Wirtschaft schrumpft um 7%
Wifo-Experte: Zweiter Lockdown wäre verheerend
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt vor einer Zunahme der Corona-Todesfälle in Europa im Oktober und November. Einen zweiten Lockdown würde die Wirtschaft kaum verkraften. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) bleibt vorerst bei ihrer Konjunktureinschätzung: Die heimische Wirtschaft dürfte 2020 um 6,8 Prozent schrumpfen.
ÖSTERREICH. Das Wifo bleibt vorerst bei seiner Konjunktureinschätzung: Die heimische Wirtschaft dürfte 2020 um 6,8 Prozent schrumpfen. Darin eingepreist ist eine zweite Infektionswelle, nicht jedoch ein weiterer Lockdown. Dieser würde Österreich in eine noch tiefere Rezession stürzen als von den Wirtschaftsforschern bis dato prognostiziert. Dafür genügte auch ein Stillstand der Wirtschaft in einem der wichtigsten Lieferländer oder Exportmärkte wie etwa Deutschland oder Italien. „Da hätte auch unsere Exportwirtschaft schwere Probleme, auch wenn es bei uns keinen Lockdown gäbe“, sagte Wifo-Konjunkturexperte Josef Baumgartner.
Arbeitslosigkeit "besorgniserregend"
In Österreich lag die Wirtschaftsleistung im II. Quartal um ein Achtel unter dem Vorjahresniveau, die Einbußen waren damit geringer als im EU-Durchschnitt. "Die krisenbedingte Arbeitslosigkeit wurde erst zu gut einem Drittel abgebaut. Daher verfestigt sie sich, seit dem Frühjahr 2020 nahm die Langzeitbeschäftigungslosigkeit markant zu. Diese Entwicklung ist besorgniserregend, zumal die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen bereits nahe ihrem Höchstwert von 2016 liegt und die Krise noch nicht überwunden ist", so der Autor des aktuellen WIFO-Konjunkturberichtes Stefan Schiman.
Der Rückgang der Arbeitslosigkeit setzte sich im August fort. Bislang wurde gut ein Drittel des krisenbedingten Anstieges wettgemacht. Wegen des nur langsamen Abbaus der Arbeitslosigkeit besteht die Gefahr der zunehmenden Verfestigung. Seit dem Frühjahr steigt die Zahl der langzeitbeschäftigungslosen Arbeitslosen. Im August war sie bereits um ein Viertel höher als im Vorjahr und erreichte mit 121.100 fast den Höchstwert aus dem Jahr 2016.
Anders als in Deutschland (Geschäftserwartungen laut ifo-Index) erhöhte sich der Indikator der Konjunkturerwartungen der Unternehmen in Österreich im August nicht weiter. Hingegen verbesserte sich das Konjunkturklima, das neben den Erwartungen auch die aktuelle Lage wiedergibt. Allerdings berichteten wieder mehr Unternehmen über eine Verschlechterung der Kreditbedingungen.
Hotellerie leidet trotz mehr inländischer Gäste
Die Zahl der Übernachtungen blieb im Juli um 17,4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Gedämpft wurde der Rückgang im Sommertourismus durch die nur wenig rückläufige Nachfrage aus Deutschland (–4,3%) und die kräftige Ausweitung der Nächtigungen inländischer Gäste (+15,2%). Das Ausbleiben anderer internationaler Gäste traf vor allem den Städtetourismus; Wien verzeichnete um knapp drei Viertel weniger Übernachtungen als im Vorjahr.
Dem Nachfrageausfall entsprechend stagnierten in der Beherbergung im Juli die Preise, nachdem sie in den letzten Jahren angezogen hatten. In der Gastronomie stiegen die Preise hingegen wieder zügig. Zudem trugen Wohnen und Nahrungsmittel zum Preisauftrieb von insgesamt 1,7 Prozent im Juli bei.
Baumgartner rechnet damit, dass der Gästerückgang sich auf die Arbeitslosenzahlen auswirken werde: "Einige Betriebe haben bereits angekündigt, dass sie für den Herbst keine Erholung erwarten und daher viele Mitarbeiter nach dem Auslaufen der jetzigen Kurzarbeitsphase kündigen und den Betrieb zumindest für eine kurze Zeit stilllegen werden." Diesen Dienstag haben beispielsweise die Sacher-Hotels bekanntgegeben, sich von 140 Arbeitnehmern zu trennen und den Rest der Belegschaft auf Kurzarbeit zu schicken.
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