Gemeindebund-Präsident
"Lösung des Ärztemangels nicht Gemeinden umhängen!"

Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl über den Ärztemangel, der vor allem in ländlichen Regionen zu einem massiven Problem wird. | Foto: Gemeindebund
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  • Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl über den Ärztemangel, der vor allem in ländlichen Regionen zu einem massiven Problem wird.
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Der Österreichische Gemeindebund fordert die zuständigen Akteure in Bund, Ländern, Ärztekammer, Dachverband der Sozialversicherungsträger und Kassen auf, gemeinsam mit den Gemeinden eine bundesweite Strategie gegen den Ärztemangel zu erarbeiten. Der Gemeindebund verweist neben einem Konzept aus Niederösterreich auf ein eigenes Positionspapier zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung.

ÖSTERREICH. Aktuelle Statistiken zeigen, dass in den nächsten zehn Jahren österreichweit rund 48 Prozent aller niedergelassenen Allgemeinmediziner und 52 Prozent aller Ärzte mit einem Kassenvertrag das Pensionsalter erreichen. Ebenso ist seit 2008 die Anzahl der Wahlärzte im Vergleich zu der Zahl der Kassenärzte kontinuierlich angewachsen – heute gibt es in Österreich über 10.000 Wahlärzte bei nur rund 7.000 Ärzten mit einem Vertrag mit der ÖGK.

Der kürzlich vorgestellte "8-Punkte-Plan" aus Niederösterreich zur Bekämpfung des Ärztemangels enthalte wichtige und notwendige Vorschläge, um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern, sagte Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl am Donnerstag. 

Im Plan "Sichere Gesundheit im ländlichen Raum" enthalten: Forderung nach mehr Medizin-Studienplätzen. Derzeit gebe es 1.740 davon, eine Steigerung auf 2.500 "würde uns bereits helfen", so Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. 2020 habe es 17.600 Bewerber für Studienplätze gegeben. Ein Teil der Studienplätze soll für Personen reserviert sein, die sich verpflichten, für mindestens fünf Jahre in einer Bedarfsregion zu praktizieren. Diese Studierenden sollen außerdem mit einem eigenen Landarzt-Stipendium unterstützt werden.  Für fertig ausgebildete Mediziner wurde eine Förderung für die Niederlassung in einer Bedarfsregion in Höhe von 60.000 Euro durch die ÖGK vorgeschlagen. Die Gründung einer Zweitordination soll darüber hinaus mit 15.000 Euro subventioniert werden. 

Kritik an ÖGK

Kritisch sieht die kommunale Interessensvertretung aktuelle Aussagen von ÖGK-Obmann Andreas Huss. "Als Gemeindebund warnen wir schon seit Jahren vor einem drohenden medizinischen Engpass, gerade in den ländlichen Regionen. Als Antwort hören wir meist, wie auch aktuell wieder von Huss, dass die Gemeinden die Praxisgründung von Ärzten finanziell fördern sollen. Wir sagen aber ganz klar: Wir sind nicht dafür da, die Arztpraxen zu finanzieren, weil Krankenkassen, Dachverband, Ärztekammer und Co. versagen! Die Lösung des Ärztemangels darf also nicht den Gemeinden umgehängt werden", so Riedl.

Riedl verwies auf das Positionspapier des Gemeindebundes von 2019, in dem sich zahlreiche Vorschläge für Reformmaßnahmen finden, wie etwa familienfreundliche Kassenverträge, mehr Transparenz bei Stellenplänen und Ausschreibungen, Reform des Wahlarztsystems, Reduktion von bürokratischen Aufgaben, Anreize zur Ergreifung des hausärztlichen Berufs, Harmonisierung der Gehälter, Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektive für junge Hausärzte im ländlichen Raum und laufende Information und Einbindung der Gemeinden.

Kritik auch aus Niederösterreich

Auch zwei weitere Appelle ergingen an die ÖGK. Einerseits will das Land Niederösterreich ein Konzept vorgelegt wissen, das die Versorgung mit Kassenärzten im ländlichen Raum sichert. Andererseits sollen unbesetzte Kassenstellen der ÖGK in Zukunft keine finanziellen Vorteile mehr bringen. Ersparte Mittel sollen vielmehr in einen Länder-Fonds zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung am Land fließen. Nicht zuletzt wurden auch Anreize für Gesundheitszentren verlangt. Mikl-Leitner sprach in dieser Hinsicht von Hürden wie einem überbordenden Formalismus sowie der Verknüpfung mit Planstellen. 

ÖGK will flächendeckende Leistungsharmonisierung 

In der ÖGK werden derzeit Versorgungsdefizite analysiert und bewertet. Andreas Huss: „In der Psychotherapie haben wir bereits reagiert und werden ab nächstem Jahr 20.000 zusätzliche Plätze schaffen. Damit erhöhen wir die Versorgung um 30 Prozent. Gleiches planen wir für die Ergotherapie und die Logopädie.“ Huss stellt aber auch die Frage, ob alle bisher ärztlichen Tätigkeiten wirklich von ÄrztInnen verrichtet werden müssen, oder ob für Visiten, Wundmanagement, Diabetikerversorgung und dergleichen auch Pflegekräfte herangezogen werden können. „In der Praxis werden schon jetzt viele dieser Tätigkeiten von PflegerInnen erledigt. Das muss sich auch in unseren Verträgen abzeichnen. Denn, dass die Pflege bei gleicher Qualität sehr viele medizinische Leistungen erbringen kann, die derzeit allein ÄrztInnen vorbehalten sind, zeigen mittlerweile unzählige Beispiele aus anderen Ländern.“ 

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Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl über den Ärztemangel, der vor allem in ländlichen Regionen zu einem massiven Problem wird. | Foto: Gemeindebund
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner legte einen 8-Punkte-Plan für die medizinische Versorgung am Land vor. | Foto: BBNÖ/Androsevic

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