Reaktionen
Kritische Stimmen zur künftigen Regierung

Es fehlt vor allem eine "soziale Handschrift, kommentierte die SPÖ-Spitze. | Foto: SPÖ
  • Es fehlt vor allem eine "soziale Handschrift, kommentierte die SPÖ-Spitze.
  • Foto: SPÖ
  • hochgeladen von Adrian Langer

Nachdem die Opposition Zeit hatte, das Regierungsprogramm durchzulesen, hagelt es nun Kritik von verschiedenen Seiten. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner vermisst eine "soziale Handschrift", für Norbert Hofer sei die Ressortaufteilung "besorgniserregend". Umweltschutzorganisationen können den Plänen einiges abgewinnen.

ÖSTERREICH. In einem Punkt ähneln sich die kritischen Stimmen: Die Opposition werte einige Aspekte der Pläne als positiv, aber stoße sich an vagen Formulierungen, und konkreten Gegenfinanzierungen von geplanten Maßnahmen.

Europapolitische Enttäuschung

Die SPÖ kritisiert die fehlende "soziale Handschrift", "von Armut bedrohte Kinder haben kaum etwas von den türkis-grünen Plänen zum Familienbonus, während Besserverdiener profitieren", konstatierte Rendi-Wagner. Es sei nicht das beste aus zwei Welten, es ist ein ÖVP-Programm mit grüner Tarnfarbe. Sie befürchtet, dass sich die soziale Schere vergrößern werde, weil der Spitzensteuersatz von 55 Prozent ausläuft, und sich kein Wort dazu im Regierungsprogramm findet. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch befindet, dass die Ministeraufteilung sehr zu Gunsten der ÖVP ausgefallen sei.

Kurz präsentiert Regierungsteam der ÖVP

Laut SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder sei das Programm auf europapolitischer Ebene "eine riesige Enttäuschung". Trotz der Grünen fehle ihm eine klare Konzernregulierung und Steuergerechtigkeit, er vermisse einen grünen Staatssekretär im Finanzministerium, der bei den Themen Budget, Steuerpolitik und Finanzmarktaufsicht die ÖVP einbremsen könnte. Außerdem erhoffe er sich keinen Durchbruch bei der Asylpolitik, denn "auch die neue Bundesregierung stellt sich einer solidarischen Flüchtlingsverteilung und damit einer fairen und gemeinsamen europäischen Asylpolitik in den Weg", erklärt Schieder.

FPÖ sieht Asylpolitik "aufgeweicht"

FPÖ-Chef Norbert Hofer spricht hingegen von einem Linksdrall der Regierung: Durch die Schaffung eines "Qualitätsbeirats" werde etwa die Bundesagentur für die Betreuung und Beratung von Asylwerbern "aufgeweicht". „De facto werden die NGOs durch die Hintertür wieder an Bord geholt. Das Ziel einer Beschleunigung von Verfahren ist unter diesen Umständen unrealistisch, ist es doch die gelebte Praxis der NGOs, mit ihren Schützlingen durch alle Instanzen zu marschieren, auch wenn keinerlei Aussicht auf Asyl besteht“, so Hofer.

Über die von der ÖVP errungene Ausstiegsklausel im Bereich Asyl- und Migrationspolitik – die Koalitionspartner können im Falle einer Krisensituation gegeneinander stimmen – zeigt sich Hofer zwar irritiert, jedoch liege das wohl im Interesse der FPÖ. Sie würde vermutlich in so einem Szenarium einem Beschluss der ÖVP zustimmen. 

Außerdem treffen zahlreiche Maßnahmen die Geringverdiener. "Die geplante Flugticketabgabe treffe diese ebenso mit voller Härte wie die Erhöhung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) beim Autokauf", so Hofer.

"Türkis-Blaues Erbe"

NEOS Chefin Beate Meinl-Reisinger kritisiert, dass das türkis-blaue Erbe klar herauszulesen sei aufgrund der Sicherungshaft oder der Rückkehrzentren. Generell bleibe die Regierung "sehr vage bei Zukunftsthemen". Lob gab es dafür für eine Schaffung eines Informationsfreiheitsgesetzes und zu einer konsolidierten Budgetpolitik. Die Regierung solle schnell mit der Arbeit beginnen, denn "die Übergangsregierung hat vieles nicht angepackt, weil sie es nicht als ihre Aufgabe ansah", erklärt Meinl-Reisinger.

Umwelt-NGO erfreut

Umweltschutzorganisationen wie der WWF werten viele Punkte im Programm als "Chance einer ökologischen Trendwende, wenn die dafür notwendigen Maßnahmen rasch und ambitioniert umgesetzt werden“. Greenpeace zeigte sich über die geplante Klimaneutralität Österreichs bis 2040 als auch das schrittweise Auslaufen von Öl-, Kohle- und Gasheizungen erfreut, und dies seien für die Organisation "echte Meilensteine".

Die Volkshilfe zeigt sich in einer Aussendung besonders über die "menschenrechtswidrige Sicherungshaft schockiert". Zudem hält Direktor Erich Fenninger die Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut für unzureichend.  "Von der Reduktion der Einkommenssteuer hätten viele armutsbetroffene Familien nichts – und die Erhöhung des Familienbonus komme in vollem Ausmaß auch nur Familien mit höheren Einkommen zugute.", so Fenninger.

Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte hingegen das Programm. Es komme jetzt auf die Umsetzung an. Präsident Georg Kapsch zeigte sich erfreut, dass Ökologie und Ökonomie im Regierungsprogramm keinen Widerspruch darstellten.

Für die Gewerkschaft seien die Verbesserungen im Koalitionsübereinkommen positiv, besonders die Ausnahme von Klima- und Zukunftsinvestitionen aus dem bestehenden Schuldenziel hob Korinna Schumann, Vizepräsidentin des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB) hervor.
Kritik übte sie an geplanten Steuergeschenken für Konzerne.

Mehr zum Thema:
Stimmen aus Salzburg
ÖVP-Grünen präsentieren Regierungsprogramm

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Österreich auf MeinBezirk.at

Neuigkeiten aus deinem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

MeinBezirk auf Facebook: MeinBezirk.at/Österrreichweite Nachrichten

MeinBezirk auf Instagram: @meinbezirk.at


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.