Verbund-Chef Michael Strugl
800.000 E-Fahrzeuge bis 2030 auf den Straßen

Michael Strugl aus dem oberösterreichischen Mühlviertel ist seit Jänner 2021 Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, und Präsident vom Verband der E-Wirtschaft Oesterreichs Energie  | Foto: Markus Spitzauer
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  • Michael Strugl aus dem oberösterreichischen Mühlviertel ist seit Jänner 2021 Vorstandsvorsitzender der Verbund AG, und Präsident vom Verband der E-Wirtschaft Oesterreichs Energie
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Im Zuge einer "kommunalen Denkfabrik", die der Österreichische Gemeindebund und Kommunalkredit von 2. bis 3. September in Bad Aussee organisieren, und bei der es heuer um das Thema Energiewende geht, haben die Regionalmedien Austria (RMA) im Vorfeld Verbund-Chef Michael Strugl interviewt, der bei den Sommergesprächen als Gastredner eingeladen ist.

ÖSTERREICH. Kein Thema wird in den nächsten Jahren so viel diskutiert werden, wie die Energiewende und der Umstieg auf nachhaltige Energieversorgung. Der Österreichische Gemeindebund und die Kommunalkredit diskutieren am 2. und 3. September 2021 in Bad Aussee mit Experten aus verschiedenen Branchen unter dem Motto “Ist die Energiewende machbar?” über Herausforderungen und Konsequenzen nachhaltiger Anstrengungen aus ökologischer, ökonomischer, politischer und sozialer Sicht. Die RMA befragten Verbund-Chef Michael Strugl bereits vorab über die grüne Strategie des größten Produzenten grünen Stroms.

RMA: Die OMV wird ihre Beteiligung an Smatrics, ein Betreiber von Ladestationen für Elektrofahrzeuge, an VERBUND abgeben. Auch Siemens Österreich trennt sich von seiner 20-prozentigen Beteiligung, womit VERBUND künftig Alleineigentümer von Smatrics ist. Was genau haben Sie hier vor?

Michael Strugl: Wir haben tatsächlich den Siemens-Anteil übernommen. Beim OMV-Anteil gibt es noch kein Closing, daher kann ich zu den Eigentümerstrukturen nichts sagen. Wir gehen davon aus, dass der Durchbruch der Elektromobilität mit der Entscheidung der großen Hersteller, immer mehr Modelle auf den Markt zu bringen, stattgefunden hat – getrieben von der Notwendigkeit, die Flottenziele zu erreichen. Hier wird es einen stark wachsenden Markt auch in Österreich geben. Das zeigen auch die aktuellen Zulassungszahlen, dort geht der Anzahl der Fahrzeuge, die entweder nur Batterie betrieben sind oder hybrid, extrem stark in die Höhe. Wir gehen davon aus, dass bis 2030 bis zu 800.000 elektrisch betriebene Fahrzeuge auf Österreichs Straßen unterwegs sind. Damit ist auch verbunden, dass die Infrastruktur rasch nachwächst. Das ist eine Herausforderung. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass ungefähr 90 Prozent der Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden, das sind langsame Ladevorgänge, und 10-15 Prozent schnelle Ladevorgänge, etwa auf Autobahnen oder Tankstellen. Das ist auch notwendig, weil wenn zu viel und gleichzeitig schnell geladen würde, entstehen Lastspitzen, die enorme Infrastruktur-Kapazitäten erfordern würden. Und die muss man vermeiden.

Wo könnte es noch Ladestationen im öffentlichen Raum geben?
Öffentliches Laden findet entlang der Verkehrsrouten statt, dazu kommt Laden in Hotels, Handel auf Parkplätzen großer Handelshäuser, oder Unternehmen, die für ihre Flotten Lademöglichkeiten anbieten. Im mehrgeschossigen Wohnbau wird man auch Infrastrukturen zur Verfügung stellen. Das muss verdichtet werden.

Welchen Beitrag leitet VERBUND sonst zur Zielerreichung der österreichischen Klimastrategie?
Heute schon ist Verbund der führende Erzeuger von grünem Strom in Österreich. 97 Prozent unserer Erzeugung stammen aus erneuerbaren Quellen, vor allem aus Wasserkraft, aber immer mehr aus Wind und Sonne. VERBUND erzeugt ungefähr 30.000 Gigawattstunden grünen Strom.
Gemäß der österreichischen Klimastrategie sollen in ganz Österreich bis 2030 rund 27 Terrawatt-Stunden an Grünstrom-Erzeugung dazukommen, um das Ziel 100 Prozent erneuerbare Stromerzeugung zu erreichen. VERBUND wird auch einen entsprechenden Anteil beitragen. Wir sind also von der Erzeugung her der wichtigste Player, was erneuerbare Energie betrifft.

Die Erzeugung aus Wasserkraft hat sich aber im Vergleich zur Vorjahresberichtsperiode im ersten Halbjahr 2021 um 430 GWh reduziert. Worauf ist das zurückzuführen?

Auf die Wasserführung. Das sind Schwankungen, die sich meistens über das Jahr ausgleichen. Zusätzlich sorgen wir durch unser Übertragungsnetz dafür, dass der Strom dorthin kommt, wo er gebraucht wird. Wir sind der wichtigste Infrastrukturplayer. Und mit dem Erwerb des Mehrheitsanteils des Gasnetzes sind wir in Österreich der größte Player der Gasindustrie , der die Sektorkoppelung optimal bewerkstelligen kann, also die Verbindung von Strom- und Gasinfrastruktur. Das schafft auch die notwendige Flexibilität. Wir werden, wenn die Ausbauziele der Erzeugung erreicht sind, im Sommer mehr erzeugen als wir verbrauchen können, und im Winter ist es gerade umgekehrt. Das bedeutet, man braucht Speicherkapazitäten. Das Gasnetz gibt diese Flexibilitätsperspektive, weil man zum Beispiel erneuerbare Gase aus Überschuss-Strom, etwa Wasserstoff, transportieren kann.

Der dritte Bereich sind integrierte Angebote für unsere Kunden, wie Photovoltaik und Elektromobilitätslösungen für Haushalt, Gewerbe und Industrie. Ein großer Teil bei diesen Lösungskonzepten wird künftig Wasserstoff sein, der aus unserer Sicht eine wichtige Rolle in der Sektorkopplung und der Dekarbonisierung in der Industrie einnehmen wird. Bereits 2017 haben wir gemeinsam mit voestalpine und Siemens sowie Forschungspartnern eine 6 MW Elektrolyse am voestalpine Standort in Linz gebaut, um den Einsatz von grünem Wasserstoff in der Stahlproduktion zu testen.

Geld zurück für Stromkunden

VERBUND und der Verein für Konsumentenschutz (VKI) haben sich bezüglich Preisanpassungsklauseln geeinigt. Betroffene Kunden erhalten für Preiserhöhungen im Jahr 2019 Geld zurück. Für die Überweisung ihrer Gutschrift können sich Betroffene bis spätestens 30.9.2021 beim VKI melden. Wieso ist es überhaupt soweit gekommen?

Diese Prozesse betrafen alle Stromversorger in Österreich, die eine branchenübliche Preisänderungsklausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatten. VERBUND hat bereits im März 2020 seine AGBs angepasst. Wir haben alle Kundinnen und Kunden, die von unseren Preiserhöhungen Strom und Gas im Zeitraum April bis September 2019 betroffen waren, aktiv informiert. Sie erhalten einen Geldersatz.

Auch ORF Wetter-Moderator Marcus Wadsak wird bei den Sommergesprächen in Bad Aussee eine Keynote halten. Die RMA haben den Meteorologen ebenfalls vorab zum Interview gebeten:

"Ist Umweltschutz nur etwas für Reiche?"
Lange Genehmigungsverfahren könnten Energiewende zum Scheitern bringen

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