"Situation neu bewerten"
Finanzminister prüft Abschaffung der kalten Progression
Die Inflation hat in den letzten Monaten den Höchststand seit 40 Jahren erreicht. "Die Kriegs- und Krisensituation zwingt uns dazu, das Budget zu adaptieren", sagte Finanzminister Magnus Brunner zur bevorstehenden Anpassung. Welche Maßnahmen zur Entlastung auf dem Tisch liegen, verriet Brunner Mittwochfrüh.
ÖSTERREICH. Krieg, Krise und Corona macht eine Anpassung im Budget nötig. Die Schuldenquote wird nicht wie ersten Berechnungen zufolge unter der 80 Prozent Marke liegen, kündigte Brunner an. Das Defizit wird demnach bei rund 3 Prozent liegen. Aufgrund der eingetrübten wirtschaftlichen Lage verliere der Staat Einnahmen von rund 1 Mrd. Euro. "Wir rechnen damit, dass wir 2026 wieder in Richtung eines ausgeglichen Budgets kommen werden“, sagte Brunner. Bis dahin soll auch die Schuldenquote wieder Richtung 70 Prozent sinken.
Am Dienstag hatte im Finanzministerium ein Treffen mit den Sozialpartnern und Pensionistenvertretern zu der stark gestiegenen Teuerung stattgefunden. Konkretes Ergebnis gab es dabei keines, so Sitzungsteilnehmer, allerdings wurde eine Arbeitsgruppe beschlossen. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian zeigte sich in einer ersten Reaktion verärgert, und auch der Seniorenrat forderte Taten ein. „Als Sozialpartner haben wir vor über drei Wochen unsere neun Forderungspunkte präsentiert. Bis heute gibt es keine fixe Zusage zu einer der Forderungen. Es gibt Absichtserklärungen, aber keine konkreten Pläne. Ich bin maximal unzufrieden,“ polterte Katzian danach.
"Ein Finanzminister kann nicht einfach so vier Milliarden Euro morgen verteilen, das geht nicht in einer Demokratie", reagierte Brunner im Ö1-Radio auf die Aussagen des ÖGB-Bosses und verwies auf mehrere Entlastungspakete wie dem Pendler-Euro oder den Energieabgaben. Im EU-Vergleich habe man zudem viel früher reagiert.
Ende der kalten Progression denkbar
Welche Maßnahmen sind momentan im Gespräch? Zum einen braucht es kurzfristige Schritte, wie die Preiskommission, aber strukturelle Maßnahmen wie die Abschaffung der kalten Progression oder Adaptierung der Lohn/Nebenkosten kommen auch in Frage. Angesichts von Druck seitens der Länder und Sozialpartner für weitere Entlastungsmaßnahmen hat Brunner seine Fachleute beauftragt, Modelle für eine Abschaffung der kalten Progression und deren Kosten fürs Budget zu berechnen. Die Abschaffung steht im Koalitionsabkommen von ÖVP und Grünen, bei der jüngsten Steuerreform wurde sie jedoch nicht umgesetzt. Eine zunächst angedachte Senkung der Mineralölsteuer sei wegen der geringen Entlastung vom Tisch, bestätigte Brunner.
Gleichzeitig erinnerte der Minister daran, dass der Staat nicht alles zu 100 Prozent und nicht jede Krise auf der Welt zu 100 Prozent ausgleichen könne. "Das ist auch nicht Aufgabe des Staates. Der Staat kann abfedern, ja, kann Preissteigerung, kann Teuerungen abfedern." Das tun wir mit großen Paketen, übrigens auch mit der Steuerreform."
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