Kritik an Immobilienbranche
Studie belegt Diskriminierung am Wohnungsmarkt

Das Ergebnis einer SORA-Studie zeigt "alarmierende" rassistische Tendenzen am heimischen Wohnungsmarkt. | Foto: unsplash
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Eine aktuelle Studie zeigt: "Ausländisch" gelesene Menschen haben es in Österreich bei der Wohnungssuche deutlich schwerer. Die Diskriminierung drängt Betroffene oft in äußerst prekäre und ausbeuterische Wohnverhältnisse, kritisieren Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) und Diakonie. Sie fordern ein rasches Umdenken in der Immobilienbranche und eine Verpflichtung zu "rechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabestandards". 

ÖSTERREICH. Menschen mit "ausländisch" klingenden Namen und Akzent werden bei der Wohnungssuche diskriminiert. Das kritisierten Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) und Diakonie am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Sie präsentierten eine aktuelle SORA-Studie, wonach ein Testanrufer mit "fremd" klingenden Namen und Akzent nur in 50 Prozent der Fälle einen Besichtigungstermin bekam – der später anrufende Testanrufer namens "Michael Gruber" erhielt dagegen immer eine Einladung zur Wohnungsbesichtigung. Zudem zeigte sich, dass Maklerinnen und Makler den "fremd" klingenden Testanrufer deutlich öfter abwiesen (in 62 Prozent der Fälle) als private Vermieterinnen und Vermieter (in 22 Prozent der Fälle). 

GAW: Immer mehr Betroffene 

Die Studie belegt, was die Gleichbehandlungsanwaltschaft bereits beobachtete. Laut deren Leiterin Sandra Konstatzky würden sie immer mehr Betroffene an die Einrichtung wenden. "Das Gleichbehandlungsgesetz verbietet Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit auch beim Zugang zu Wohnraum", betonte Konstatzky.

Das Studienergebnis bezeichnete sie als "alarmierend". Die Immobilienbranche müsse alles daran setzen, um künftig eine diskriminierungsfreie Wohnungsvermittlung zu garantieren. Die GAW habe eine Empfehlung erarbeitet und stehe für Gespräche zur Verfügung. 

Auch Diakonie sieht Erfahrungen in Studie bestätig

"Die geflüchteten Menschen, die zu uns in die Beratung kommen, erzählen fast alle von einem schwierigen Weg", sieht auch Florian Hobl, Leiter der Wohnberatung der Diakonie, praktische Erfahrungen in den Studienergebnissen bestätigt. 

Laut Hobl stehen diese Menschen gleich vor mehreren Schwierigkeiten. Zunächst gehe es einmal darum, dass diese Menschen überhaupt mit einem Makler oder einer Vermieterin in Kontakt kommen und als Mieter oder Mieter in Betracht gezogen werden. Dann müssten sie eine lange Liste an Nachfragen beantworten und diverse Nachweise erbringen, "die bei Österreicherinnen und Österreichern nicht in gleicher Weise nachgefragt werden".

Große Familien finden kaum Wohnungen 

So prangert die Diakonie etwa die Forderung eines "Nachweises über ein Lohneinkommen von teils völlig willkürlicher und lebensfremder Höhe" an. Denn ein Lohnzettel von heute sage nichts über die Zukunft aus: "Ein Asylberechtigter kann in einem Monat einen besser bezahlten Job bekommen, und eine Österreicherin kann in einem Monat arbeitslos sein", so Hobl.

Am schwierigsten sei die Situation für Familien mit mehreren Kindern. Sie würden bei der Wohnungssuche besonders oft auf der Strecke bleibe, erklärte der Experte weiter. "Ihnen wird ausgerichtet, die Wohnung sei zu klein für sie. Dabei ist der Standard, der bei Wohnungsgrößen angelegt wird, einfach viel zu hoch", so Hobl.

Wucherpreise für Substandard

Die Diskriminierung am Wohnungsmarkt mache es nicht nur schwer, eine Wohnung zu finden, sie dränge in äußerst prekäre und ausbeuterische Wohnverhältnisse, ergänzte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser:

"Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund leben oft im absoluten Substandard und zahlen dafür Wucherpreise. Sie müssen für eine Wohnung, die zu klein, kalt und schimmlig ist, gleich viel oder mehr hinlegen als Österreicherinnen und Österreicher für eine ordentliche Wohnung im Neubau oder im sanierten Altbau."

Die Wohnungsnot sei so groß, dass es keine Alternative dazu gibt, kritisierte Moser diese Ungerechtigkeit.

"Diskriminierungsfreie Vergabestandards" gefordert

Angesichts dessen fordern GAW und Diakonie ein rasches Umdenken in der Immobilienbranche und eine Verpflichtung zu "rechtskonformen und diskriminierungsfreien Vergabestandards". Die GAW hat zudem Empfehlungen an die Immobilienbranche formuliert, die sich auf EU-weite rechtliche Standards stützen.

Zentral sei, sich bei der Wohnungsvergabe an eine vorab festgelegte Liste objektiver Reihungskriterien zu halten, betonen die beiden Organisationen. Das könnten zum Beispiel der Zeitpunkt der Anfrage sein oder die ausreichende Bonität von Interessentinnen und Interessenten. Jedenfalls dürften Menschen künftig nicht mehr aufgrund vorurteilsbehafteter Zuschreibungen daran gehindert werden, eine geeignete Wohnung zu finden, betont Konstatzky abschließend.

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