Afghanistan
Experte erwartet vorerst keine Flüchtlingswelle nach Europa

Eine Flüchtlingswelle wie 2015 sei „ausgeschlossen“, glaubt Migrationsexperte Knaus.
  • Eine Flüchtlingswelle wie 2015 sei „ausgeschlossen“, glaubt Migrationsexperte Knaus.
  • hochgeladen von Karin Bayr

Auf dem und um den Flughafen der Hauptstadt Kabul spielten sich am Montag dramatische Szenen ab. Tausende Afghanen waren nach der Machtübernahme durch die radikal-islamischen Taliban gekommen, um einen Platz auf einem der Evakuierungsflüge zu ergattern, wie Videos in den sozialen Medien zeigten. Eine Situation wie 2015 sei aber „ausgeschlossen“

ÖSTERREICH. Auch in Österreich herrscht eine rege Debatte, wie man mit der Situation in Afghanistan umgehen soll. Viele wollen so schnell wie möglich das Land verlassen. Doch eine Flüchtlingswelle wie im Jahr 2015 müsse Österreich nicht befürchten, glaubt Migrationsexperte Gerald Knaus im Gespräch mit der "Krone". Das liege an den Checkpoints an den Grenzen, die von den Taliban kontrolliert werden. Es sei unklar, ob diese die Flüchtenden überhaupt ausreisen lassen. Generell sei die jetzige Situation nicht mit dem Jahr 2015 vergleichbar.

Damals hätte es in der Türkei offene Grenzen für Syrer gegeben. Jetzt habe die Türkei die Anzahl der Soldaten an der Grenze erhöht, es werden Mauern errichtet, so Knaus. Auch Pakistan habe die Grenzen geschlossen, eine Wiederholung der Ereignisse von 2015 sei also „ausgeschlossen“.

Auch der Politikwissenschafter und Sicherheitsexperte Walter Feichtinger glaubt nicht an eine Flüchtlingswelle Richtung Europa nach dem Machtwechsel in Afghanistan. Zunächst würden die Menschen, die das Land verlassen wollen, eher in die Nachbarstaaten fliehen. Erst nach rund fünf Jahren stelle sich erfahrungsgemäß die Frage "Kann ich zurück in mein Land, kann ich hierbleiben oder will ich noch weiter weggehen?", sagte Feichtinger am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Runder Tisch".

Soll Österreich Menschen aus Afghanistan aufnehmen?

Der ehemalige Bundesheer-Brigadier Feichtinger betonte, auch 2015 seien die Flüchtlinge zum größten Teil nicht direkt aus Afghanistan nach Europa gekommen, sondern aus Ländern wie dem Iran oder Pakistan, wo sie sich davor jahrelang aufgehalten hätten.

Aus der Flüchtlingsforschung wisse man, dass die Leute zunächst "nicht sofort danach trachten, möglichst weit weg zu gehen". Das normale Verhalten sei es vielmehr "so weit auszuweichen wie es das eigene Leben erfordert".

Ludwig will Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig fordert Hilfe für besonders Schutzbedürftige, etwa Menschen, die für die Europäische Union in Kabul gearbeitet haben oder sich für die Rechte von Frauen einsetzen. Ludwig bietet an, diese Personen in Wien aufzunehmen. Laut Außenministerium warten derzeit 15 Österreicher in Kabul auf die Ausreise.

Van der Bellen: Abschiebungen fehl am Platz

Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht Abschiebungen nach Afghanistan aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen „fehl am Platz“. Eine solche Vorgehensweise stehe im Widerspruch zur in der österreichischen Verfassung verankerten Europäischen Menschenrechtskonvention, schrieb Van der Bellen Dienstagvormittag auf Twitter.

Österreich wie die Europäische Union müssten jene unterstützen, die jetzt bedroht seien, und diesen Menschen gegebenenfalls Schutz gewähren. Afghanische Bürgerinnen und Bürger, die ihr Land verlassen wollen, müssten das frei, sicher und über offene Grenzen tun können, ebenso wie Bürgerinnen und Bürger anderer Staaten, die sich in Afghanistan aufhalten. „Gleichzeitig müssen Österreich und die EU alle verbliebenen wirtschaftlichen und politischen Mittel nützen, um Einfluss auf die Taliban zu nehmen, auch wenn das gegenwärtig nicht einfach sein wird“, so der Bundespräsident weiter.

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