Quarantäne droht
Bangen um Teilnahme der Bevölkerung an Massentests

Möglichst flächendeckend soll die Bevölkerung über Schnelltests getestet werden. | Foto: privat
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Die Bundesregierung plant umfangreiche Corona-Tests. Zuerst getestet werden sollen 200.000 Lehrer am ersten Dezemberwochenende, gefolgt unmittelbar darauf von 40.000 Polizisten. Vermutlich am Wochenende vor Weihnachten soll es die Gelegenheit für die gesamte Bevölkerung geben, sich testen zu lassen. Viele schrecken vor möglicher Quarantäne zu Weihnachten zurück. Das Bundesheer steht Gewehr bei Fuß, jedoch: Vieles, wie die Durchführung, ist noch unklar. Kritik kommt auch von der Ärztekammer.

ÖSTERREICH. Nach einem Gespräch zwischen Kanzler und drei Ministern mit den Landeshauptleuten ist klar: Die auf freiwilliger Basis durchgeführten Tests starten nach dem geplanten Ende des harten Lockdowns und kosten geschätzte 50 Millionen Euro. Insgesamt sind sieben Millionen Corona-Tests bestellt, nun müssen sie auch genutzt werden. „Auf dem Weg zurück zur Normalität sind in den kommenden Wochen und Monaten Massentests und Impfungen die zwei entscheidenden Faktoren“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. Am Mittwoch im Ministerrat soll ein Impfplan auf den Weg gebracht werden. 

Schnelltests mit Ergebnis in 15 Minuten

Zum Einsatz kämen Antigen-Schnelltests der Firmen Roche und Siemens. Beide Tests würden derzeit von der Wissenschaft sowie der AGES als die verlässlichsten auf dem Markt verfügbaren Instrumente bewertet, so Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne). Das Testergebnis liege innerhalb von rund 15 Minuten nach der Abnahme per Nasen-Rachen-Abstrich vor. In der ersten Testreihe ist im Falle eines positiven Antigen-Tests eine sofortige PCR-Prüfung vorgesehen. 

Bundesheer kann nicht gesamte Abwicklung durchführen

200 000 Lehr- und Betreuungspersonen, kurz darauf 40 000 Polizisten und Polizistinnen werden getestet, kurz vor Weihnachten dann die restliche Bevölkerung, soweit sie mitmacht. Laut Kurz wolle man die Erfahrungen der Tests für die Corona-Impfungen nutzen. Anmeldung und Ergebnis sollen digital über ein Programm erfolgen, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Laut Stabschef der Verteidigungsministerin, Generalmajor Rudolf Striedinger, könne das Bundesheer die Tests bei den Lehrern stemmen, nicht aber die Durchführung für die gesamte Bevölkerung.

Gemeinden und Feuerwehren gefordert

Von Gemeindebund (Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl: "Wir unterstützen Vorhaben") und Feuerwehr kommt jedenfalls die Zusage zur Unterstützung. Vonseiten der Feuerwehr werden Logistikleistungen in den Bundesländern – je nach Bedarf und Verfügbarkeit – zur Verfügung gestellt. Die Tests an sich dürfen nur durch medizinisches Personal durchgeführt werden, weshalb sich die Feuerwehr diesbezüglich nicht einbringen wird können. Testungen in Feuerwehrhäusern sind nicht vorgesehen. 

Faßmann wirbt um Teilnahme

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wirbt in einem Brief um die Teilnahme der Lehrer an den für 5. und 6. Dezember geplanten Covid-19-Massentests. Das freiwillige Testangebot werde auch von der Lehrergewerkschaft unterstützt, betonte der Minister. Es mache aber "nur Sinn, wenn sich möglichst viele daran beteiligen", heißt es in dem Schreiben. "Ich selbst werde das sicherlich tun." 

Quarantäne als mögliche Folge verschreckt viele

Inwieweit die Bevölkerung bei den freiwilligen Tests mitmachen wird, ist noch unklar. Der Kanzler ist optimistisch: Es sei erfreulich zu hören, dass die Bereitschaft der Bevölkerung zur Teilnahme an den Massentests in den kommenden Wochen offenbar hoch sei.

Kritiker sehen das anders. Weil all jene, die positiv getestet würden, zuerst noch einen Antigentest vornehmen müssen und im Falle einer Bestätigung in zehntätige Quarantäne geschickt werden sollen, sei - kurz vor Weihnachten - davon auszugehen, dass viele, die ihre Lieben sehen wollten, den Test meiden würden. Spannend bleibt auch, ob der gegenwärtige, harte Lockdown in Österreich, wie geplant, nach dem Nikolaustag beendet wird. Sollten die Infektionszahlen, die derzeit nur sehr langsam sinken, weiterhin für zu hoch befunden werden, könnte davon auch die Durchführung der Massentests betroffen sein. 

Kein flächendeckendes Contact Tracing möglich

Aufwändiges Nachverfolgen von Infektionsketten werde es laut Gesundheitslandesrat von Salzburg, Christian Stöckl, zum Glück nicht verpflichtend geben. Kontakte werden nur fallweise weiterverfolgt. Man hätte für eine solche "Containment Strategie" auch gar nicht das Personal gehabt. Kaiser sprach vom "Mut zur Unvollkommenheit". Contact Tracing werde "im notwendigen Ausmaß nur peripher stattfinden können", alles hänge nun an der konkreten Zahl der positiv Getesteten. Das alles sei eine "riesige Herausforderung". Hierzulande gilt Contact Tracing insgesamt als Schwachstelle im System; derzeit kann im Durchschnitt nur in einem von fünf Fällen nachverfolgt werden, wo jemand sich angesteckt haben könnte.  

Massentests würden monatelang dauern

Kritik wegen vieler offener Fragen

Noch sind viele Fragen offen: Laut dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gibt es am Dienstagabend ein Folgegespräch mit Ländern, Kommunen und Gesundheitsfachleuten. Ungeklärt sind im Detail nach wie vor die rechtliche Basis für die Tests, die Digitalisierung der Ergebnisse, Testdauer, Personalrekrutierung und Infrastruktur, weshalb Kaiser anmerkte, offenbar sei erst eine Idee geboren und tagelang gut vermarktet worden, bevor man sich an die konkrete Planung gemacht habe. Ein konkreter Impfplan soll erst am Mittwoch den Ministerrat passieren. 

Zeit für Massentests drängt

Im Vorfeld der Videokonferenz hatte es immer mehr Kritik daran gegeben, dass die Zeit zu knapp sei und man zwölf Tage vor Beginn des Tests noch gar nichts wisse.  Die gesamte Logistik scheint noch ungeklärt. Das Bundesheer wurde mit der Durchführung beauftragt, auf dem Land sollen unter anderem Freiwillige Feuerwehr und Rotes Kreuz eingesetzt werden. Bundesheer-Experten hatten sich in der Slowakei und am vergangenen Wochenende in Südtirol informiert, wo bereits Massentests durchgeführt wurden.

Kritik von Ärztekammer und FPÖ

Die Ärztekammer sieht die Massentests kritisch. Diese seien nur bei richtiger Handhabung nützlich, sagte etwa deren Vizechef Herwig Lindner. Ein bundesweiter Einmaltest sei nur eine "Momentaufnahme". Eigentlich müsse man die Bevölkerung in kurzen Abständen mehrmals testen.

Die Absicht der schwarz-grünen Regierung, das Österreichische Bundesheer mit den Corona-Massentests zu beauftragen, bezeichnete der Obmann des parlamentarischen Landesverteidigungsausschusses und FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch als einen ‚weiteren verfassungsmäßigen Schildbürgerstreich‘ dieser Bundesregierung. „Bei dieser Aufgabe handelt es sich eindeutig um eine, die in den Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsministeriums fällt und das Bundesheer könnte lediglich zur allfälligen Hilfeleistung herangezogen werden, was aber klarerweise auch eine Refundierung der anfallenden Kosten zur Folge hätte“, erklärte Bösch. 

Wie sinnvoll sind Massentests für die Bevölkerung?
Kurz kündigt Massentests am Ende des Lockdowns an

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