Heimat großer Töchter und Söhne
Wie Österreich zu seiner Hymne kam

"Land der Berge, Land am Strome; Land der Äcker, Land der Dome" - jedes Kind lernt hierzulande bereits in der Volksschule die Bundeshymne der Republik Österreich. | Foto:  JFK / EXPA / picturedesk.com
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  • "Land der Berge, Land am Strome; Land der Äcker, Land der Dome" - jedes Kind lernt hierzulande bereits in der Volksschule die Bundeshymne der Republik Österreich.
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"Land der Berge, Land am Strome; Land der Äcker, Land der Dome" - jedes Kind lernt bereits in der Volksschule die Bundeshymne der Republik Österreich. Auch wenn der Text – mal mehr und mal weniger – fest sitzt, ist den wenigsten wohl die Geschichte hinter der Hymne bekannt. Inwiefern die Freimaurer in der Entstehung der Melodie involviert waren und wie der ursprüngliche Text lauten sollte, erfährst du hier.

ÖSTERREICH. Ähnlich wie die österreichische Flagge veränderte sich auch die heimische Hymne im Laufe der Geschichte. Während man heutzutage das Land Österreich mit dem Gesang lobpreist, verfolgte die erste Hymne aus dem Jahr 1797 noch einen ganz anderen Zweck: So sollte damit die Loyalität zu Franz II., Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, zum Ausdruck gebracht werden. Die Melodie der Hymne wurde von niemand Geringerem als Joseph Haydn komponiert, und der Text der ersten Strophe von Lorenz Leopold Haschka lautete wie folgt:

Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!
Lange lebe Franz, der Kaiser,
In des Glückes hellstem Glanz!
Ihm erblühen Lorbeerreiser,
Wo er geht, zum Ehrenkranz!
Gott erhalte Franz, den Kaiser,
Unsern guten Kaiser Franz!

Unter den nachfolgenden Kaisern von Österreich wurde Haydns Melodie stets beibehalten, der Text wurde jedoch zunächst an jeden neuen Monarchen angepasst. Erst 1854 verfasste Johann Gabriel Seidl den Wortlaut, der bis zum Ende der Monarchie beibehalten wurde. Die Volkshymne war dabei so verfasst, dass sie beim Übergang der Herrschaft auf den nächsten Kaiser nicht umgeschrieben werden musste. Sie begann mit den Worten: "Gott erhalte, Gott beschütze; Unsern Kaiser, unser Land!"

Renner verfasste eigene Hymne

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende der österreichischen Demokratie versuchte Staatskanzler Karl Renner einen Nachfolger der Kaiserhymne zu finden. 1920 dichtete der Sozialdemokrat schließlich den Text der neuen Hymne; die Melodie zu "Deutschösterreich, du herrliches Land" stammte von Wilhelm Kienzl.

Renners Werk wurde jedoch nie offiziell zur österreichischen Hymne erklärt und konnte sich auch in der Bevölkerung kaum durchsetzen. Aus diesem Grund erhob die christlichsoziale Bundesregierung 1929 "Sei gesegnet ohne Ende" zur offiziellen Hymne. Diese beruhte abermals auf Haydns Melodie. Kurios daran war, dass diese seit 1922 auch für das "Deutschlandlied" – die deutsche Nationalhymne – verwendet wurde.

Haydn-Hymne wird nicht weiter verwendet

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurde erneut nach einer neuen Hymne gesucht. Zwar erwog man zu diesem Zeitpunkt erneut, auf die Haydn-Hymne zurückzugreifen, da "jeder Österreicher die alte Haydn-Hymne mit einem zeitgemäßen Text schon mit Rücksicht darauf, dass es sich hier um altes österreichisches Kulturgut handelt, für die gegebene österreichische Hymne halten" würde, erklärte der damalige Unterrichtsminister Felix Hurdes (ÖVP) 1946 im Ministerrat. Da jedoch auch die Nationalsozialisten auf Haydns Melodie zurückgegriffen und diese instrumentalisiert hatten, wurde diese Idee wieder verworfen. Hurdes merkte hierzu an:

"Leider hatte sich aber das Deutsche Reich dieser Melodie bemächtigt und für die unterdrückten Völker Europas war diese Melodie während der Jahre ihres Leidens als Hymne der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft so verhasst geworden, dass jedes Abspielen der Haydn-Melodie im Ausland als Provokation empfunden würde."

Eine Büste von Joseph Haydn vor dessen Geburtshaus in Rohrau, Niederösterreich | Foto: Nikolaus Similache / picturedesk.com
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Gewinnspiel gestartet

Der Ministerrat beschloss daher, die Bevölkerung bei der Suche nach einer neuen Hymne einzubinden. Mithilfe eines Preisausschreibens suchte man "ein Lied hymnischen Charakters, das den neuen österreichischen Bundesstaat und seine Menschen im In- und Ausland sowohl textlich als auch musikalisch würdig zu präsentieren vermag."

Lied der Freimaurer wird ausgewählt

Nachdem rund 1.800 Beiträge bei der Fachjury eingelangt waren, entschieden sich die Jurorinnen und Juroren dafür, die Melodie des Liedes "Brüder reicht die Hand zum Bunde" auszuwählen, das damals noch Wolfgang Amadeus Mozart zugeschrieben worden war. Bis heute konnte jedoch historisch nicht belegt werden, wer der eigentliche Komponist des Liedes war. Es wird jedoch zumeist angenommen, dass es sich dabei um ein Werk des Korneuburgers Johann Baptist Holtzer (1753–1818) oder des mährischen Komponisten Pavel Vranický (1756–1808) handelt.

Die Entscheidung der Fachjury führte dennoch zu Kontroversen, da es sich bei "Brüder reicht die Hand zum Bunde" um ein Bundeslied der Freimaurer handelte. Auch bei den möglichen Komponisten Mozart, Holtzer und Vranický handelte es sich um Mitglieder bekannter Wiener Freimaurerlogen. Trotz zahlreicher kritischer Stimmen hielt die damalige Bundesregierung jedoch an der Melodie fest. 

Preradović und die österreichischen Söhne

Am 17. Dezember 1946 reichte die Schriftstellerin Paula Preradović den möglichen Hymnentext "Land der Berge, Land am Strome" ein. Der Ministerrat nahm den Vorschlag am 25. februar 1947 an und erhob ihn mit gewissen Änderungen zur "Österreichischen Bundeshymne". Der ursprüngliche Entwurf von Preradović sah in der ersten Strophe noch wie folgt aus: "Land der Berge, Land am Strome; Land der Äcker, Hämmer, Dome; Arbeitssam und liederreich. Großer Väter freie Söhne; ...". Schlussendlich einigte man sich aber einvernehmlich auf den bekannten Text "Land der Berge, Land am Strome; Land der Äcker, Land der Dome; Land der Hämmer, zukunftsreich! Heimat bist du großer Söhne; ...". 

Die dritte Strophe "Aber in die neuen Zeiten; Sieh uns festen Glaubens schreiten; Stolzen Muts und hoffnungsreich. Lass in brüderlichen Chören, ..." wurde noch deutlicher verändert und lautete schließlich "Mutig in die neuen Zeiten; Frei und gläubig sieh uns schreiten; Arbeitsfroh und hoffnungsreich; Einig lass in Brüderchören, ...".

Paula Preradovic, die Verfasserin des Textes der Österreichischen Bundeshymne (1887-1951). Photographie. Um 1940 | Foto:  Austrian Archives / brandstaetter images / picturedesk.com
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Am 7. März 1947 war die österreichische Bundeshymne schließlich erstmals im Radio zu hören, zwei Tage später wurde der Text auch in der Wiener Zeitung abgedruckt.

Erste Auftritte der Töchter

Nachdem in den 1950er-Jahren noch ein weiterer Vorstoß, die Haydn-Hymne wieder einzusetzen, gescheitert war, forderte die Frauenbewegung der 70er- und 80er-Jahren erstmals eine "Feminisierung" der Bundeshymne. Nachdem erste Initiativen der SPÖ-Frauenministerin Johanna Dohnal (1992), von Abgeordneten der Grünen (1994) und des Liberalen Forums (1997) daran gescheitert waren, einen geschlechtergerechten Text für die Hymne durchzusetzen, startete die damalige Frauenministerin Maria Rauch-Kallat (ÖVP) im Jahr 2005 ihren ersten Versuch, die Hymne umzuformulieren.

Anstelle der Passage "Heimat bist du großer Söhne" schlug Rauch-Kallat vor, künftig "Heimat großer Töchter, Söhne" zu singen. Zudem sollte die Passage "Einig lass in Brüderchören; Vaterland, dir Treue schwören" in "Einig lass in freud’gen Chören; Heimatland, dir Treue schwören" umgedichtet werden. Zunächst scheiterte die Initiative der Frauenministerin jedoch an der nötigen politischen Unterstützung – auch aus ihren eigenen Reihen.

Männer boykottieren Töchter-Version

Rauch-Kallat ließ in dieser Angelegenheit jedoch nicht locker und schaffte es im Jahr 2011, nicht nur die ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm, sondern auch weitere Mandatarinnen der SPÖ, der Grünen und ihrer eigenen Partei von dem Vorhaben zu überzeugen. Ohne Rücksprache mit den männlichen Kollegen der Fraktionen wollte Rauch-Kallat ihren Antrag zur Änderung der Bundeshymne in ihrer letzten Nationalratssitzung am 8. Juli einbringen.

Bei der Sitzung im Parlament redeten ihre männlichen Fraktionskollegen, die sich in der Angelegenheit wohl übergangen fühlten, absichtlich so lange, dass der ehemaligen Frauenministerin keine Redezeit mehr übrig blieb – somit konnte Rauch-Kallat ihren Antrag nicht mehr mündlich einbringen. Wenige Tage später vermeldeten die ÖVP, SPÖ und Grüne jedoch, dass sich die Parteien schließlich hinsichtlich einer Änderung einig werden konnten und einen Gesetzesentwurf vorbereiteten.

"Heimat großer Töchter und Söhne" – singst du die Hymne so, wie es gesetzlich festgelegt ist?

Bundeshymne wird gesetzlich verankert 

Trotz Protestbekundungen brachten die drei Parteien am 18. November 2011 den Initiativantrag betreffend das "Bundesgesetzes über die Bundeshymne der Republik Österreich" im Nationalrat ein. Nachdem das Gesetz den parlamentarischen Prozess durchlaufen hatte, wurde es in zweiter Lesung mit 112 Ja-Stimmen bei 39 Nein-Stimmen vom Nationalrat angenommen und anschließend auch vom Bundesrat akzeptiert.

Das Bundeshymnengesetz wurde daraufhin am 27. Dezember 2011 verlautbart und trat am 1. Jänner 2012 in Kraft. Die Hymne, die zuvor nur durch zwei Ministerratsbeschlüsse aus den Jahren 1946 und 1947 festgelegt worden war, wurde damit nicht nur erstmals gesetzlich verankert, sondern auch "vertöchtert". Schlussendlich wurde die Textpassage "Heimat bist du großer Söhne" in "Heimat großer Töchter und Söhne" umgewandelt, die "Brüderchöre" in der dritten Strophe wurden in "Jubelchöre" verändert.

Österreich bekam damit schließlich doch einen geschlechtergerechten Hymnentext, wie es sich bereits viele Frauen seit den 1970er-Jahren gewünscht hatten. 

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