"Todesstoß für Branche"
Taxler drohen gegen neues Gesetz mit Protesten
Mit 1.1.2021 gelten einheitliche Regelungen für Taxis und Mietwägen. Das geplante Gelegenheitsverkehrsgesetz der Bundesregierung bedeutet für Taxler einen massiven Rückschritt, wie Erwin Leitner, Taxi-Obmann in der Wirtschaftskammer, erklärt: "Das ist der Todesstoß für die Branche. Die Zeichen stehen auf Sturm, wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren." Widerstand kommt auch von der Arbeiterkammer.
ÖSTERREICH. Für Entrüstung in der Wirtschaft sorgt ein am Mittwoch im Ministerrat beschlossener Antrag von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Fahrgäste sollen in Zukunft Fahrten und Kosten teilen können, auch die Preisgestaltung bei bestellten Fahrten werde flexibler und kundenfreundlicher, kündigte die Regierung an. Nach der Zusammenlegung des Taxi- und Mietwagengewerbes für einheitlich hohe Qualitätsstandards, schafft die aktuelle Novelle in Österreich laut Gewessler "eines der international fortschrittlichsten Modelle für Personenbeförderung mit Pkws".
- Für „im Wege von Kommunikationsdiensten“ bestellte Fahrten soll demnach kein Taxitarif mehr gelten dürfen. Heißt: Vorbestellte Taxifahrten dürfen nur dann zu einem Fixpreis angeboten werden, wenn dieser vor Antritt feststeht und vom Kunden auch akzeptiert wird.
- Die Novelle schafft die Möglichkeit für die Bundesländer, bei bestellten Fahrten Unter- und Obergrenze für den Preis, der mit den Fahrgästen vereinbart wird, festzulegen. Heißt: Für Fahrten zum Fixpreis kann es einen Einstiegspreis (Untergrenze zumindest fünf Euro), der sich nach dem Grundentgelt inklusive Vorbestellung des jeweiligen Taxitarifs richtet, und eine Obergrenze geben. Über diesen Einstiegspreis hinaus gibt es die Möglichkeit einer freien Preisgestaltung.
- Das Teilen von Taxifahrten wird sichergestellt, damit zusätzliche Fahrten vermieden werden. In diesem Fall ist die voraussichtliche Verlängerung der Fahrtdauer anzugeben und eine individuelle Beförderung zum entsprechenden Entgelt anzubieten. Ein Mindestentgelt ist auch für geteilte Fahrten vorgesehen.
Kritik von der WKO
Nachdem die Festlegung des für das Gewerbe verbindlichen Tarifs bis dato Ländersache ist, wäre das einerseits ein weiterer Schritt in Richtung Zentralisierung, andererseits würde durch die geplante Änderung umstrittenen US-Konzernen Tür und Tor geöffnet., kritisiert WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Taxi-Fachgruppenobfrau Sylvia Loibner in Richtung Bundesregierung. Mit den Wirtschaftsvertretern habe es dazu keinerlei Gespräche gegeben.
Protestmaßnahmen stehen im Raum
Die Ministerratsvorlage zum Gesetz soll am 4. Dezember im Verkehrsausschuss des Parlaments behandelt werden, sollte es keine Änderungen geben, stellt Taxi-Obmann Leitner Protestmaßnahmen in den Raum. Mit dem neuen Gesetz gäbe es nur noch Taxler, die vom Standplatz aus und mit Taxameter arbeiten, oder Taxifahrer, die von Online-Vermittlungsdiensten (von den großen Taxibetreibern bis hin zu Uber) ihre Aufträge erhalten und ohne Taxameter fahren. Wodurch Taxifahrer mit Taxameter von Vermittler-Aufträgen ausgeschlossen wären, da sie das Messgerät, sobald es verbaut und geeicht ist, auch einsetzen müssen - dies aber nicht der Tarifstruktur der Vermittler entspreche.
Geschäft durch Corona ohnehin lädiert
Das Gesetz würde die Taxibranche noch schlimmer treffen als die Corona-Pandemie - und hier seien schon die Auswirkungen gewaltig. Auf 20 bis 30 Prozent sei das Geschäft eingebrochen, vor allem das nicht mehr vorhandene Nachtleben fehle.
Unterstützung kommt von den Sozialpartnern. "Lohn- und Sozialdumping auf dem Rücken der Fahrer im Taxi- und Mietwagengewerbe wird wieder Tür und Tor geöffnet", kritisiert Karl Delfs, Bundessekretär des Fachbereichs Straße von der Gewerkschaft vida. Die ursprünglich im Gesetz geplante Tarifbindung auch für über Online-Plattformen bestellte Beförderungen sei völlig unverständlicherweise aus der Novelle eliminiert worden. "Eine gesetzliche Fusion des Taxi- und Mietwagengewerbes macht somit keinen Sinn mehr", ärgert sich Delfs.
AK: "Novelle muss zurückgenommen werden"
Heftige Kritik kommt auch von der Arbeiterkammer. "Wenn dieser Entwurf Gesetz wird, wirft das Bemühungen um faire Bedingungen im Taxi-Gewerbe weit zurück", so AK-Expertin Sylvia Leodolter zur im Ministerrat beschlossenen Novelle des Gelegenheitsverkehrsgesetzes. „Die Novelle würde einen massiven Rückschritt für die Beschäftigten im Fahrdienstgewerbe bedeuten und Schwarzarbeit und Lohn- und Sozialdumping Tür und Tor öffnen,“ so Leodolter. „Dieser Entwurf geht auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer, aber auch der Fahrgäste.“ Leodolter kritisiert, dass die Novelle keine kostendeckenden Tarife sichert und keine Kontrollmöglichkeiten oder wirksame Bestrafungen bei Gesetzesumgehungen vorsieht. „Nur faire Preise auf Basis der Kollektivverträge sichern eine faire Bezahlung der Fahrerinnen und Fahrer. Verstöße werden mit dieser Novelle nur in Einzelfällen geahndet. Das zahlt ein Internetgigant wie Uber aus der Portokasse“, so Leodolter. „Die Novelle muss zurückgenommen werden.“
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