Wifo-Chef Badelt warnt
"Lösungen beim Klimathema nicht näher gekommen"

Für die Wirtschaft in Österreich fordert der Spitzenökonom Christoph Badelt (WIFO) einen „umfassenden Transformationsprozess“, der von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorangetrieben werden müsste.  | Foto: WIFO
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  • Für die Wirtschaft in Österreich fordert der Spitzenökonom Christoph Badelt (WIFO) einen „umfassenden Transformationsprozess“, der von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorangetrieben werden müsste.
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WIFO-Chef Christoph Badelt befürchtet, dass durch die Corna-Krise wichtige wirtschaftspolitische Themen in den Hintergrund gerückt werden. Er forderte am Donnerstag „einen Neustart für eine umfassende Umweltpolitik“. Neben Umweltthemen ortet Badelt unter anderem Handlungsbedarf bei Strukturproblemen im Außenhandel, bei Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit sowie der Abgaben- und Förderstruktur.

ÖSTERREICH. Vordringlichste Aufgabe der Politik für 2021 sei es laut Badelt, die gesundheitliche Krise zu beenden, wie er bei einer Onlinepressekonferenz des Klubs der Wirtschaftspublizisten sagte: "Je länger die Pandemie andauert, desto länger müssen Hilfsmaßnahmen fortgeführt werden und desto größer sind die wirtschaftliche Krise und die Belastungen für die öffentlichen Haushalte."

Das Klimathema sei „vielleicht die größte Problematik, der sich die moderne Gesellschaft und die österreichische Wirtschaft stellen muss“, sagte Badelt. Wegen der Pandemie und des Wirtschaftseinbruchs würden die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 sinken. „Das ist überhaupt keine Lösung. In Wahrheit sind wir Lösungen beim Klimathema nicht näher gekommen“, so der der Wirtschaftsforscher .

Themen wie ökosoziale Steuerreform vorantreiben

Für die Wirtschaft in Österreich fordert der Spitzenökonom einen „umfassenden Transformationsprozess“, der von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorangetrieben werden müsste. Und er fordert eine stärkere öffentliche Diskussion über die Klimathematik, unter anderem, wie die ökosoziale Steuerreform, die ja im Regierungsprogramm verankert ist, ausgestaltet werden soll und Emissionen im Straßenverkehr gesenkt werden können.

Umweltschädliches Verhalten „verteuern“

„Wir brauchen hier mehr Kraft, Energie und politische Aufmerksamkeit.“ Eines der Themen sei, wie man Preissignale für die Treibhausgasemissionen der Industrie und Konsumenten einführe, um umweltschädliches Verhalten zu verteuern. Weiters wünscht sich der WIFO-Chef von der Bundesregierung, dass sie auf das neue internationale Umfeld „aktiv reagiert“ und sich in Brüssel stärker einbringt. Wichtige Themen seien etwa die Besteuerung von internationalen Konzernen sowie die Diskussion der Fiskalregeln und der EU-Industriepolitik. Beim österreichischen Außenhandel ortet Badelt mehrere Strukturprobleme. Die Exporte müssten an den Technologiewandel angepasst werden – Stichwort E-Mobilität –, und neue Märkte außerhalb Europas sollten verstärkt bedient werden. Dazu brauche es unter anderem Investments in Elektrotechnologie in Österreich.

Bildungsangebote als "Ausgleich von CoV-Defiziten

Auf dem Arbeitsmarkt sieht Badelt vor allem drei Problemfelder, die es bereits vor der CoV-Krise gab. Langzeitarbeitslosigkeit müsse verhindert werden, die Qualifizierung sei ebenfalls ein Thema - Badelt sieht nicht ein, dass gut qualifizierte Arbeitskräfte ab 50 Jahren oft kein Jobangebot erhalten. Die von der SPÖ vorgeschlagene „Aktion 40.000“ würde Badelt ohne Parteipolitik „sachlich diskutieren“.

Bei Jugendlichen müsse man weitere Bildungsangebote zum Ausgleich von CoV-Defiziten schaffen, das Lehrstellenangebot ausweiten und die Lehrzielerreichung sozial benachteiligter Jugendlicher stärker fördern, so der Ökonom. Den Fachkräftemangel dürfe die Politik nicht aus den Augen verlieren. „Das wird nach der Corona-Krise stärker werden“, erwartet Badelt.

Tourismus mit Umwelt verknüpfen

Die Abgabenstruktur müsse verändert werden, denn: Nach der Corona-Pandemie werden  der Abbau der öffentlichen Defizite und die Schulden im Vordergrund stehen. Dafür brauche es eine Reform der Abgaben- und Förderstruktur in Österreich, so der WIFO-Chef. Es gebe eine hohe Belastung des Faktors Arbeit und eine geringe Belastung von Vermögen und Emissionen. Bei Vermögenssteuern spricht sich Badelt gegen Steuern auf den Vermögensbestand aus. Denkbar seien höhere Steuern bei Immobilien und bei Vermögenszuwachs.

Der Tourismusbranche empfiehlt Badelt, sich stärker mit den Themen Umwelt und Energie auseinanderzusetzen. Die CoV-Krise hat den heimischen Tourismus wirtschaftlich hart getroffen, und die Erholung wird vor allem im Stadttourismus länger dauern. „Auch das Image des Wintertourismus in Westösterreich hat stark gelitten“, so der WIFO-Chef. Der Städtetourismus werde in den nächsten Jahren nicht wieder das Vorkrisenniveau erreichen und sich daher verkleinern, erwartet der Spitzenökonom.

Ende März veröffentlichen die Wirtschaftsforscher von IHS und WIFO ihre neue Wirtschaftsprognose für Österreich. Badelt hatte bereits in der Vergangenheit gesagt, dass das prognostizierte BIP-Plus von 2,5 Prozent für das Jahr 2021 wegen des dritten CoV-Lockdowns nicht mehr zu halten sei. Aufgrund der aktuellen Lage sei eine Prognose für Wirtschaftswachstum und Budgetdefizit derzeit sehr schwierig, so der Ökonom.

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Für die Wirtschaft in Österreich fordert der Spitzenökonom Christoph Badelt (WIFO) einen „umfassenden Transformationsprozess“, der von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vorangetrieben werden müsste.  | Foto: WIFO
Das Klimathema sollte die Politik und Wirtschaft viel mehr beschäftigen, fordert der Wirtschaftsforscher Christoph Badelt. | Foto: Kogler

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