Wegen Ermittlungen
Kanzler Kurz empört mit Missbrauchs-Sager
Im Konflikt um die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat dieser nun mit einem Vergleich für Wirbel gesorgt.
ÖSTERREICH. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen des Verdachts der Falschaussage – es gilt die Unschuldsvermutung. Wie im Mai bekannt wurde, wird der Regierungschef als Beschuldigter geführt, weil er bei seiner Vernehmung vor den Abgeordneten im Ibiza-U-Ausschuss im vergangenen Sommer die Unwahrheit gesagt haben soll.
Konkret, so die Staatsanwaltschaft, habe Kurz seine Rolle bei der Bestellung seines Vertrauten Thomas Schmid zum Vorstand der Staatsholding ÖBAG heruntergespielt. Ob Anklage erhoben wird, ist noch offen. Der Kanzler soll von einem Richter statt den Staatsanwälten einvernommen werden.
Kontroverser Vergleich
Nun der nächste Akt in der Causa: Im Interview mit "vol.at" brachte Kurz einen Vergleich, der gehörig polarisiert. Er erachte eine unabhängige Justiz als wichtig. Doch es müsse möglich sein, die Arbeit von Einzelpersonen kritisch zu hinterfragen. Der Kanzler zog einen Vergleich mit der katholischen Kirche: "Als es Missbrauchsfälle gegeben hat, haben einige sogar versucht das zu vertuschen und es war am Anfang nicht gern gesehen, wenn es Kritik gab. Wenn sich jemand etwas zuschulden kommen lässt, sollte man das auch ansprechen können."
Kritik setzte es seitens der Opposition. "Immer wenn man glaubt, tiefer geht es nicht, zeigt uns Kurz, dass es doch noch tiefer geht. Dass die ÖVP eine Dauerkampagne gegen die unabhängige Justiz fährt, ist schlimm genug. Nun aber Staatsanwälte mit pädophilen Priestern in den Vergleich zu ziehen, ist ungeheuerlich und ein absoluter Tiefpunkt", so SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch.
"Die nächste Entgleisung"
Fassungslos reagierte auch NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos: "Das ist die nächste Entgleisung des Bundeskanzlers. Mit diesem unerträglichen Vergleich zeigt er einmal mehr seine Missachtung demokratischen Institutionen gegenüber und macht deutlich, worum es ihm und seiner türkisen Partie geht: Ausschließlich um sich selbst und die eigene Macht."
Als er die Aussagen zu Kirche und Justiz gehört habe, sei er aufgestanden und eine Runde im Wohnzimmer gegangen, erzählte Verfassungsexperte Heinz Mayer am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz: "Das Gelindeste, was man dazu sagen kann, ist: Das ist unverschämt." Der Vergleich sei "einfach ein Holler".
Der Kanzler befindet sich indes noch immer im Krankenstand. Eine für Dienstag geplante ÖVP-Teamklausur wird verschoben, beim Sommerministerrat am Mittwoch im Schloss Reichenau an der Rax will er wieder teilnehmen.
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