Tierschutz-Novelle
Für Tierschützer Mogelpackung und Bankrotterklärung
Die Begutachtungsfrist der von der Regierung vorgelegten Novelle des Tierschutzgesetzes, der ersten Tierhaltungsverordnung und des Tiertransportgesetzes, läuft mit 1. Juni aus. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten spricht von "Farce" und fordert eine deutliche Nachbesserung des Pakets.
ÖSTERREICH. Hecken für Hühner - im Gegenzug weniger Platz für deren Haltung, betäubungslose Ferkelkastration, Vollspaltenböden: Die Novelle für den Tierschutz dürfe so "keinesfalls Gesetz werden". Das wäre ein "echter Rückschritt für Österreichs Tierschutz und eine Bankrotterklärung für die Herausforderungen der Zukunft", appelliert Vier Pfoten an den neuen Landwirtschaftsminister, konkrete Nachbesserungen vorzunehmen. Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck fasst die "größten Baustellen" zusammen:
Vollspaltenböden - "Konsumententäuschung"
Sämtliche bestehende Ställe mit Vollspaltenböden - die vorherrschende Haltungsform in Österreich - dürfen laut der Novelle in der jetzigen Form bestehen bleiben. Die Neuregelung sieht lediglich für Neu- und Umbauten in der Schweinehaltung eine Minimaländerung vor (mehr Platz und nur etwas weniger Spalten für einen Teil der Bucht), bei der man allerdings von keiner Verbesserung für das Tier sprechen könne: „Das grenzt an Konsumententäuschung“, so Weissenböck, die ein generelles Verbot fordert – laut einer aktuellen veterinärmedizinischen Forschungsarbeit wurde bei über 20 Prozent der heimischen Schlachtschweine eine Lungenentzündung festgestellt – eine direkte Folge der schädlichen Ammoniakdämpfe, denen die Tiere auf Vollspalten permanent ausgesetzt seien.
Betäubungslose Ferkelkastration
Diese Praxis, von der jährlich 2,7 Millionen Ferkel betroffen seien, werde in der Novelle nicht geändert – in Deutschland etwa sei betäubungslose Ferkelkastration bereits verboten.
Schwanzkupieren bei Schweinen
Es dürfe weiterhin routinemäßig der Schwanz kupiert werden, wenn innerhalb eines Jahres bei mehr als zwei Prozent der Schweine Verletzungen an Schwanz und Ohren auftreten. Um aus dem "brutalen Eingriff" auszusteigen, bedürfe es einer völligen Umstellung der Haltungsbedingungen. Das gegenseitige Verletzen der Tiere sei eine direkte Folge dieser Bedingungen. Nicht umsonst sei Österreich von der EU Kommission schon mehrfach gerügt worden, meint Weissenböck.
"Mogelpackung" Tiertransporte
Kälber dürfen künftig ab drei statt ab zwei Wochen Lebensalter transportiert werden, doch das sei um mindestens neun Wochen zu früh. Zwar dürfen Schlacht- bzw. Masttiere nicht mehr in EU-Drittstaaten transportiert werden, das passiere jetzt praktisch auch nicht mehr, weil vor allem Rinder regelmäßig als "Zuchttiere" deklariert werden, auch wenn sie am Bestimmungsort dennoch nach kurzer Zeit unter grausamen Bedingungen geschlachtet würden. Auch dürfen Zuchttiere weiterhin in Drittstaaten transportiert werden, wenn die Transportzeit max. 82 Stunden beträgt. „Wir wünschen uns eine konkrete Regelung gegen den Transport per Schiff und Klarheit beim Exportverbot nach Nordafrika und in den Nahen Osten – das ist derzeit viel zu schwammig im Entwurf formuliert“, erklärt Weissenböck.
Anbindehaltung bei Rindern
Eine Übergangsfrist bis 2030 sei unverhältnismäßig lang. „Da muss sich viel schneller etwas tun“, fordert Weissenböck.
„Hecken für Hühner“
Die Novelle sieht vor, den Auslauf für Legehennen von bisher acht m² pro Tier auf vier m² pro Tier zu halbieren, wenn eine so genannte „Biodiversitäts-Weide“, eine Art Hecke für die Hühner, angebracht wird. „Wir sind eigentlich ziemlich verärgert, dass mit dem Vorwand einer Verbesserung der Haltungsbedingungen durch mehr Strukturierung einfach klammheimlich der Auslauf für die Tiere halbiert wird!"
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