Medizinische Fehlerkultur
Neue Plattform für Behandlungsfehler in Österreich

öffentlichen Diskurs zum Thema Behandlungsfehler und Fehlerkultur im medizinischen Bereich sowie nachhaltige Veränderungen im österreichischen Gesundheitswesen | Foto: Foto: Shutterstock
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  • öffentlichen Diskurs zum Thema Behandlungsfehler und Fehlerkultur im medizinischen Bereich sowie nachhaltige Veränderungen im österreichischen Gesundheitswesen
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Österreich bietet ein hervorragendes medizinisches Angebot. Trotzdem können Behandlungsfehler vorkommen. Mit einer neuen Plattform können Patientinnen und Patienten bzw. Angehörige diese nun melden.

ÖSTERREICH. Eine neue Plattform vom Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety gemeinsam mit dem Österreichischen Patient:innenbeirat bietet Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörigen, Gesundheitsdienstleistern sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, ihre persönlichen Geschichten zum Thema Behandlungsfehler zu erzählen.

Einer von 1.000 Patienten sterben aufgrund von Behandlungsfehlern

Für Österreich gibt es bis heute kaum Zahlen zur Häufigkeit von Behandlungsfehlern, sowie wenig öffentlichen Diskurs. Zum Vergleich: In Deutschland etwa kommen Behandlungsfehler laut Ludwig Boltzmann-Institut bei einem Prozent aller Krankenhausbehandlungen vor, 0,1 Prozent aller im Krankenhaus behandelten Patientinnen oder Patienten sterben in Folge eines Be­handlungsfehlers – das ist einer von 1.000 Patienten. Laut Maria Kletečka-Pulker, Stv. Vorständin, Geschäftsführerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Recht in der Medizin, könne man die Zahlen auf Österreich umlegen, da sich die Systeme decken. Die Frage sei, ob dieses Wissen auch wirklich zu mehr Sicherheit führe, bzw. diese Registrierungen nicht noch mehr Verwaltung mit sich bringen.

So funktioniert das Projekt zu Behandlungsfehlern

Das Projekt wurde nun ins Leben gerufen, um das Thema stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken. Noch bis Ende Dezember kann man seine Meinungen sowie persönliche Erfahrungen zum Thema Behandlungsfehler auf der Plattform teilen. Auf Basis der Ergebnisse finden Experten-Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern statt, in deren Rahmen gemeinsam Maßnahmen sowie Aufklärungskampagnen geplant und durchgeführt werden. Diese sollen einen öffentlichen Diskurs zum Thema Behandlungsfehler und Fehlerkultur im medizinischen Bereich sowie nachhaltige Veränderungen im österreichischen Gesundheitswesen anstoßen, um so die Patientensicherheit in Österreich noch weiter zu verbessern.

Bisher erfolgte auf der neuen Plattform der Großteil der Rückmeldungen von weiblichen Teilnehmerinnen (ca. 75 Prozent) mit vornehmlich höherem Bildungsabschluss (ca. 60 Prozent „Universität / Fachhochschule / Hochschulverwandte Lehranstalt oder Kolleg“), wie das Ludwig Boltzmann Institut auf Nachfrage erklärte. 

Was sind die häufigsten Fälle von Behandlungsfehlern?

Laut Kletečka-Pulker halten sich in Österreich die Anzahl der Behandlungsfehler und Folgen durch mangelnde Aufklärung, in etwa die Waage. Kletečka-Pulker: "Es gibt kein Patentrezept, wie man die richtige rechtliche Aufklärung abgibt, das hängt immer vom Patienten ab. Hat er Vorerfahrung, was ist ihm wichtig zu wissen? Einem Klavierspieler wird vielleicht wichtig sein, wann er seine Finger wieder benutzen kann. Für Ärztinnen und Ärzte bedeutet das in der Praxis eine große Herausforderung." Und weiter: "Behandlungsfehler passieren uns allen und ich rate Patientinnen auch immer den außergerichtlichen Weg. Es dauert immer extrem lange vor Gericht, kostet Unmengen an Geld und wenn dann herauskommt, dass einfach ein Fehler passiert ist, dann wird das von der Versicherung entsprechend geregelt."

Seitenverwechslungen sollten nicht mehr passieren

Behandlungsfehler finde man häufig in der Orthopädie, im Schönheitsbereich und in der Gynäkologie, sagt Kletečka-Pulker. Auch gäbe es sogenannte Never-Events, das sind Seitenverwechslungen, die nicht notwendig seien. "Es gibt mittlerweile so viele Hilfstools, die den Pool der Fehler einschränken können. Dann gibt es natürlich auch Fehler, wo menschliches Versagen dahinter steht", so die Expertin. Viele Patientinnen und Patienten hätten aber das Gefühl, dass die Ärzte mittlerweile alles können, weil die Medien so viel versprechen, das führe dann oft zu großer Unzufriedenheit.

Zur Plattform 

Liste der PatientInnenanwälte in Österreich

Die Patientenanwaltschaften informieren über Patientenrechte und vermitteln bei Streitfällen, klären Mängel und Missstände auf und unterstützen bei der außergerichtlichen Streitbeilegung nach Behandlungsfehlern. Dabei wird versucht, die Lösung eines Konfliktes ohne Hilfe des Gerichts herbeizuführen. Sämtliche Dienstleistungen der Patientenanwaltschaften sind kostenlos. Die Patientenanwältinnen/-anwälte sind allerdings nicht berechtigt, bei Streitigkeiten vor Gericht die Vertretung zu übernehmen. 

In einigen Bundesländern (wie etwa Oberösterreich oder Vorarlberg) sind Spitäler gesetzlich verpflichtet, Ombudsstellen direkt beim Krankenhaus einzurichten, an die sich Patientinnen und Patienten mit Fragen und Beschwerden wenden können. 

Die Patientenanwaltschaften in den Bundesländern:

  • Burgenland

Gesundheits-, Patientinnen-, Patienten- und Behindertenanwaltschaft Burgenland
Technologiezentrum Eisenstadt, Bauteil 5 - Erdgeschoß
Marktstraße 3
7000 Eisenstadt
Tel: 02682/600-2153
Telefax: 057-600/2171
E-Mail: post.patientenanwalt@bgld.gv.at

  • Kärnten

Patientenanwaltschaft Kärnten
Völkermarkterring 31
9020 Klagenfurt
Tel.: 050536/57102
Fax: 050536/57100
E-Mail: patientenanwalt@ktn.gv.at

  • Niederösterreich

NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft
Landhausplatz 1, Haus 13 (Eingang: Neue Herrengasse)
3109 St. Pölten
Tel.: 02742/9005-15575
Fax: 02742/9005-15660
E-Mail: post.ppa@noel.gv.at

  • Oberösterreich

Oö. Patienten- und Pflegevertretung
Bahnhofplatz 1
4021 Linz
Tel.: 0732/7720-14215
Fax: 0732/772021-4355
E-Mail: ppv.post@ooe.gv.at

  • Salzburg

Salzburger Patientenvertretung
Michael-Pacherstrasse 36
5020 Salzburg
Tel.: 0662/8042-2030
Fax: 0662/8042-3204
E-Mail: patientenvertretung@salzburg.gv.at

  • Steiermark

PatientInnen- und Pflegeombudsschaft
Friedrichgasse 9
8010 Graz
Tel.: 0316/877-3191
Fax: 0316/877-4823
E-Mail: ppo@stmk.gv.at

  • Tirol

Patientenvertretung Tirol
Meraner Straße 5 (1. Stock)
6020 Innsbruck
Tel.: 0512/508-7702
Fax: 0512/508-7705
E-Mail: patientenvertretung@tirol.gv.at

  • Vorarlberg

Patientenanwaltschaft Vorarlberg
Marktplatz 8
6800 Feldkirch
Tel.: 05522/81553
Fax: 05522/81553-15
E-Mail: anwalt@patientenanwalt-vbg.at

  • Wien

Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft
Ramperstorffergasse 67
1050 Wien
Tel.: 01/5871204
Fax: 01/5863699
E-Mail: post@wpa.wien.gv.at

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