Gesetz zur Informationsfreiheit
Regierung schafft Amtsgeheimnis mit 2025 ab

Nach jahrelangem Ringen haben sich ÖVP und Grüne auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sowie die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes geeinigt. Das gaben Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag bekannt. | Foto: BKA/Aigner
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  • Nach jahrelangem Ringen haben sich ÖVP und Grüne auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sowie die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes geeinigt. Das gaben Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag bekannt.
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Nach jahrelangem Ringen haben sich ÖVP und Grüne auf die Abschaffung des Amtsgeheimnisses sowie die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes geeinigt. Bei einer Pressekonferenz präsentierten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag den entsprechenden Entwurf. Demnach soll das Gesetz mit 2025 in Kraft treten. Ausnahmen sind für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern vorgesehen. Beschlussreif ist das Gesetz allerdings noch nicht, denn für die erforderliche Zweidrittelmehrheit braucht es zunächst die Zustimmung von SPÖ oder FPÖ.

ÖSTERREICH. "Das Amtsgeheimnis wird abgeschafft, das Grundrecht auf Informationsfreiheit kommt", zeigte sich der Vizekanzler erfreut über eine "Transparenzrevolution". Für Kogler bedeutet das Gesetz nicht nur einen "monumentalen Kulturwechsel", sondern auch den "Schlussstein der Transparenz- und Antikorruptions-Offensive" der Bundesregierung.

Nach mehr als zweieinhalb Jahren haben sich Volkspartei und Grüne also nun doch noch auf einen finalen Gesetzesentwurf geeinigt. "Gut Ding brauch Weile", rechtfertigte die Verfassungsministerin die lange Wartezeit. Künftig sei Informationserteilung und Transparenz die Regel, Geheimhaltung hingegen die Ausnahme. Mit diesem "Paradigmenwechsel" drehe man das System um 180 Grad und schaffe die "Rahmenbedingungen für einen modernen Staat", so Edtstadler.

Einige Eckpunkte zum Gesetz:

  • Statt dem bisher geltenden Amtsgeheimnis hat künftig jede Bürgerin und jeder Bürger ein Grundrecht auf Information. Das muss von Ministerien, Behörden und Gerichten über die Bundesländer bis hin zu jeder Gemeinde erfüllt werden. 
  • Informationen von allgemeinem Interesse von staatlichen Organen müssen proaktiv veröffentlicht werden.
  • Ausnahmen gibt es nur für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Sie sind von der Pflicht, relevante Informationen aktiv zu veröffentlichen, ausgenommen. Zur Beantwortung von Anfragen, also zur passiven Informationserteilung, sind sie allerdings sehr wohl verpflichtet.  
  • Das Gesetz soll ab 2025 in Kraft treten. 

Letzter Arbeitsentwurf sorgte für Kritik

Damit hat die Regierung nun doch auf eine deutlich niedrigere Einwohner-Grenze verständig als in einem kürzlich kurierenden Arbeitsentwurf. Dort hieß es noch, dass Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern von der Informationspflicht ausgenommen sein sollten, womit 2.006 Gemeinden mit insgesamt mehr als 4,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern nicht von der Transparenzpflicht betroffen gewesen wären. Der Entwurf wurde u. a. als "Mogelpackung" heftig kritisiert. 

Im zweiten Anlauf?

Es ist nicht der erste Durchbruch, den die türkis-grüne Koalition in dieser Angelegenheit vermeldet. Schon 2021 präsentierten die Regierungsparteien einen fertigen Entwurf, der aber letztlich am Widerstand aus den eigenen Reihen der Volkspartei scheiterte. Vor allem Länder und Gemeinden sträubten sich gegen die neuen Transparenzregeln und führten den damit einhergehenden Verwaltungs- und Personalaufwand ins Treffen. 

Ob die nun vorliegende Kompromisslösung diesmal auch tatsächlich beschlossen wird, ist allerdings nicht sicher. Denn für die Verfassungsänderung braucht die Koalition eine Zweidrittelmehrheit, also die Stimmen von FPÖ oder SPÖ. Die Freiheitlichen haben an der Materie nie Interesse gezeigt. Die Sozialdemokraten äußerten sich offiziell stets wohlwollend zum Thema, doch auch rot regierte Länder und Städte hegen aufgrund einer jahrzehntelang gepflegten Kultur der Intransparenz eine gewisse Transparenz-Skepsis.

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Der Entwurf im Detail

In einer Stellungnahme der Bundesregierung werden folgende Eckpunkte angeführt:

Abschaffung des Amtsgeheimnisses

  • Das Amtsgeheimnis (eingeführt mit der B-VG-Novelle 1925) wird in seiner bisherigen Form nach rund 100 Jahren abgeschafft.

Allgemeines Informationsbegehren – Grundrecht auf Zugang zu Information

  • Jede und jeder verfügt künftig über ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Zugang zu Information.
  • Von einer informationspflichtigen Stelle kann binnen einer Frist von 4 Wochen (Aufschub um weitere 4 Wochen möglich) bereits vorhandene Information verlangt werden.
  • Bei Nicht-Auskunft kann das Recht auf Information vor Verwaltungsgerichten und dem Verfassungsgerichtshof eingeklagt werden.
  • Hiervon sind alle Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organen erfasst.
  • Die Verpflichtung betrifft Verwaltungsorgane von Bund und Ländern sowie allen Gemeinden.
  • Informationen müssen nicht erteilt werden, wenn der Antrag missbräuchlich erfolgt. Darüber hinaus gelten Geheimhaltungsgründe und es ist auf Persönlichkeitsrechte, wie das Recht auf Datenschutz, Rücksicht zu nehmen.
  • Informationen sind auch von nicht hoheitlich tätigen Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmungen, die der Kontrolle des Rechnungshofes oder eines Landesrechnungshofes unterliegen, zu erteilen – wobei die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht beeinträchtigt werden darf.

Proaktive Veröffentlichungspflicht

  • "Information von allgemeinem Interesse" (nunmehr zusätzliche Beispiele im Gesetz aufgezählt, z. B. Geschäftseinteilung, Tätigkeitsberichte, Amtsblätter etc., neben bereits angeführten Studien, Gutachten, Verträge,…) müssen proaktiv in einem Informationsregister auf www.data.gv.at ehestmöglich veröffentlicht werden.
  • Von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind in erster Linie die Organe der Verwaltung samt den mit der Besorgung von Geschäften der Bundesverwaltung und der Landesverwaltung betrauten Organe umfasst, wobei Gemeinden und Gemeindeverbände bis zu einer Grenze von 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern davon ausgenommen sind, diese aber selbstverständlich solche Informationen freiwillig veröffentlichen können.
  • Darüber hinaus gilt sie auch für Nationalrat und Bundesrat mitsamt des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft, sowie für die Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichte, den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof.
  • Informationen müssen von jenen Stellen veröffentlicht werden, welche diese auch erstellt haben.
  • Von der proaktiven Informationspflicht umfasst sind Informationen, welche ab Inkrafttreten des Gesetzes entstehen.
  • Die im Zuge der Reform des Parteiengesetzes geschaffene Norm des Art. 20 Abs. 5 B-VG wird durch die neue Regelung des Informationsregisters ersetzt.
  • Ausgenommen von der proaktiven Veröffentlichungspflicht sind Informationen, soweit und solange sie beispielsweise im Interesse der nationalen Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung oder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit der Geheimhaltung unterliegen.

Unterstützungsleistungen

  • Informationspflichtige Stellen haben im Rahmen der Legisvakanz nach der Beschlussfassung des Gesetzes bis zu dessen Inkrafttreten insgesamt 1,5 Jahre Zeit, um sich auf die effektive Umsetzung vorzubereiten.
  • Das Bundeskanzleramt wird umfassende Informationsmaterialien für informationspflichtige Stellen zur Verfügung stellen.
  • Die Datenschutzbehörde wird darüber hinaus Leitfäden zur Verfügung stellen und Fortbildungen beispielsweise für Datenschutzbeauftrage veranstalten. 

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