Nach Putin-Besuch
Ukrainischer Ex-Botschafter in Wien enttäuscht
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat am Montag Russlands Präsident Wladimir Putin in dessen Residenz in Moskau getroffen. Im Anschluss zog Nehammer eine ernüchternde Bilanz: Er habe "generell keine positiven Eindrücke" gewonnen, so der Bundeskanzler. Olexander Scherba, ehemaliger ukrainischer Botschafter in Wien, zeigte sich am Montagabend tief enttäuscht von dem Treffen.
ÖSTERREICH. "Putin ist massiv in der Kriegslogik angekommen und handelt auch entsprechend", so Bundeskanzler Nehammer nach seiner Unterredung mit dem russischen Präsidenten.
Der Kreml verzichtete unterdessen auf längere Erläuterungen. In einem einzigen offiziellen Kommentar sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, das Treffen sei nach Maßstäben der letzten Zeit nicht sonderlich lang gewesen. Auch der ehemalige Diplomat Stefan Lehne verwies im Anschluss auf die Kürze des Gesprächs und erklärte, dass wohl keine echte Kommunikation vorhanden gewesen sei. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Wien zeigte sich enttäuscht und kritisierte Nehammer für das Zusammentreffen mit Putin.
"War eine Enttäuschung"
Olexander Scherba, zwischen 2014 und 2021 ukrainischer Botschafter in Wien, äußerte am Montagabend in der "ZiB2" Kritik an Nehammers Besuch bei Putin: "Es war eine Enttäuschung", so Scherba. Putin wisse ganz genau, wie er diesen Besuch verkaufen wird. Nämlich: "Noch ein österreichischer Kanzler, noch ein Politiker aus dem Westen kommt zu mir, um etwas mir, dem großen Strategen, zu verkaufen." Putin sei mittlerweile allerdings kein großer Stratege mehr, sondern der Verlierer dieses Krieges und "der blutverschmierte Diktator", so Scherba.
Scherba hoffte auf ein Gas- und Ölembargo nach Nehammers Besuch in der Ukraine, stattdessen reiste der österreichische Kanzler aber nach Moskau: Es sei untragbar und unvorstellbar, dass dieser Schritt (Anm.: Öl- und Gasembargo) nicht gemacht werde, kritisierte Scherba. In der Ukraine passiere ein Völkermord, währenddessen zahle Österreich und Deutschland an Russland. "Das ist eine moralische Katastrophe", so der ehemalige ukrainische Botschafter.
"Keine echte Kommunikation"
Der ehemalige österreichische Diplomat Stefan Lehne erläuterte in der "ZiB2", das Risiko, dass Putin nicht auf Nehammer eingehen werde, sei voll eingetroffen. Auf die Frage nach dem Ergebnis des Gesprächs spricht der Experte von einer "Überschätzung der Vermittlungskapazität Österreichs" und einem "Schritt mit relativ bescheidener Wirkung". Das Gespräch sei vor allem kurz gewesen: "Wenn man die Übersetzungen dazu nimmt, dann haben sie sehr kurz gesprochen", kommentierte Lehne. Er glaube, dass Putin und Nehammer der Gesprächsstoff langsam ausgegangen und keine echte Kommunikation vorhanden gewesen sei, sagte der Experte.
Nehammer: "Harte Konfrontation"
Nehammer betonte in einem Pressegespräch nach dem Treffen, dass es ihm wichtig gewesen sei, Putin mit den Schrecken des Krieges zu konfrontieren: "Mit dem Leid, das ich selbst gesehen habe – mit den Kriegsverbrechen in Butscha und vielen anderen Dörfern und Städten in der Ukraine." Es müsse eine internationale Untersuchung der Kriegsverbrechen geben. Hier habe es eine "harte Konfrontation" zwischen ihm und Putin gegeben, so Nehammer. Putin habe die Kriegsverbrechen in Butscha als Inszenierung der ukrainischen Seite dargestellt. Darauf angesprochen, dass der Krieg bald enden solle, habe Putin erwidert: "Es wäre besser". Das könne aber eine Eskalation genauso wie eine diplomatische Lösung bedeuten.
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