Neos-Ausstieg
Andreas Babler zu ÖVP: "Unsere Hand ist ausgestreckt"

- SPÖ-Chef Andreas Babler
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Nach dem Platzen der Dreier-Koalitionsverhandlungen 96 Tage nach der Wahl – die Neos sind am Freitag überraschend aus den Regierungsverhandlungen ausgestiegen – äußerte sich SPÖ-Chef Andreas Babler. Nun wollen ÖVP und SPÖ zu zweit an einer Koalition weiterbasteln.
ÖSTERREICH. Nach dem Ausstieg von NEOS aus den Koalitionsgesprächen wollen nun die ÖVP und die SPÖ alleine versuchen, eine Koalition zu bilden. Eine einfache Aufgabe wird das jedoch nicht sein. In zahlreichen inhaltlichen Fragen war nicht NEOS der Hauptstreitpunkt, sondern es gab bereits tiefgreifende Differenzen zwischen der ÖVP und der SPÖ. Selbst wenn die Koalitionsverhandlungen erfolgreich verlaufen, bleibt das Problem einer nur sehr knappen Mehrheit bestehen.
Von der SPÖ hieß es, die Neos seien nicht bereit gewesen, "sich einzugestehen, dass es kein 100-prozentiges Neos-Programm geben kann". Die Liberalen "wollten bei denen kürzen, die ohnehin schon stark belastet sind", kritisierten die Roten. Laut SPÖ hätten ÖVP und Neos massive Einschnitte bei Beamten und Pensionisten vorgehabt und die Reichen schonen wollen.
„Unsere Hand ist ausgestreckt“
Am Freitag gegen 19 Uhr meldete sich SPÖ-Chef Andreas Babler zu Wort: Man wisse, dass die Budgetsituation in Österreich die schwierigste in der Nachkriegszeit sei, daher brauche es gemeinsame staatspolitische Anstrengungen, so Babler. Die SPÖ habe mehr gewollt als nur zu konsolidieren. Man sei weiterhin bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen - „unsere Hand bleibt ausgestreckt“, so Babler.
In Richtung ÖVP sagte Babler, es liege jetzt an Kanzler Nehammer, mit der SPÖ „auf Augenhöhe“ weiterzuverhandeln. Parallele Verhandlungen etwa mit der FPÖ lehnt Babler entschieden ab.
Kritik übte Babler an den Neos. Sie würden „Parteitaktik vor Staatsinteressen“ stellen, so Babler. Dabei sei man kurz vor dem Ziel gewesen, die Verhandlungen zu einem positiven Ende zu bringen.Zuletzt hätte man bis in die Nacht erfolgreich verhandelt, gerade herausfordernde Budgetsituation hätte eine Zusammenarbeit der Parteien notwendig gemacht. Babler hält an der bisherigen SPÖ-Linie fest: „Breite Schultern sollen mehr tragen“, so der Parteichef und meint damit wohl Erbschafts- und Vermögenssteuern.
Babler: Wollen weiter Verantwortung übernehmen
Der SPÖ gehe es auch um wichtige Offensivmaßnahmen. So müsse es zu spürbaren Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung kommen, zudem brauche es dringend Maßnahmen, um das Leben und Wohnen wieder leistbar zu machen. Babler betonte weiters, dass Kinder Rechte haben, gerade wenn es darum geht, modernste Bildungsangebote und Bildungsgerechtigkeit zu schaffen. Für die SPÖ sei es außerdem wichtig, Spielräume zu schaffen, damit es zukunftsfähige Arbeitsplätze und einen modernen Standort gibt, der die Transformation bewerkstelligen kann. Zudem brauche es Spielräume, um Investitionen in eine nachhaltige Konjunkturentwicklung zu setzen. Die SPÖ sei auch aus einem demokratiepolitischen Aspekt heraus weiter bereit, Verantwortung zu übernehmen: „Wir wollen nicht einer düsteren blau-schwarzen Zukunft aufwachen“, so Babler.
ÖVP-Vorstand stärkt Nehammer den Rücken
Babler war zuvor zu einem rund einstündigen Austausch mit Van der Bellen zusammengekommen, bevor ÖVP-Obmann Karl Nehammer beim Bundespräsidenten war. Über die Gesprächsinhalte sickerte nichts durch. Am Nachmittag tagte der ÖVP-Parteivorstand, der dem Parteichef mittels Wortmeldungen „den Rücken gestärkt“ habe, wie es der APA gegenüber hieß. Nehammer veröffentlichte auf der Plattform X ein Video, in dem er bestätigte, dass die ÖVP Verantwortung übernehmen wolle:
Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber nicht um jeden Preis. Wir wollen die politischen Reformen umsetzen, die notwendig sind, um den Standort zu stärken, eine konsequente Asylpolitik zu machen und jene zu entlasten, die täglich arbeiten gehen. pic.twitter.com/BlcOympDx0
— Karl Nehammer (@karlnehammer) January 3, 2025
"Abtausch wie auf einem Basar“
Am Freitag zu Mittag gaben die Neos ihren Ausstieg aus den Gesprächen zu einer Ampel-Koalition bekannt – Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger hatte zuvor Bundespräsident Alexander Van der Bellen darüber informiert. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker gab am Platzen der Gespräche der SPÖ die Schuld. Meinl-Reisinger selbst begründete die Entscheidung mit mangelndem Reformwillen bei den Verhandlungspartnern ÖVP und SPÖ. Es seien „keine relevanten Fortschritte, sondern viel mehr Rückschritte“ in den Gesprächen erzielt worden. Statt "Kein Weiter wie bisher" wäre es in Richtung "Weiter wie immer" gegangen. Angesichts der Rezession und der instabilen Weltlage sei ihre Partei mit dem Ziel tiefgreifender Veränderungen in die Verhandlungen gegangen, doch es habe keine Bereitschaft gegeben, „über den nächsten Wahltag“ hinauszudenken. Am Schluss stehe dann „ein Abtausch wie auf einem Basar“.
Budget als Knackpunkt
Als Problemfelder führte die Neos-Chefin unter anderem das Budget und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs an. Die letzte Regierung habe ein Budgetloch hinterlassen, das „vor der Wahl verleugnet“ worden sei. Dass Österreich sparen müsse, sei klar gewesen, „die Dimension habe dann aber auch NEOS überrascht“. Sie ortete auch jetzt fehlenden „Reformwillen“ bei den anderen Verhandlern. Stattdessen beharre man auf einem „folkloristischen“ Politikverständnis, etwa im Bereich Föderalismus. Für tiefgreifende Änderungen brauche es aber die Bereitschaft, die Bereiche Föderalismus, das Gesundheitswesen, die Pensionen und den Einfluss politischer Parteien zu reformieren.
ÖVP zeigte mit Finger auf SPÖ
„Das Verhalten von Teilen der SPÖ hat zur aktuellen Situation geführt. Während sich Teile der Sozialdemokratie konstruktiv eingebracht haben, haben in den letzten Tagen die rückwärtsgewandten Kräfte in der SPÖ überhandgenommen, und damit erreicht, dass sich die NEOS aus den Verhandlungen zurückgezogen haben", erklärte Stocker.
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