gibt.

ÖSTERREICH. Darf der Tod auch lustig sein? Wenn es nach dem neuen Buch von Herausgeber Florian Keusch geht, lautet die Antwort: Der Tod darf alles. Ab 7. Dezember dürfen Leserinnen und Leser eintauchen in eine Welt, in der Promis in "Schluss. Aus. Vorbei?" ihre Geschichten zum Thema Sterben auspacken. Etwa, warum Toni Faber erst durch den Tod zum Priester wurde oder was Peter Rapp für seinen Abschied plant. Vorab gab Keusch, der selbst seit vielen Jahren für das Marketing der Bestattung Wien und für das Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof verantwortlich ist, im Interview interessante Einblicke in das Thema Tod. Der Talk mit dem gebürtigen Wiener.

MeinBezirk.at: Herr Keusch, zu Beginn eine Frage, die uns wohl alle beschäftigt: Was bedeutet Glück für Sie?
Florian Keusch: Glück bedeutet für mich, mich mit anderen Menschen tiefgehender austauschen zu können, verstanden zu werden und mich im Austausch mit anderen und einer gewissen Selbstreflexion weiterzuentwickeln. Für mich ist auch der Humor und "lachen zu können" enorm wichtig. Auf der Stelle zu treten, wäre für mich das Gegenteil von Glück.

Ein Thema, das auch an niemandem spurlos vorüber geht, ist das Sterben. Sie sind seit vielen Jahren im Bestattungswesen tätig. Wie viel Tod kommt in Ihrem Alltag vor?
Sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass jedes Lebewesen irgendwann sterben muss, hat die Tätigkeit in einem Bestattungsunternehmen sicher beschleunigt. Die natürliche Distanz zu Todesfällen, die nicht das unmittelbare Umfeld betreffen, ist jedoch wichtig. Nachdem ich selbst auch den Vorbereitungskurs und die Prüfung zum Bestatter absolviert habe, war ich auch unmittelbar mit dem Tod konfrontiert - besser gesagt, mit den Verstorbenen. Waschen, anziehen, kämmen, umbetten. Dinge, die wichtig sind, damit der oder die Verstorbene würdig verabschiedet werden kann. Für mich war das wichtig, damit ich auch nachvollziehen kann, wie es den Kolleginnen und Kollegen geht, die diese Arbeit tagtäglich machen und ein besseres Gefühl dafür bekomme.

Oft schon gehört, aber von einem Profi wie Ihnen würde ich gerne hören: Warum muss der Tod denn Wiener sein?
Wien hat einen ganz besonderen Umgang mit dem Tod. Es gibt allerdings, gerade im Bereich der Trauerfeiern und der Trauer selbst einige Städte oder Länder, die sehr besonders sind. Wien geht mit dem Tod oft humorvoll um. Auch die Trauerfeiern ändern sich. Mittlerweile ist es nichts mehr besonderes, wenn alle in Weiß kommen, selbst ein "Rock Konzert" anlässlich der Verabschiedung eines Bandmitglieds gab es schon auf dem Wiener Zentralfriedhof. Das Wichtigste ist immer - die Trauerfeier muss dem oder der Verstorbenen gerecht werden und es muss für die Angehörigen passen. Der Totenkult in Wien hat viele Facetten - von den imposanten Grabmälern auf dem Wiener Zentralfriedhof, über die Beisetzungsriten der Habsburger bis hin zu außergewöhnlichen Trauerfeiern. Der Tod lebt in Wien hoch.

Sie haben mit Ihrem Buch viele Promis zum Thema Tod zu Wort kommen lassen. Welche Geschichte ist Ihnen denn am meisten in Erinnerung geblieben/ nahegegangen/ hat Sie am meisten erheitert – und wieso?
Ich finde die Unterschiede so spannend. Das manifestiert sich in den verschiedenen Riten der diversen Religionsgemeinschaften, die dann doch auch oft Gemeinsamkeiten haben, über Menschen, die oft mit dem Tod zu tun haben, aber sehr ungern über ihren eigenen Tod sprechen möchten bis hin zu Zugängen, die man so nicht erwarten würde. Zum Beispiel im Hospiz, wo man Menschen einen schönen Abschied bereiten möchte. Wenn man es sich aussuchen könnte, würde man wohl auch lieber mit positiven Gefühlen sterben, als in völliger Agonie. Und ganz besonders habe ich mich über den Beitrag von Moderatorenlegende Peter Rapp gefreut, den ich persönlich auch sehr schätze. Er hat in seinem Beitrag sogar seine eigene Trauerfeier auf humorvolle Art und Weise geschildert. Ich habe selten einen so entspannten Menschen in Bezug auf den eigenen Tod kennengelernt.

Florian Keusch, Experte bei Bestattung Wien, mit Entertainer-Urgestein Peter Rapp - der 79-jährige Wiener steuerte fürs Buch "Schluss. Aus. Vorbei?" eine Geschichte bei (ab 7. Dezember). | Foto: Joham/ zVg
  • Florian Keusch, Experte bei Bestattung Wien, mit Entertainer-Urgestein Peter Rapp - der 79-jährige Wiener steuerte fürs Buch "Schluss. Aus. Vorbei?" eine Geschichte bei (ab 7. Dezember).
  • Foto: Joham/ zVg
  • hochgeladen von Manuela Tiefnig

Wie verbringen Sie Allerheiligen und Allerseelen, wo wir an unsere lieben Verstorbenen besonders denken?
Ich persönlich denke alle paar Tage an geliebte Menschen, die uns vorausgegangen sind. Ich brauche dazu keinen speziellen Tag. Das ist natürlich nur meine persönliche Einstellung. Generell denke ich - das Wichtigste ist die Erinnerung. Niemand will vergessen werden. Wie diese stattfindet, ist eigentlich nicht so wichtig.

Können Sie sich erinnern, wann Sie das erste Mal mit dem Tod und/ oder Sterblichkeit in Berührung gekommen sind? Wie war das?
Im Laufe des Lebens kommt sicher fast jeder Mensch mit dem Tod in Berührung. Es gibt Situationen, da meint man, es war "haarscharf". Meine erste "Berührung mit dem Tod" war sicher, als meine Großmutter verstorben ist. Das Gefühl war weniger "Ich-zentriert" als ich erwartet hätte. Ich hatte viel mehr Mitgefühl für meine Mutter und die weiteren direkten Angehörigen meiner Großmutter und fühlte ihren Verlust. Für mich ist der Tod fixer Bestandteil der Existenz bzw. deren Ende. Die Art des Sterbens ist, denke ich, eher die Frage, die viele beschäftigt. Kurz und schmerzlos wird sich wohl jede und jeder für sich wünschen.

In Österreich ist der Tod meiner Meinung nach mit einer gewissen Schwere verbunden. Die Begräbnisse sind schwarz, die Musik ist schwer, es herrscht eine Stimmung der Trauer. In anderen Religionen wird der Tod aber anders in Empfang genommen. U.a. in Benin, wo der Tod gefeiert wird. Ihre Gedanken dazu?
Das ändert sich durchaus, zumindest in Wien. Die strenge Etikette bei Begräbnissen lockert sich schon auf. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, den Abschied zu gestalten. Viele Grabarten, viele Möglichkeiten den Abschied zu feiern. Ganz in Weiß, spezielle Musikwünsche, ein Grab im Wald - alles ist erlaubt, solange es nicht pietätlos ist. Die Angehörigen entscheiden. Das Wichtigste: Es muss im Sinne des oder der Verstorbenen sein und die Angehörigen sollten im Trauerprozess vorangebracht werden. Jemanden zu verlieren ist sicher meist schwer, aber das Unvermeidliche zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen, ist wohl die gesündeste Herangehensweise.

Lang leben will jeder, sterben aber keiner. Können Sie die Angst vorm Tod erklären bzw. Ratschläge für einen offeneren Umgang damit geben?
Ich bin kein Psychologe, Psychiater oder ähnliches. Ob jeder lang leben will, weiß ich nicht. Ich persönlich will, dass der Tod schnell kommt. Im Idealfall, ohne dass ich es mitbekomme. Wann das ist, ist nicht so wichtig. Die Mehrheit will vermutlich gesund und lange leben. Wo wir wieder beim Sterbeprozess wären, der ja schmerzhaft und langwierig sein kann. Mein Tipp wäre es, sich dosiert mit dem eigenen Tod zu beschäftigen und sich an den Gedanken zu gewöhnen, solange man noch gesund und unbeschwert ist. Dann fällt es vielleicht leichter, das Unvermeidliche später zu akzeptieren und vielleicht sogar mit positiven Gedanken zu gehen (womit man sich selbst ja auch etwas Gutes tut).

Haben Sie noch Abschlussworte für unsere Leserinnen und Leser parat?
Man darf den Tod nicht zu ernst nehmen. Er ist unvermeidlich und kommt sowieso, da kann man dem Tod auch mit Humor begegnen und ist selbst dann darauf vorbereitet, wenn es soweit ist.

Über das Buch

"Aus. Schluss. Vorbei? Geschichten, die der Tod schrieb" - so lautet das neue Buch von Florian Keusch, das ab 7. Dezember im Buchhandel oder im Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof erhältlich ist. Bürgermeister Michael Ludwig, Autor Thomas Raab, Kolumnist und Kabarettist Dieter Chmelar, Entertainer Peter Rapp, Dompfarrer Toni Faber, Pathologe Roland Sedivy, Kriminalpsychologe Thomas Müller, Bloggerin Susanne Kristek, Philosophin Lisz Hirn oder Fremdenführerin Gabi Saeidi geben ganz persönliche Einblicke in ihre Beziehung zum Sterben - gesammelt im 258 Seiten starken Werk.

Das neue Buch von Florian Keusch gibt's ab 7. Dezember im Handel: "Schluss. Aus. Vorbei?" mit vielen Promis, die Geschichten erzählen, die der Tod schrieb. 
258 Seiten, Preis: 24,90 Euro. | Foto: Burghart/ zVg
  • Das neue Buch von Florian Keusch gibt's ab 7. Dezember im Handel: "Schluss. Aus. Vorbei?" mit vielen Promis, die Geschichten erzählen, die der Tod schrieb.
    258 Seiten, Preis: 24,90 Euro.
  • Foto: Burghart/ zVg
  • hochgeladen von Manuela Tiefnig

Mehr zum Thema:

So denkt Österreich über den Tod
Was wir zu Allerheiligen und Allerseelen feiern
Chris Lohner will dem Tod den Schrecken nehmen

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.